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Was Mitarbeitende wirklich motiviert – 5 Personen erzählen

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Was Mitarbeitende wirklich motiviert – 5 Personen erzählen

Krampfen bis zum Umfallen, aber am Ende streicht der Büronachbar mit der grossen Klappe die Lorbeeren ein? Fehlende Wertschätzung macht uns auf Dauer krank. Ist sie da, spornt sie zu Höchstleistungen an. Warum Wertschätzung für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz so eine wichtige Rolle spielt – und worauf es ankommt.
20.09.2022, 16:08
Sidonia Küpfer
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Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit der CSS Versicherung.

Im Rahmen dieses Blogs werden verschiedene Aspekte der neuen Studie zum Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung beleuchtet. Die Resultate werden in insgesamt acht Beiträgen in diesem Format behandelt.

Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

Nichts belastet Mitarbeitende so sehr wie fehlende Wertschätzung – das kann sogar zu einem Burnout führen. Dies ist das eindeutige Verdikt aus der aktuellen CSS-Gesundheitsstudie. Wir haben nachgefragt: Was läuft konkret schief? Und was kommt bei den Mitarbeitenden gut an und ist besonders motivierend?

Florian (36)

War früher wissenschaftlicher Assistent und Doktorand. Arbeitet heute als Digital Analytics Consultant.

«Wenn ich meine heutige Festanstellung in einem mittelgrossen Industriebetrieb mit meinen Jahren als Doktorand an der Universität vergleiche, muss ich sagen: In Bezug auf Wertschätzung liegen Welten dazwischen. Von meinem Doktorvater habe ich oft zu hören gekriegt: Wenn du nicht weiterweisst, komm vorbei, wir diskutieren darüber. Doch dann stellte sich jeweils heraus, dass er sich nicht entsprechend vorbereitete. Das hat mich sehr geärgert.

Zwar habe ich durchaus kluge und hilfreiche Rückmeldungen erhalten. Aber die Tatsache, dass er im Vorfeld keine Zeit in meine Arbeit investiert hat, fand ich respektlos. Wertschätzung ist für mich daran geknüpft, vom Gegenüber wahrgenommen zu werden in dem, was ich tue. An meinem heutigen Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft erlebe ich das Gegenteil: Hier wird meine Expertise geschätzt und meine Vorgesetzte gibt mir dadurch das Gefühl, nicht einfach so ersetzbar zu sein.

An der Uni bin ich kaum auf Resonanz gestossen. Im Prinzip geht es bei Wertschätzung in erster Linie um Wahrnehmung und Resonanz und dass man mit seiner Arbeit etwas bewegen kann. Dies ist auch für Menschen wichtig, die sogenannte Fleissarbeiten erledigen. Denn sie legen ja die Grundlage, dass andere überhaupt ihren Job mit spezifischer Expertise machen können.»

Wertschätzung bedeutet letztlich, dass der Mensch hinter der Leistung zur Kenntnis genommen wird. Dass Vorgesetzte überhaupt wissen, womit sich Mitarbeitende beschäftigen und wie sie ihre Arbeit erledigen. Ein wertschätzendes Arbeitsklima ist aber, wie das Beispiel von Florian zeigt, nicht einfach eine Frage, ob Mitarbeitende gelobt werden oder nicht.

Und das Lob hat auch seine Tücken, wie aus den Ausführungen von Ramona deutlich wird.

Ramona (41)

Arbeitet als Freelancerin im Bereich Content-Marketing.

«Meine Situation ist speziell, da ich von extern arbeite und nicht ständig um meine interne Position kämpfen muss. Das bedeutet aber auch, dass ich oft überhaupt kein Feedback auf meine Arbeit erhalte. Das war anfänglich gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile weiss ich: Wenn ich nichts höre, ist das ein gutes Zeichen. Trotzdem sollten sich Festangestellte hinter die Ohren schreiben, dass auch Freelancerinnen und Freelancer gerne wissen, woran sie sind. Wenn ab und zu mal ein Kollege oder eine Kollegin sagt: Hey, dein Beitrag war richtig gut, dann freut mich das und es spornt mich an – vor allem, wenn so eine Aussage von unerwarteter Seite kommt.

Als wertschätzend empfinde ich auch, wenn mir Themenbereiche zugetragen werden, weil der Auftraggeber denkt: Das ist ein Fall für Ramona, die kann das besonders gut! Doch das ist natürlich ein schmaler Grat. Manchmal wird einem auch Honig ums Maul geschmiert, weil eine unliebsame Aufgabe zu vergeben ist. Erkenne den Unterschied ...!»

Lob ist ein zweischneidiges Schwert, denn sein manipulatives Potenzial ist offensichtlich. Führungskräfte sind generell gut beraten, Lob nur dosiert einzusetzen, sonst wirkt es auf die Mitarbeitenden wie eine Droge, die nach immer höherer Dosis verlangt. Bleibt das Lob in so einem Umfeld aus, ist Unzufriedenheit vorprogrammiert.

Hinzu kommt: Wertschätzung ist eben bedeutend komplexer, als einfach zu loben. So kann auch Kritik eine Form der Wertschätzung sein. Oder die Tatsache, dass man seinem Chef, seiner Chefin vertrauen kann. Eines der grössten Missverständnisse rund um das Thema der Wertschätzung ist in der Tat der Glaube, es gehe lediglich um Lob und Anerkennung. Dabei zeigt sich oft erst in kritischen Situationen, wie es tatsächlich um die wertschätzende Haltung im Betrieb steht.

Christoph (53)

Arbeitet als Projektmanager in der IT-Industrie.

«Ich habe immer wieder mit schwierigen Kunden zu tun. Sie ändern zum Beispiel in letzter Minute die Spielregeln, obwohl wir mit dem gewünschten Produkt kurz vor der Lancierung stehen. Gehen wir auf Spezialwünsche ein, obwohl wir davon abraten, und entpuppt sich das als Fehler, wird am Ende dann doch uns die Schuld in die Schuhe geschoben.

Wertschätzung bedeutet für mich deshalb auch, dass mir mein Chef im Ernstfall Rückendeckung gibt. Dass er für mich einsteht, wenn irgendjemand einen Angriff startet und im schlimmsten Fall sogar mit dem Anwalt droht oder sich anderweitig aggressiv aufführt. Das verleiht mir Sicherheit und davon profitiert am Ende auch der Auftraggeber, da ich mich ihm gegenüber nicht scheue, für die aus Expertensicht bestmögliche Lösung einzustehen, statt immer klein beizugeben.

Für sachliche, gerechtfertigte Kritik übrigens sind meine Ohren jederzeit offen. Genau genommen ist Kritik genauso wertschätzend wie ehrlich gemeintes Lob, bedeutet dies doch, dass sich jemand mit meiner Arbeit auseinandergesetzt hat.»

Gerade in Dienstleistungsberufen ist Wertschätzung nie nur eine Frage des Teamspirits oder wie der Chef, die Chefin agiert. Sondern wie man von den Kundinnen und Kunden behandelt wird.

Hannah (26)

Arbeitet als Hunde-Coiffeuse.

«Wir sind ein ganz kleines Team. Neben meiner Chefin arbeite ich nur noch mit jemandem zusammen, der kurz vor der Pensionierung steht. Für mich ist das eine Konstellation nach Wunsch: Der Umgang untereinander ist sehr wertschätzend. Wir sind füreinander da, sehen uns nicht als Konkurrenz und teilen sogar das Trinkgeld untereinander auf.

Für uns als Dienstleister ist natürlich auch entscheidend, wie uns die Kundinnen und Kunden begegnen. In meinen Anfängen hatte ich mal mit einer Kundin zu tun, die das lebende Klischee einer älteren, noblen und sehr hochnäsigen Dame mit Schosshündchen war. Sie hat mich total von oben herab behandelt und da ich noch sehr jung und unerfahren war, hat mich das total verunsichert. Solche Begegnungen sind zum Glück die Ausnahme. Da viele regelmässig bei uns vorbeischauen, sind sogar Freundschaften entstanden. So macht mir die Arbeit umso mehr Freude.

Als ausgebildete Tierpflegerin habe ich das Glück, meine Tierliebe auch im Beruf ausleben zu können. Ich behaupte sogar, weniger auf Anerkennung und Wertschätzung angewiesen zu sein, weil ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte.»

Der letzte Satz täuscht. Gerade dort, wo Mitarbeitende mit einem inneren Feuer bei der Sache sind, geht es langfristig betrachtet nicht ohne Anerkennung. Wer auf Dauer nur Forderungen gegenübersteht und nicht auch mal Anerkennung erfährt, dem geht früher oder später die Puste aus. Besonders demotivierend sind Situationen, in denen jemand anders Anerkennung erfährt, obwohl er oder sie nichts dazu beigetragen hat und sich stattdessen mit fremden Federn schmückt.

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Eigentlich legen Umfragen schon seit Jahrzehnten nahe, wie zentral die Rolle von Wertschätzung für die Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft ist. Warum hat sich diese Erkenntnis noch nicht in der Arbeitswelt durchgesetzt? Unter anderem, weil noch immer der irrige Glaube vorherrscht, Mitarbeitende seien mit hohen Löhnen und Boni zu ködern. Allzu oft glauben Vorgesetzte sogar, dass der Lohn, der jeden Monat pünktlich aufs Konto fliesst, Anerkennung genug ist, oder dass der jährliche Bonus Motivationsschübe auslöst. Doch die finanzielle Anerkennung ist weniger wichtig für die Gesamtzufriedenheit als die soziale Anerkennung. Der Grund liegt auf der Hand: Wo der Lohn die Grundbedürfnisse abdecken kann und nicht zur Frage des Überlebens wird, gewinnen andere Werte an Bedeutung.

Hinzu kommt, dass Stress und Überlastung eher zu- als abnehmen. Das gilt gerade auch für Führungskräfte. So manche Vorgesetzte sind vor lauter Meetings und unzähligen Verpflichtungen nicht im Bild, was ihre Mitarbeitenden leisten. In vielen Firmen mangelt es letztlich an einer Feedback-Kultur: Angestellte erfahren Tadel nur noch durch eine Entlassung oder anerkennende Gesten durch die Überweisung eines Bonus.

Bei all den Diskussionen um Wertschätzung, Anerkennung, Lob und Boni sollten die Jüngsten in der Arbeitswelt nicht vergessen gehen: die Lernenden, die sich immer wieder mit Langeweile und Unterforderung herumschlagen müssen, wenn sie nicht richtig betreut werden.

Leandro (17)

Absolviert eine KV-Lehre in einer Speditionsfirma.

«Ich bin eher frustriert und habe mich schon gefragt, ob ich die Lehre abbrechen soll und ob ich in einem handwerklichen Beruf nicht besser aufgehoben wäre. Ich fühle mich oft alleine gelassen und zähle die Stunden, bis ich mich wieder auf den Nachhauseweg machen kann. Die Arbeit im Büro ist sicher nicht prinzipiell langweilig, das sehe ich ja direkt bei meinen erfahrenen Kollegen, die im selben Büro arbeiten. Aber als Lernender wird mir einfach zu wenig zugetraut. Mein Betreuer hat eigentlich nie Zeit und viele meiner Tätigkeiten sind monoton und langweilig – das geht bis hin zu Papier falzen.

Vielleicht liegt es auch an der Grösse des Betriebs: Zu wenig Leute müssen zu viel machen. Aber umso mehr staune ich, dass ich zum Nichtstun gezwungen bin. Abends fühle ich mich trotzdem oft leer und erschöpft. Ich glaube deshalb, dass es ein Grundbedürfnis ist, etwas Sinnvolles zu tun und dafür auch Wertschätzung zu erfahren. Immerhin gibt mir die Schule viel Abwechslung.

Ich ziehe das jetzt durch, denn von meinen Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls eine KV-Lehre absolvieren, höre ich auch viel Positives. Und über einen Abschluss zu verfügen, ist mir immer noch lieber, als jetzt wieder ganz von vorne anfangen zu müssen.»

Fazit: Ob jung oder alt, ob festangestellt oder Freelancer, ob erfahren oder noch in der Lehre – sie alle eint der Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun und dafür auch Wertschätzung zu erfahren.

Der erste Teil zum Thema Wertschätzung:

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