Aussenminister Didier Burkhalter weist den Vorwurf zurück, die Schweiz habe vor Chinas Staatspräsident «gekuscht». Menschenrechte seien bei dessen Besuch angesprochen worden, sagte er. Konkret schlug die Schweiz vor, dass der UNO-Menschenrechtskommissar China besucht.
Präsident Xi Jinping habe darauf «positiv reagiert», sagte Burkhalter in einem Interview, das am Mittwoch in den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» erschien. Über Einzelfälle spreche man nicht mit dem Präsidenten, doch dessen Entourage sei bei den Gesprächen dabei. «Sie hat gesehen, wie er reagiert hat.»
Die Schweizer Seite versuchte es demnach mit einer Mischung aus Lob und Tadel: «Wir haben ihm gesagt, es stimme, dass auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet grosse Fortschritte gemacht wurden», sagte Burkhalter. Doch es sei auch zum Ausdruck gebracht worden, «dass die Schweiz überzeugt sei, dass Fortschritte auch im Bereich der Meinungsäusserungsfreiheit und der persönlichen Freiheiten gemacht werden können».
Der Neuenburger FDP-Bundesrat konstatierte zudem, dass mittlerweile wieder über das Thema Menschenrechte im direkten Gespräch diskutiert werden könne. Die Folgen des Eklats von 1999, als der damalige Präsident Jiang Zemin verärgert auf Tibet-Proteste in Bern reagierte, seien «jetzt bereinigt». «Die Chinesen wissen, dass es eine konstruktive Haltung der Schweiz gibt.»
Eklat ausgebügelt
Zur Rede Xi Jinpings in Davos, in der dieser vor einem Handelskrieg gegen China warnte, sagte Burkhalter: «Im Moment wird viel über den künftigen US-Präsidenten Trump gesprochen, und der chinesische Präsident kann sich als Gegenpol positionieren.» Damit wolle er mehr Einfluss in der Führung globaler Institutionen gewinnen.
Aus Burkhalters Sicht kann das für die Schweiz interessant sein: «Auch wir wollen, dass in den verschiedenen Führungsgremien der Welt alle etwas zu sagen haben. Auch wir wollen integrieren und nicht Konflikte schüren.» Da gebe es Gemeinsamkeiten mit China. Eine grosse Differenz seien aber die Menschenrechte, sagte er.
Die Nichtregierungsorganisation Amnesty International berichtet von einer Verschärfung der Menschenrechtssituation in China seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping 2013. Kritisiert werden etwa vage definierte Straftatbestände, Prangermethoden und ein reger Gebrauch einer Art Haft ohne Gerichtsverfahren.
Xi Jinping stattete der Schweiz am Sonntag und Montag einen Staatsbesuch ab, bevor er ans Weltwirtschaftsforum WEF in Davos weiterreiste. Die Schweiz und China unterzeichneten anlässlich des Besuchs eine Reihe von Abkommen und Vereinbarungen, unter anderem zur Weiterentwicklung des Freihandelsabkommens von 2014.
Bereit für Brexit
In einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» zeigt sich Burkhalter zudem überzeugt, dass die Schweiz bereit ist für den anstehenden Austritt Grossbritanniens aus der EU. «Wir sind gut vorbereitet, loslegen können wir aber erst, wenn das Austrittsgesuch formell aktiviert ist», sagte er.
Noch gebe es einige «Unsicherheit im Prozess»; er verweist dabei etwa auf die Verhandlungen zwischen den Briten und der EU, die noch nicht einmal begonnen haben. Der Bundesrat werde in den nächsten Wochen aber diskutieren, ob allenfalls schon vorgängig Verhandlungsmandate lanciert werden sollen. «Das Ziel ist: So schnell wie möglich Rechtssicherheit schaffen.» (sda)