Schweiz
Medien

Shaolin Challenge: SRF startet Reality-TV-Show

Bekämpfen eigene Ängste und philosophieren über Sinnfragen: die SRF-Shaolin-Promis.
Bekämpfen eigene Ängste und philosophieren über Sinnfragen: die SRF-Shaolin-Promis.Bild: SRF

«Das ist kein Service Public» – Kritik an neuer SRF-Reality-Show

Für ein Reality-TV-Format schickt das Schweizer Fernsehen Promis in einen südkoreanischen Tempel. Ist das noch Service public?
30.09.2025, 05:1430.09.2025, 06:55

Der eine Begriff ist englisch, der andere französisch. Nicht nur sprachlich führen sie zu Unstimmigkeiten.

Reality TV: Eine Form von Fernsehunterhaltung, die vorgibt, die Realität abzubilden, sie dabei aber oft emotionalisiert und überspitzt. Der Übergang zwischen Dokumentation und Fiktion ist fliessend, teilweise ist Reality TV komplett gescripted. Bekannte Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum sind «Love Island», «Frauentausch» oder «Berlin – Tag & Nacht».

Service public: In der Schweiz versteht man darunter alle Dienstleistungen, die für die Öffentlichkeit relevant sind. Der Konzessionsvertrag für die SRG sieht vier Bereiche vor, die zusammen deren Leistungsauftrag ausmachen: Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung.

Und jetzt macht das dem Service public verpflichtete SRF Reality TV.

Von Ängsten und Sinnfragen

Für die «Shaolin Challenge» schickt SRF sechs Prominente in einen Tempel in Südkorea. Dort trainieren sie unter der Anleitung des Shaolin-Meisters Shi Heng Yi und setzen sich dabei «mit eigenen Ängsten und Sinnfragen auseinander».

Diese Promis sind mit dabei:

1 / 10
Shaolin Challenge

Tamy Glauser ist Model und lief für Fashion-Grössen wie Louis Vuitton. Sie engagiert sich für LGBTQ-Rechte.

quelle: srf / srf
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Shaolin sind Mitglieder eines Mönchsordens in China, der die chinesische Kampfkunst Shaolin Kung Fu praktiziert. Kung Fu wird dabei als Teil der buddhistischen Religion ausgeübt.

Ist es Service public, wenn sechs Prominente ihre eigenen Ängste mit buddhistischer Kampfkunst überwinden?

«Das können auch Private machen»

Thomas Matter findet: nein. Der SVP-Nationalrat aus dem Kanton Zürich sitzt im Co-Präsidium der Halbierungsinitiative. Diese will die Rundfunkgebühren, die jeder Haushalt für die SRG bezahlen muss, auf 200 Franken pro Jahr deckeln.

«Das ist eines von vielen Puzzleteilen, die zeigen: Das SRF nimmt seinen Sparauftrag nicht ernst. Ansonsten würde es kaum ein solches Format bringen.» Er sei nicht Programmverantwortlicher für das SRF, aber: «Das ist für mich ein typisches Beispiel, was Service public nicht ist. Eine solche Sendung können auch Private machen.»

Der Verband Schweizer Privat Medien, dem auch 3+ angehört, wollte auf Anfrage von watson keine Stellung zum neuen Reality-TV-Format von SRF beziehen. 3+ gehört wie watson auch zum Verlag CH Media.

Tatsächlich war Reality TV bis jetzt den Privatsendern in der Schweiz vorbehalten. 3+ schickt für den Bachelor oder die Bachelorette Kandidierende nach Thailand oder verkuppelt für «Bauer, ledig, sucht» Landwirte und Landwirtinnen. Das SRF setzt im Bereich Unterhaltung auf die grossen Samstagabendshows («Happy Day», «Die grössten Schweizer Talente», «The Voice of Switzerland»).

«Mehr als reine Unterhaltung»

In der SRG-Konzession steht geschrieben, dass sich das Unterhaltungsangebot des SRF «substanziell» von demjenigen der Privaten unterscheiden muss.

Karen Ballmer, Leiterin Factual Entertainment bei SRF, nimmt gegenüber watson Stellung: «Das Format unterscheidet sich inhaltlich und konzeptionell deutlich vom Unterhaltungsangebot privater Anbieter. Im Zentrum steht kein eigentlicher Wettbewerb, sondern eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen wie mentaler Gesundheit, Selbstdisziplin, Resilienz sowie körperlicher und geistiger Balance.»

Damit sei die «Shaolin Challenge» deutlich mehr als eine reine Unterhaltungssendung und werde dem Service-public-Anspruch gerecht. «Ziel des Formates ist es, wichtige Themen wie psychische Belastungen, Selbstzweifel oder Veränderungsprozesse offen anzusprechen und zu enttabuisieren», sagt Ballmer.

Günstiger als Abendshows

Warum aber muss man dafür sechs Promis inklusive TV-Produktionsteam nach Südkorea fliegen? Dazu heisst es bei SRF: «Das Format lebt auch von der besonderen Atmosphäre des Shaolin-Tempels als Setting. Diese authentische Umgebung ist ein zentraler Bestandteil des Konzepts und lässt sich in der Schweiz nicht glaubwürdig und kosteneffizient nachbilden.» Wie eine kurze Google-Suche zeigt, betreibt der Shaolin-Orden allerdings auch Tempel in Deutschland und Österreich.

Dank bestehender Infrastruktur vor Ort sei die «Shaolin Challenge» vergleichsweise günstig, sagt SRF. Eine etwas mehr als 40 Minuten lange Folge kostet im Schnitt 96’000 Franken. Das ist deutlich günstiger als eine von SRF selbst produzierte Abendshow, die im Schnitt 432’000 Franken kostet – aber auch deutlich länger dauert.

Ist eine Reality-TV-Sendung wie die «Shaolin Challenge» Teil des Service public?
An dieser Umfrage haben insgesamt 5051 Personen teilgenommen

Gemäss SRF ist für die «Shaolin Challenge» eine TV-Crew von acht Leuten für neun Drehtage nach Südkorea gereist. Verantwortlich war nicht SRF selbst, sondern die TV-Produktionsfirma Endemol («Big Brother», «Wer wird Millionär?»). Diese hat das auch schon das bisher einzige Reality-Format auf SRF produziert: die Dating-Sendung «Alone Together», bei der Paare auf einer einsamen schwedischen Insel abgeladen wurden – ohne Handy. Mit der «Shaolin Challenge » möchte SRF die Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen abholen.

Zudem habe der Fokus bei der «Shaolin Challenge» darauf gelegen, ein streamingtaugliches Format, das zeitversetzt gesendet werden kann, zu entwickeln. Die Reality-TV-Sendung wird im Frühjahr zuerst auf der Streamingplattform Play SRF und anschliessend auf SRF 1 ausgestrahlt.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die SRF-«Tagesschau»-Moderatoren seit den 60er Jahren:
1 / 26
Die SRF-«Tagesschau»-Moderatoren seit den 60er Jahren:
In den 60er Jahren bei der «Tagesschau»: Erich Gysling. Einen klassischen Anchor wie heute gab es damals noch nicht.
quelle: srf.ch / srf.ch
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So sieht «Der Bestatter» aus, wenn dem SRF das Geld ausgeht
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
478 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Hans Hansen
30.09.2025 05:31registriert August 2019
Tamy, Winiger, Burgener, ich bin raus.
29831
Melden
Zum Kommentar
avatar
Barth Simpson
30.09.2025 06:23registriert August 2020
Mir ist ist unser SRF '1 Stutz pro Tag' wert. Ich mag die aussergewöhnlich fundierte und neutrale Berichterstattung und ich mag auch, dass SRF über unsere Kultur berichtet. Ich vertraue dem SRF mehr wie den meisten anderen Presseplattformen. Und ja Herr Matter, ich mag in diesen lauten Zeiten auch Unterhaltung, welche uns von lauten Gedröhne, welches auch von ihrer rechten Seite stammt, etwas ablenken kann.

Herr Matter, wenn ich 50 Rappen pro Tag sparen will, dann rauche ich lieber eine Zigi pro Tag weniger, oder trinke im Restaurant pro Woche einen Kaffe weniger.
437176
Melden
Zum Kommentar
avatar
Garp
30.09.2025 05:36registriert August 2018
Muss ich nicht haben, schon gar nicht mit diesen Promis. Man hätte ganz gewöhnliche Bürger nehmen können.

Bin trotzdem gegen die Halbierungsinitiative, auch wenn SRF für mich in den letzten Jahren immer unattraktiver geworden ist.
Grad die Unterhaltung sind Filme/Serien vieles andere in Endlosschlaufe, auch was Moderatoren anbelangt.
25977
Melden
Zum Kommentar
478
Drohnen-«Hysterie» in der Schweizer Armee
In europäischen Ländern sorgen «Störfälle» mit Drohnen für Aufregung. Die Schweizer Armee möchte bei der Abwehr möglichst rasch aufrüsten, doch das ist nicht ganz einfach.
Der Drohnenkrieg in der Ukraine schien das übrige Europa lange kaum zu betreffen. Das hat sich gründlich geändert. Vor knapp einem Monat drangen rund 20 Drohnen vermutlich russischen Ursprungs in den polnischen Luftraum ein. Seither kam es in weiteren Ländern zu Drohnensichtungen, etwa in Dänemark und Deutschland.
Zur Story