Die Elternzeitinitiative der SP wurde mit 66,5 Prozent Nein- zu 33,5 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt, wie die Berner Staatskanzlei am Sonntag mitteilte. Sie wurde lediglich in sieben Gemeinden angenommen – darunter auch in den Städten Bern und Biel.
Die deutliche Niederlage enttäuscht den Berner SP-Grossrat David Stampfli: «Wir haben heute die historische Chance verpasst, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich zu verbessern.» Damit bleibe der Kanton Bern familienpolitisch in der Steinzeit – die Elternzeit ein Traum gestresster Eltern, die Familie und Beruf kaum unter einen Hut bringen könnten.
Gemäss den Befürworterinnen und Befürwortern, bestehend aus den Parteien der SP, Grüne und EVP sowie verschiedenen Gewerkschaften, hätte die Initiative die Gleichstellung der Geschlechter gefördert. Die Betreuungsarbeit hätte besser auf die beiden Eltern aufgeteilt werden können.
Wie bei anderen Reformen seien auch bei der Elternzeit mehrere Anläufe nötig, schrieb das Pro-Komitee. Die Grossratsmitglieder aus dem Abstimmungskomitee würden sich deshalb dafür einsetzen, dass der Kanton Bern eine Standesinitiative zur Einführung einer Elternzeit auf Bundesebene einreicht.
Die Gegnerinnen und Gegner zeigen sich erfreut über den Ausgang der heutigen Abstimmung zur Elternzeit. Dem Kanton bleibt dadurch grosses Ungemach erspart, wie das Nein-Komitee in einer Mitteilung am Sonntag schrieb.
Laut dem Komitee, zusammengesetzt aus den bürgerlichen Parteien der SVP, FDP, Mitte und EDU sowie aus Wirtschaftsverbänden und der Berner Bauern, goutieren die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Extremforderungen nicht.
Das Nein zur Elternzeit-Initiative zeige, dass die Bevölkerung den Sozialstaat nicht weiter ausbauen wolle, so die Berner SVP-Grossrätin Andrea Gschwend-Pieren. Der Kanton habe kein Geld dafür – für Berner KMUs wäre es zudem kompliziert geworden.
Das Nein-Lager befürchtete negative finanziellen Folgen, einen Berner Alleingang und eine Verschärfung des Fachkräftemangels. Die bürgerlichen Parteien waren der Meinung, dass wenn eine Elternzeitinitiative umgesetzt werden solle, müsse dies auf Bundesebene geschehen.
Die Initiative verlangte die Einführung einer bezahlten 24-wöchigen Elternzeit, die zusätzlich zum eidgenössischen Mutter- und Vaterschaftsurlaub hätte bezogen werden können. Jeder Elternteil hätte je sechs Wochen erhalten, die restlichen zwölf Wochen hätten Mutter und Vater frei unter sich aufteilen können.
Die Gegner der Vorlage überzeugten mit ihren Argumenten eine Mehrheit der Stimmbevölkerung. 211’719 legten ein «Nein» und 106’703 ein «Ja» in die Urne bei einer Stimmbeteiligung von 43,3 Prozent. Auch der Regierungsrat lehnte die Initiative ab.
Stimmbevölkerung lockert SchuldenbremseIn der zweiten Vorlage stimmte die Berner Stimmbevölkerung mit 68,7 Prozent Ja- (211'824) zu 31,3 Prozent Nein-Stimmen (96'535) einer Lockerung der Schuldenbremse zu.
Grundsätzlich dient dieses Instrument dazu, dass der Kanton keine zusätzlichen Schulden bildet und diese abbauen kann. Mit dem Volksentscheid und der Verfassungsänderung darf der Kanton Überschüsse aus den Vorjahren für anstehende Investitionen anrechnen.
(sda/sst)