Strassenfonds-Gegner wollen Raubzug auf die Bundeskasse verhindern

Strassenfonds-Gegner wollen Raubzug auf die Bundeskasse verhindern

10.01.2017, 16:36

Mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) steht für die Strasse zusätzlich eine Milliarde Franken pro Jahr zur Verfügung. Den grössten Teil davon zahlt die Bundeskasse. Das wollen die Gegner nicht hinnehmen.

SP, Grüne und der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) haben am Dienstag vor den Bundeshausmedien für ein Nein am 12. Februar geworben. Eine Unterschriftensammlung war nicht nötig: Weil es für den NAF eine Verfassungsänderung braucht, ist die Volksabstimmung obligatorisch.

Ursprünglich hatte Links-Grün die Pläne für einen neuen Strassenfonds grundsätzlich mitgetragen. Ein solcher drängt sich auf, weil der heutige Infrastrukturfonds befristet ist. Ausserdem fehlt das Geld, um Betrieb, Unterhalt und Fertigstellung des Nationalstrassennetzes sowie die Beseitigung von Engpässen und die Agglomerationsprogramme zu finanzieren. Pro Jahr fehlen etwa 1.3 Milliarden Franken.

Warnung von Einnahmen-Erosion

Um diese Lücke zu stopfen, wollte der Bundesrat in erster Linie die Autofahrer zur Kasse bitten. Von der geplanten Benzinpreis-Erhöhung um 15 Rappen blieben nach der Parlamentsdebatte noch 4 Rappen übrig. Das bringt etwa 200 Millionen Franken pro Jahr ein. Die Bundeskasse steuert nach den Beschlüssen der Räte 650 Millionen Franken bei.

Das ist etwa die Hälfte des Betrags, den die wuchtig abgelehnte Milchkuh-Initiative gefordert hatte, wie die Berner SP-Nationalrätin und VCS-Präsidentin Evi Allemann in Erinnerung rief. Ratskollege Philipp Hadorn (SP/SO) warnte vor einer Einnahmen-Erosion.

Der öffentlichen Hand würden mit dem NAF gezielt Einnahmen entzogen, sagte er. Das gefährde den Service public, Renten, soziale Wohlfahrt oder die Durchsetzung des Rechtsstaates. Auch die Strasse solle einen Fonds erhalten, aber nicht mittels eines Raubzuges auf die Bundeskasse, sagte Hadorn.

Ungleiche Belastung

Der Strassenfonds stellt das Gegenstück zum Bahninfrastrukturfonds (BIF) dar, der mit der FABI-Vorlage beschlossen wurde. Laut Allemann steuern die Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs rund 300 Millionen Franken dazu bei. Die Autofahrer, obwohl dreimal so zahlreich, leisten an den NAF bloss einen Beitrag von 200 Millionen Franken.

Den NAF-Gegnern geht es aber nicht allein ums Geld, sondern auch um die Art der Mobilität, die damit finanziert werden soll. Den Schlüssel für die Mobilität der Zukunft sehen sie nicht in zusätzlichen Strassen, sondern in der Digitalisierung. Diese erlaube die Vernetzung aller Verkehrssysteme und Verkehrsträger, sagte Edith Graf-Litscher (SP/TG).

Damit würden neue Möglichkeiten der kombinierten Mobilität zugänglich gemacht. Staus und Umweltverschmutzung könnten reduziert und bestehende Infrastrukturen besser und effizienter genutzt werden. Statt verstaubter Konzepte brauche es in der Verkehrspolitik Mut zur Innovation, sagte Graf-Litscher.

Unsinniger Strassenbau

Nach Ansicht von Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli (ZH) ist der NAF ein solch verstaubtes Konzept. Wer Strassen säe, werde Verkehr ernten, sagte er. Zu viel Geld in der Strassenkasse führe unweigerlich zu unsinnigem und überdimensioniertem Strassenbau. Als Beispiele nannte er den Westast Biel oder die geplante Glattal-Autobahn.

Am stärksten vom Verkehr belastet seien die Städte und Agglomerationen, sagte Glättli. Doch die Agglomerationsprogramme, die ohnehin nur einen kleinen Teil des NAF ausmachen würden, könnten auch ohne den neuen Fonds weitergeführt werden.

Die Gegner bekämpfen den NAF mit dem Rücken zur Wand. In ersten Umfragen lagen sie weit hinter den Befürwortern zurück. Diese werben mit besseren Strassen und weniger Stau. Zudem treten sie geschlossen auf, im Gegensatz zu den Gegnern. Prominente Abweichler wie die SP-Ständeräte Claude Janiak (BL) und Hans Stöckli (BE) sowie Grünen-Nationalrat Daniel Brélaz (VD) engagieren sich im Ja-Komitee. (sda)

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