Euroskeptiker und Milliardär Babis gewinnt Wahl in Tschechien

Euroskeptiker und Milliardär Babis gewinnt Wahl in Tschechien

21.10.2017, 22:08

Mit einem satten Vorsprung auf die Konkurrenz hat der umstrittene Milliardär Andrej Babis die Parlamentswahl in Tschechien gewonnen. Der Populist kam mit seiner Protestbewegung ANO («Ja») auf 29.7 Prozent der Stimmen.

Vor vier Jahren war die Partei mit 18.7 Prozent nur zweitstärkste Kraft geworden. Die Wahlbeteiligung war mit 60.8 Prozent etwa gleich hoch wie 2013. Das geht aus dem am Samstagabend veröffentlichten vorläufigen Endergebnis der Statistikbehörde CSU hervor.

Babis hofft nach eigenem Bekunden auf eine schnelle Regierungsbildung. Er habe alle Parteivorsitzenden per SMS zu Gesprächen eingeladen, sagte der 63-Jährige am Wahlabend vor jubelnden Anhängern in Prag. Seinen Gegnern und den Medien warf der zweitreichste Tscheche eine «Desinformationskampagne» vor.

«Keine Gefahr für die Demokratie»

«Wir sind keine Gefahr für die Demokratie», sagte Babis im tschechischen Fernsehen. Im Wahlkampf hatte er sich der gebürtige Slowake als Euroskeptiker, scharfer Kritiker der Flüchtlingspolitik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gegner einer tieferen EU-Integration profiliert.

Zweitstärkste Kraft wurden die konservativen Bürgerdemokraten (ODS) mit 11.3 Prozent (plus 3.6 Punkte). Ihr Vorsitzender Petr Fiala schloss ein Bündnis mit Babis aus. «Wir werden einen Kampf führen um Werte, einen Kampf um die aussenpolitische Ausrichtung Tschechiens, einen Kampf um alles, was bisher als selbstverständlich galt», sagte der ODS-Chef.

Die Sozialdemokraten (CSSD), die bisher den Regierungschef gestellt hatten, erlebten hingegen ein Debakel. Sie stürzten auf 7.3 Prozent ab (2013: 20.5 Prozent). Die Partei konnte Politologen zufolge nicht von der boomenden Wirtschaft und der niedrigen Arbeitslosenquote von nur 3.8 Prozent profitieren.

«Politisches Erdbeben»

Analysten sprachen von einem «politischen Erdbeben» und einem «Hurrikan». Stark zulegen konnte die rechtsradikale SPD - das Kürzel steht für Freiheit und direkte Demokratie. Sie kam auf 10.6 Prozent. «Wir wollen jegliche Islamisierung Tschechiens stoppen», sagte Parteichef Tomio Okamura.

Wahlsieger und Ex-Finanzminister Babis ist Gründer eines Firmenimperiums, das bedeutende Tageszeitungen und den meistgehörten Privatradiosender umfasst. Kritiker vergleichen ihn daher mit US-Präsident Donald Trump oder dem Italiener Silvio Berlusconi. Sie warnen vor einer nie dagewesenen Konzentration medialer, politischer und wirtschaftlicher Macht.

Verdacht des EU-Subventionsbetrugs

Erstmals in der Geschichte der noch jungen Demokratie in Tschechien ermittelt die Polizei damit gegen einen Wahlsieger. Bei Babis steht nämlich der Verdacht des EU-Subventionsbetrugs in Millionenhöhe im Raum. Viele Parteien lehnen daher eine Zusammenarbeit mit ihm ab. Tschechiens Präsident Milos Zeman signalisierte bereits, den Wahlsieger dennoch mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

Für eine Überraschung sorgte die Piratenpartei: Sie wird mit 10.8 Prozent der Stimmen erstmals den Einzug ins 200-Sitze-Abgeordnetenhaus schaffen. Die tschechischen Parlaments-Newcomer traten im Wahlkampf gegen die grassierende Korruption und für die Legalisierung von Drogen wie Haschisch und Marihuana ein.

In Europa dürfte nun die Angst vor einem wachsenden Graben zwischen dem westlichen und östlichen Teil der EU wachsen. Babis bezeichnete den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz bereits als einen weiteren «Verbündeten» der Visegrad-Gruppe im Kampf gegen die EU-Flüchtlingspolitik. Zu den Visegrad-Vier zählen neben Tschechien auch Polen, Ungarn und die Slowakei.

Der Politologe Jiri Pehe sieht in Babis indes keinen Nationalisten vom Schlag eines Jaroslaw Kaczynski in Polen oder eines Viktor Orban in Ungarn. Babis habe keine festen Überzeugungen oder Ideen, sondern wolle seinen eigenen Reichtum mehren, sagte Pehe der Nachrichtenagentur dpa. «Er ist ein typischer egozentrischer Oligarch mit einem leichten Sendungsbewusstsein - darin ähnelt er mehr Trump oder Berlusconi als den Herren aus der Visegrad-Gruppe.» (sda/dpa)

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