Aufsicht kritisiert Bundesrat nach Hochseeschiff-Debakel
Der Bundesrat hat nach der Hochseeschiff-Affäre Massnahmen ergriffen. Die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments sind aber nur teilweise zufrieden damit. Die Finanzdelegation empfiehlt derweil, auf Bundesbürgschaften zu verzichten.
Die Affäre dreht sich um die Bürgschaften des Bundes für Schiffe unter Schweizer Flagge. Der Bundesrat hatte das Risiko als gering eingeschätzt. Doch vor rund zwei Jahren wurde klar, dass die Bürgschaften den Bund teuer zu stehen kommen.
Weil die Hochseeschifffahrt weltweit in eine Krise geraten war, mussten Bürgschaften gezogen und Schiffe verkauft werden. Damit der Bund seinen Verpflichtungen nachkommen konnte, bewilligte das Parlament einen Nachtragskredit von 215 Millionen Franken.
Empfehlungen nur teilweise umgesetzt
Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) als parlamentarische Oberaufsicht untersuchten, warum der Bund nicht früher reagiert hatte. Vor rund einem Jahr präsentierten sie ihre Schlussfolgerungen. Neben dem Wirtschaftsdepartement (WBF) kritisierten sie das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BLW). Dieses habe seine Bringschuld nicht erfüllt.
Die GPK formulierten eine Reihe von Empfehlungen, der Bundesrat räumte Fehler ein und ergriff Massnahmen. In einigen Punkte sei er aber nicht bereit, die Empfehlungen umzusetzen, schreiben die GPK in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
Organisationsstruktur nicht überprüft
Die GPK kritisieren, dass der Bundesrat die Organisationsstruktur des BWL und dessen Leitung nicht eingehend prüfen will. Die Leitung des BWL verfüge nach wie vor über keine klare Hierarchie und eine zu vage Stellenbeschreibung.
In der Hochseeschiff-Affäre hatten die Departementsspitze und die Amtsleitung die Kompetenzen und Zuständigkeiten unterschiedlich beurteilt. Die GPK stellten die Milizstruktur des BWL in Frage, für dessen Leitung 40 Stellenprozente vorgesehen sind. Sie schlugen vor, die Schaffung einer vollamtlichen Amtsdirektorenstelle zu prüfen. Davon wollte der Bundesrat jedoch nichts wissen.
Fragezeichen zu Untersuchungen
Weiter bedauern die GPK, dass der Bundesrat es abgelehnt hat, eine Art Kompetenzzentrum für Administrativuntersuchungen zu schaffen beziehungsweise eine verantwortliche Stelle zu bezeichnen. Diese sollte das verfahrensrechtliche Wissen gewährleisten und die anordnende Stelle sowie die Untersuchungsbeauftragten beraten.
Die GPK halten fest, sie erachteten diese Massnahme angesichts der Mängel bei verschiedenen Administrativuntersuchungen in den letzten Jahren nach wie vor als nötig. Die GPK des Nationalrates führt eine gesonderte Inspektion dazu. Mit der Administrativuntersuchung zu den Hochseeschiffen hatte das Wirtschaftsdepartement die Finanzkontrolle beauftragt. Die GPK sind nach wie vor der Auffassung, dass dieser Entscheid nicht angemessen war.
Krisenorganisation eingeführt
Zufrieden sind die GPK damit, dass für den Fall weiterer Bürgschaftsziehungen eine Krisenorganisation eingeführt wurde. Sie begrüssen auch, dass die Protokollierung und Archivierung von Führungsgesprächen im Wirtschaftsdepartement verbessert wurden.
Bei der Inspektion hatten die GPK festgestellt, dass die Bürgschaften bis zur Eskalation nie an Führungsgesprächen thematisiert wurden und nicht Teil des Risikoreportings waren. Sie erachteten diese Unterlassungen als schwerwiegend.
Schiffe zu ungünstigem Zeitpunkt verkauf
Die GPK schliessen ihre Arbeiten für den Moment ab. Zu Ende ist die Geschichte damit aber noch lange nicht. In rund zwei Jahren wollen die GPK eine Nachkontrolle durchführen. Die Bewältigung der Probleme durch das WBF und das BWL könnten erst abschliessend bewertet werden, wenn die laufenden Abklärungen der Strafverfolgungsbehörden und des Bundesverwaltungsberichts abgeschlossen seien, schreiben sie.
Die Prozesse im Zusammenhang mit dem Verkauf der Schiffe hat die Finanzdelegation unter die Lupe genommen. Sie kommt in einem ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Bericht zum Schluss, dass die Schiffe angesichts der tiefen Marktpreise im Mai 2017 nicht zum besten Zeitpunkt verkauft wurden. Ein zeitlicher Aufschub sei allerdings nicht möglich gewesen.
Weiter empfiehlt die Finanzdelegation, das Instrument der Bundesbürgschaft nicht mehr einzusetzen. Die bestehenden Solidarbürgschaften seien zu überprüfen und nach Möglichkeit in einfache Bürgschaften umzuwandeln. Für den Erhalt der Schweizer Hochseeflotte soll der Bundesrat andere Instrumente prüfen. Er soll aber auch grundsätzlich klären, ob die Schweiz in Zukunft eine eigene Flagge auf See führen soll. (sda)
