Sage und schreibe 1,6 Millionen Dollar ist der Schätzpreis für diesen bronzefarbenen Tucker 48 Torpedo aus dem Jahr 1948, der am 15. August beim Auktionshaus RM Auctions im kalifornischen Monterey unter den Hammer kommt.
Bei der Lancierung im Jahr 1947 lautete der Werbeslogan «Don’t let a Tucker pass you by». Jahrzehnte später ist dieser Spruch – lass dir keinen Tucker entgehen – so wahr wie noch nie, so selten und so gesucht bei Autosammlern sind diese Fahrzeuge. Nur 51 Tucker Torpedos wurden je produziert, 47 davon existieren noch heute. Langsam macht der exorbitante Schätzpreis Sinn ...
Doch der vielleicht schönste Grund, einen Tucker zu besitzen, ist die faszinierende und letztlich tragische Underdog-Story von Preston Thomas Tucker und seinem futuristischem Automobil.
Als der Tucker 48 «Torpedo» 1947 auf den Markt kam, war er das fortschrittlichste Auto der Welt und seiner Zeit in vielem voraus. Vom Hersteller als «The Car of Tomorrow» beworben, besass er bereits Sicherheitsgurte, eine bruchsichere Windschutzscheibe, die bei einem Aufprall nach aussen fiel und somit keinerlei Gefahr für die Insassen darstellte. Ein schönes Feature war das Kurvenlicht durch einen dritten, dem Lenkrad folgenden Scheinwerfer in der Mitte der Fahrzeugfront, das so genannte «Zyklopenauge».
Ausserdem war er mit Scheibenbremsen vorn und hinten ausgestattet, einem im Fahrzeugdach verborgenen Überrollbügel und einem Aufprallschutz an Lenkrad und Armaturenbrett. (Zur Erinnerung: Wir schreiben hier das Jahr 1947!) Für seine Zeit war er auch stark motorisiert und sehr schnell: Mit einem 5,5-Liter-Boxer-Heckmotor mit sechs Zylindern brachte er 168 PS auf die Strasse.
Erstaunlich war auch der für damals hervorragende (und heute noch sehr gute) Cw-Wert von 0,27.
Die Big Three, die grossen amerikanischen Automobilmultis General Motors, Ford und Chrysler, hatten nichts vergleichbar Modernes in ihrem Sortiment. Und dies war auch der Untergang des Tucker 48. Systematisch warf man dem Neuling alles in den Weg. In verleumderischen Kampagnen wurde etwa argumentiert, ein Auto, welches Sicherheitsgurte nötig habe, könne nicht sicher sein. GM-, Ford- oder Chrysler-Händlern wurde mit Preisnachteilen gedroht, falls sie Tucker-Automobile in ihr Sortiment aufzunehmen gedächten.
Der Todesstoss geschah, als Preston Thomas Tucker der Steuerhinterziehung von 30 Millionen US-Dollar angeklagt wurde: Die Finanzbehörden schlossen das Tucker-Werk. Vor Gericht wurde Preston Tucker von allen Vorwürfen freigesprochen. Doch die Produktion konnte nicht wieder aufgenommen werden, zu gross war der finanzielle Schaden. Tucker zog nach Brasilien, wo er am Projekt für einen neuen Sportwagen arbeitete. Bevor er seine Idee umsetzen konnte, erkrankte er an Lungenkrebs und verstarb 1956.
Trotz aller Probleme wurden von Januar 1947 bis Juli 1948 ausser dem Prototyp weitere 50 Fahrzeuge gefertigt. Von den insgesamt 51 Automobilen existieren heute noch 47, von denen 24 in Privatbesitz und 23 in Museen, Ausstellungen oder Sammlungen erhalten sind.
Dieses Exemplar gehört zu einer Handvoll Tuckers, die 1949 noch auf die Lieferung ihrer Kupplung warteten und nach der Fabrikschliessung von den Arbeitern in freiwilliger Arbeit fertig gebaut wurden.
1990 wurde es für 500'000 Dollar nach Japan verkauft. Heute erwartet man das Dreifache. Aber hey, das ist ein Schnäppchen. Vor zwei Jahren wurde ein Tucker vom Auktionshaus Barrett-Jackson für 2,9 Millionen verkauft.