International
Analyse

Marjorie Taylor Greene: Ex-Trump-Fan über Epstein-Files und Gaza

Rep. Marjorie Taylor Greene, R-Ga., talks before President Donald Trump addresses a joint session of Congress in the House chamber at the U.S. Capitol in Washington, Tuesday, March 4, 2025. (AP Photo/ ...
Bild: keystone
Analyse

Die seltsame Wandlung der Marjorie Taylor Greene

Das ehemalige Trump-Groupie geht auf Konfrontationskurs mit dem Präsidenten.
29.09.2025, 18:0130.09.2025, 01:31

Bekannt wurde Marjorie Taylor Greene mit ihrem Ausspruch, die Waldbrände in Kalifornien seien durch jüdische Laserkanonen aus dem All ausgelöst worden. Damit war klar: Die 2021 gewählte Abgeordnete aus dem Bundesstaat Georgia hat nicht nur ein IQ-Problem, sie ist auch gefangen von Verschwörungstheorien, wie sie von der Sekte QAnon verbreitet werden.

Dass sich Greene in der Folge gerne mit Sturmgewehren ablichten liess, und dass sie sich bei der «State of the Union»-Rede von Präsident Joe Biden unflätig benahm und auch in einem unpassenden Outfit erschien, verbesserte ihr Image nicht wirklich. Kurz: MTG, wie sie gerne auch genannt wird, war der Inbegriff der MAGA-Meute und von dem, was gelegentlich abschätzig «white trash» genannt wird.

epa12349609 US Republican Representatives from Georgia Marjorie Taylor Greene (L) from Kentucky Thomas Massie (C) and Democratic Representative from California Ro Khanna (R) speak at a press conferenc ...
MTG zusammen mit Thomas Massie und Ro Khanna auf den Stufen des Kapitols.Bild: keystone

Plötzlich ist alles anders. Greene fordert gegen den ausdrücklichen Willen von Donald Trump, dass die Epstein-Files veröffentlicht werden. Mehr noch, sie hält zusammen mit Ro Khanna, einem progressiven Abgeordneten aus Kalifornien und Thomas Massie, einem republikanischen Abgeordneten aus Kentucky, der jedoch mit Trump im Streit liegt, und mehreren Epstein-Opfern eine viel beachtete Pressekonferenz auf den Stufen des Kapitols ab. «Ms. Green ist kein Teamplayer für die Republikaner mehr», stellt die «New York Times» erstaunt fest. «Und sie wird nicht mehr länger als Witz angesehen.»

Selbst Progressive geben sich beeindruckt. So erklärt Zaid Jilani, der für einen linken Thinktank arbeitet, ebenfalls in der «New York Times»: «Marjorie Taylor Greene ist im Begriff, meinen Respekt zu gewinnen.»

Die Tage, an denen MTG belächelt wurde, sind vorbei. «Sie weiss bei allen wichtigen Themen genau, wie die Basis fühlt, und sie weiss, wohin der Puck sich bewegt», lobt sie Steve Bannon, der ehemalige Chefstratege von Trump.

MTGs Emanzipation von Trump geht soweit, dass sie nicht mehr auf dessen Unterstützung angewiesen ist. Sie habe ihre Primärwahlen ohne eine Empfehlung des Präsidenten gewonnen, sagt sie selbstbewusst und fügt hinzu: «Ich bin jetzt sehr selbstständig geworden.»

Ihr neuer Freund, der Journalist Brian Glenn – ja der, der Wolodymyr Selenksyj im Oval Office angepflaumt hatte, weshalb er keinen Anzug trage – geht gar einen Schritt weiter und bezeichnet MTG als «moderne Feministin».

U.S. Rep. Marjorie Taylor Greene, left, Tucker Carlson, center, and former President Donald Trump, right, react during the final round of the Bedminster Invitational LIV Golf tournament in Bedminster, ...
Bild aus vergangenen Tagen: Marjorie Taylor Greene mit Tucker Carlson und Donald Trump.Bild: keystone

Mit den Juden kann es MTG immer noch nicht. Sie hat es gewagt, das Vorgehen der Israeli im Gazastreifen als «Völkermord» zu bezeichnen. «Man kann tote Kinder nicht ungesehen machen», erklärt sie dazu. «Das ist kein Fake. Das ist keine Kriegspropaganda. Das sind keine Schauspieler. Und werden nicht auch Journalisten in die Luft gejagt und umgebracht? Das geschieht in keinem anderen Krieg, und es schockiert mich.»

MTG geht damit auf Konfrontationskurs mit einem Teil der Juden und dem Weissen Haus. Sie ist ihrer Sache jedoch sicher. «Ich habe mehrere christliche Pfarrer befragt», sagt sei. «Sie sagten mir, es handle sich tatsächlich um Völkermord. Unschuldige Menschen werden getötet.»

AIPAC, die Lobbyorganisation der Juden, nimmt MTG deshalb ins Visier. Ihr Sprecher Marshall Wittmann erklärt, Ms. Greene sei im Verbund mit «Ilhan Omar (einer muslimischen Abgeordneten aus Minnesota, Anm. d. Verf.) und Bernie Sanders und widerspreche vollständig dem Kurs ihrer republikanischen Kollegen und Präsident Trump, welche sich unerschütterlich hinter den jüdischen Staat stellen würden».

Auch das kümmert MTG nicht. Sie kommt aus einem Wahlkreis, der nicht nur christlich, sondern gar evangelikal geprägt ist. Diese würden ihr sagen: «Marjorie, wir geben dir Recht. Das ist Völkermord.»

People attend a memorial for conservative activist Charlie Kirk, Sunday, Sept. 21, 2025, at State Farm Stadium in Glendale, Ariz. (AP Photo/Julia Demaree Nikhinson)
Charlie Kirk Memorial
Gläubige an der Trauerfeier zu Charlie Kirk.Bild: keystone

Nicht nur ihre Wählerinnen und Wähler stehen hinter ihr. MTG ist Teil einer Bewegung, die innerhalb von MAGA immer mächtiger wird: die christlichen Nationalisten. Seit dem Mord an Charlie Kirk erhält dieser Flügel der Grand Old Party mächtig Aufwind. An dessen Bestattungsfeier rief Jack Posobiec, ein rechtsextremer Aktivist, den Anwesenden zu: «Seid ihr bereit, Gottes Rüstung anzuziehen und dem Bösen an der Spitze ins Auge zu schauen und einen spirituellen Krieg zu führen? Dann zieht die ganze Rüstung von Gott an, und zwar jetzt. Die Zeit ist gekommen. Der Ort ist hier.»

Die christlichen Nationalisten streben einen autoritären Staat an, in dem die Teilung von Kirche und Staat wieder aufgehoben wird. Sie organisieren sich in einer Bewegung, die New Apostolic Reformation (NAR) genannt wird, und sie wollen das Attentat auf Kirk als Anlass zu einem neuen «Great Awakening» nehmen. Als «Grosses Erwachen» bezeichnet man eine Reihe von Erweckungsbewegungen, die in der Vergangenheit die USA erschüttert haben.

Lance Wallnau, einer der Führer der NAR, bezeichnet Kirk gemäss dem Magazin «The Atlantic» als «den ersten Märtyrer des Dritten Awakenings». Er sei von «satanischen Mächten» umgebracht worden. «Dämonische Kräfte» würden sich «wie ein Krebs» in den USA verbreiten. Und ein texanischer Pastor postete auf X: «Christen müssen wieder lernen, zu hassen.»

So weit geht MTG (noch) nicht. In einem Punkt stimmt sie immer noch mit Trump überein: Auch sie will von einer Versöhnung mit den Demokraten nichts wissen. Stattdessen fordert sie eine «friedliche nationale Scheidung».

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
US-Präsident Donald Trump auf Staatsbesuch in Grossbritannien
1 / 13
US-Präsident Donald Trump auf Staatsbesuch in Grossbritannien

Der Helikopter mit US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania landet bei Windsor Castle in Grossbritannien.

quelle: keystone / alastair grant
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Erika Kirk vergibt dem Attentäter – Donald Trump gibt sich unversöhnlich
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
106 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
miinSänf
29.09.2025 18:25registriert September 2021
Bei uns in Europa nennet man das Opportunismus: Immer das, was einem gerade am Meisten nützt.
2938
Melden
Zum Kommentar
avatar
FrancoL
29.09.2025 18:31registriert November 2015
Man kann sie trotz der Veränderung nicht schön reden, sie ist und bleibt eine Hetzerin und wer so den Glauben missbraucht, der ist nicht weiter als eine Oppotrtunistin, eine Gläubige in eigener Sache.
Zudem scheint sie mir alles andere als eine stabile Person.
2768
Melden
Zum Kommentar
avatar
D.Enk-Zettel
29.09.2025 18:15registriert Oktober 2021
MTG ist nicht viel anders als Donyboy. Je nach dem, woher der Wind weht und was ihr ev. Vorteile verschaffen könnte wird von ihr ausgenutzt. Nicht ganz dicht ist sie allemal nach wie vor.
2276
Melden
Zum Kommentar
106
Hier lässt ein Velo-Kurier Trumps ICE-Agenten uralt aussehen
Die Abschiebebehörde ICE wird in US-Grossstädten seit Monaten gefürchtet. Nun ging ein Video viral, in dem ein Lieferant mehreren bewaffneten Beamten entwischt.
Die US-Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) steht seit Donald Trumps Amtsantritt Anfang des Jahres vermehrt im Fokus der Öffentlichkeit. Die ICE ist für die Durchsetzung von Einwanderungsgesetzen verantwortlich, führte auf Trumps Willen hin jedoch häufig umstrittene Abschiebungen und Razzien durch.
Zur Story