Eine Regierungskrise in Nordirland droht den labilen Friedensprozess in dem britischen Landesteil zu stören. Nachdem Vize-Regierungschef Martin McGuinness am Montag seinen Rücktritt eingereicht hatte, steht die Region vor Neuwahlen.
Es sei sogar «hoch wahrscheinlich», dass die Wähler zu den Urnen gerufen werden, teilte der britische Nordirland-Minister James Brokenshire am Dienstag dem Parlament in London mit. Doch ob das Problem damit gelöst werden kann, ist zweifelhaft.
Die britische Regierung dürfte die Krise in dem Landesteil mit Sorge betrachten. Sie erwartet noch in diesem Monat ein Urteil des höchsten Gerichts des Landes, das auch über ein Mitspracherecht der Regionalparlamente beim Brexit entscheiden soll.
Nachdem McGuinness angekündigt hatte, seine Partei, die katholische Sinn Fein, werde keinen Nachfolger für das Amt des Vize- Regierungschefs nominieren, steht auch Regierungschefin Arlene Foster von der protestantischen DUP (Democratic Unionist Party) vor dem Aus. Foster kritisierte den Rücktritt von McGuinness als «rein politisch».
Nordirland wird seit 2007 von einer Koalition aus den beiden grössten katholischen und protestantischen Parteien regiert. Das sorgsam ausbalancierte Verhältnis zwischen den beiden Konfessionsgruppen geht auf das Karfreitagsabkommen von 1998 zurück.
London und Dublin vermitteln
Noch versuchen London und auch Dublin die beiden Streitparteien zu einer Einigung zu bewegen. Doch sollten sie sich nicht innerhalb von sieben Tagen auf einen Nachfolger für McGuinness einigen, wird es Neuwahlen geben. Nordirland-Minister Brokenshire geht davon aus, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im nordirischen Parlament nicht ändern werden und rechnet schon mit einer zweiten Wahl.
Bereits am Montag hatte Brokenshire die zerstrittenen Koalitionsparteien deshalb zur Zusammenarbeit gemahnt. «Ich rufe Nordirlands Führung auf, die notwendigen Schritte einzuleiten, um gemeinsam einen Weg nach vorne zu finden», teilte Brokenshire mit.
Auch der Aussenminister der Republik Irland, Charles Flanagan, forderte die Streitparteien auf, die mühsam ausgehandelten Institutionen des Karfreitagsabkommens nicht zu beschädigen. Die Prinzipien von Partnerschaft und Gleichberechtigung zwischen Katholiken und Protestanten seien von «entscheidender Bedeutung», hiess es in einer Mitteilung des Aussenministeriums in Dublin.
Der Streit zwischen den beiden Regierungsparteien hatte sich an einem misslungenes Förderprogramm für erneuerbare Energien entzündet, für das Sinn Fein Regierungschefin Foster verantwortlich macht. (sda/dpa)