Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals eine Verurteilung wegen Beihilfe zum massenhaften Mord in einem nationalsozialistischen Vernichtungslager höchstrichterlich bestätigt. Dabei ging es um den Fall des früheren SS-Manns Oskar Gröning.
Der Schuldspruch gegen den 95-Jährigen sei rechtskräftig, sagte Grönings Verteidiger Hans Holtermann am Montag der Nachrichtenagentur dpa in Karlsruhe. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. Vom BGH lag dafür zunächst keine Bestätigung vor.
Gröning war im Juli 2015 in einem der letzten grossen Auschwitz-Prozesse vom Landgericht Lüneburg (Niedersachsen) zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, das Geld der verschleppten Juden verwaltet und die Ankunft der Transporte mit beaufsichtigt zu haben. Das Gericht wertete das als Beitrag zum Funktionieren der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie.
Damit wurde Gröning sieben Jahrzehnte nach dem Holocaust wegen Beihilfe zum Mord in 300'000 Fällen verurteilt, ohne dass er an einzelnen Mordtaten direkt beteiligt war. Revision dagegen eingelegt hatten Gröning selbst sowie mehrere Nebenkläger.
Weg frei für weitere Prozesse
Mit dem Karlsruher Beschluss ist dieses Urteil laut Holtermann rechtskräftig. Damit wäre der Weg frei, auch anderen hochbetagten Handlangern des NS-Regimes in Deutschland den Prozess zu machen. Ob Gröning ins Gefängnis muss, hängt von seiner Gesundheit ab.
Jahrzehntelang wurden am Holocaust Beteiligte nicht zur Verantwortung gezogen, weil sie zwar Rad im Getriebe waren, aber nicht selbst getötet hatten.
Eine Wende leitete erst das Münchner Urteil gegen den früheren Sobibor-Aufseher John Demjanjuk von 2011 ein. Aber dessen Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord an 28'000 Juden wurde nie rechtskräftig, weil Demjanjuk vorher in einem Pflegeheim starb. (sda/dpa)