Die schottische Regionalregierung trifft Vorbereitungen für ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit des nördlichen Landesteils von Grossbritannien.
Die notwendigen rechtlichen Schritte würden jetzt vorbereitet und eigene Gespräche mit der EU aufgenommen, sagte Regierungschefin Nicola Sturgeon am Samstag in Edinburgh nach einem Treffen des Kabinetts. «Das Kabinett hat zugestimmt, dass wir umgehend Gespräche mit EU-Institutionen und anderen EU-Mitgliedstaaten aufnehmen, um alle Möglichkeiten auszuloten, Schottlands Platz in der EU zu schützen.»
2014 hatten 55 Prozent Schotten in einem Referendum gegen die Unabhängigkeit Schottlands gestimmt. In der Volksabstimmung über den Brexit stimmte eine deutliche Mehrheit der Schotten für den Verbleib in der EU, insgesamt waren aber 52 Prozent der Briten für den Austritt.
Bereits vor der Abstimmung hatte Schottlands Nationalpartei SNP, die in einer Minderheitsregierung regiert, ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für den Brexit-Fall ins Gespräch gebracht.
Unterdessen kündigte nach dem Brexit-Votum seiner Landsleute der britische EU-Finanzkommissar Jonathan Hill seinen Rücktritt an. «Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, jetzt als britischer Kommissar weiter zu machen als ob nichts geschehen wäre», sagte Hill in Brüssel. Er habe daher Kommissonspräsident Jean-Claude Juncker mitgeteilt, dass er zurücktrete.
EU Aussenminister wollen raschen Austritt der Briten
Die Aussenminister der EU-Gründungsstaaten riefen derweil Grossbritannien zu einem baldigen Austritt aus der Gemeinschaft auf. Man respektiere das Ergebnis der Volksabstimmung in Grossbritannien für ein Verlassen der EU.
«Es muss uns jetzt die Möglichkeit gegeben werden, dass wir uns mit der Zukunft Europas beschäftigen», sagte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier am Samstag nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus den EU-Gründungsstaaten in Berlin.
Jetzt müssten die übrigen EU-Staaten die Möglichkeit erhalten, sich auf ihre Zukunft zu konzentrieren. Dazu müsse das Austrittsverfahren schnell in Gang kommen. Das sei eine Botschaft, die man nach London schicke. «Dieser Prozess sollte sobald wie möglich losgehen», verlangte Steinmeier.
Phase der Unsicherheit vermeiden
Auch der französische Aussenminister Jean-Marc Ayrault nannte die rasche Einleitung des Austrittsverfahrens dringlich, um eine Phase der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit zu vermeiden. Der britische Premierminister David Cameron habe sich für eine Volksabstimmung entschieden und müsse nun auch die Konsequenzen daraus ziehen.
Luxemburgs Ressortchef Jean Asselborn sagte: «Ich hoffe, dass wir jetzt kein Katz-und-Maus-Spiel spielen. Das britische Volk hat entschieden. Das muss jetzt umgesetzt werden.»
Zu den EU-Gründungsstaaten gehören neben Deutschland und Frankreich auch die Benelux-Staaten und Italien. Die Aussenminister aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten Belgien, Niederlande und Luxemburg waren in Berlin zusammengekommen, um über die Folgen des britischen Referendums zu beraten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte von der britischen Regierung nach dem Brexit Auskunft über das weitere Vorgehen im nun anstehenden konkreten Scheidungsprozess mit der EU. Grossbritannien müsse nun sagen, wie es sich die Beziehungen zur Europäischen Union weiter vorstelle, sagte Merkel am Samstag zum Abschluss eines Spitzentreffens von CDU und CSU in Potsdam. (sda/dpa/afp)