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Experte: So könnte die Schweizer Nationalbank Trump unter Druck setzen

Experte mit neuem Vorschlag: So könnte die Nationalbank Donald Trump unter Druck setzen

Muss die Schweiz wirklich hilflos zuschauen, wie Donald Trump 39 Prozent Strafzoll gegen sie verordnet? Nein, sagen ein Ökonom mit Insiderwissen zur Nationalbank und ein Nationalrat. Ihre Rezepte.
18.08.2025, 08:0018.08.2025, 08:00
Othmar von Matt / ch media
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Er stellt zwei zentrale Fragen zu Donald Trumps Strafzöllen von 39 Prozent gegenüber der Schweiz. Und er gibt glasklare Antworten.

Trump branded gold coloured bullion fridge magnets are seen for sale at the recently opened Trump merchandise store at Trump Turnberry golf club in Turnberry, Scotland, Monday, July 28, 2025. (Christo ...
Gold ist für Donald Trump persönlich wichtig.Bild: keystone

Erste Frage: «Haben wir noch Vertrauen in US-Staatsanleihen – wenn wir die selbstzerstörerische Wirtschafts- und Schuldenpolitik von Donald Trump sehen?» Seine Antwort: «Nein.»

Zweite Frage: «Haben wir Vertrauen in Gold?» Zweite Antwort: «Ja.»

Für Adriel Jost ist damit klar, was die Schweiz tun muss: «Die Nationalbank sollte Staatsanleihen stark verschuldeter Staaten wie der USA verkaufen und Gold kaufen.» Jost weiss, wovon er spricht. Er kennt das Geschäft aus dem Innersten der Nationalbank heraus. Er war früher Berater des Vizepräsidenten des Nationalbank-Direktoriums und auch Chefökonom bei Wellershoff & Partners. Heute ist Jost Berater, Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik der Uni Luzern, Lehrbeauftragter der Uni St.Gallen (HSG) und Präsident der Denkfabrik Liberethica.

Ökonom Jost schlägt ein dreistufiges Vorgehen vor:

1. Die Schweiz verbietet den Goldexport in die USA

Als ersten Schritt soll die Schweiz den Goldexport in die USA verbieten, wie Jost sagt. Das komme der Idee eines Zolls von 39 Prozent für den Export von Schweizer Gold in die USA sehr nahe, wie ihn Swatch-Chef Nick Hayek im «Blick» forderte. «39 Prozent Zoll entsprechen faktisch einem Exportverbot in die USA.» Dass Trump auf Schweizer Gold keine US-Zölle erhebt, zeigt Hayek: «Das ist seine Achillesferse!» Ähnliches glaubt auch Adriel Jost.

Adriel Jost
Adriel Jost ist unter anderem Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik der Uni Luzern.Bild: iwp.swiss

2. Die Nationalbank verkauft Staatsanleihen der USA

Der zweite Schritt betrifft die Staatsanleihen – in erster Linie natürlich jene der USA. Jost formuliert den Weg so: «Die Schweizer Nationalbank verkauft Staatsanleihen stark überschuldeter Staaten wie der USA.» Heute hält die Schweiz in etwa 300 Milliarden an langfristigen US-Staatsanleihen. Zwei Drittel davon, also rund 200 Milliarden, würden der Nationalbank gehören, sagt Jost. Insgesamt hielten Schweizer Institutionen und Unternehmen laut US-Finanzministerium Ende Juni 2024 1194 Milliarden Dollar an US-Wertpapieren. Damit liegt die Schweiz an achter Stelle, nur knapp hinter China. Platz eins belegt Grossbritannien mit 2946 Milliarden.

3. Die Schweiz kauft in den USA Gold ein

Damit folgt Schritt drei: Die Nationalbank lässt mit dem Geld der veräusserten Anleihen Gold kaufen. «Und zwar lässt sie dieses Gold nach Möglichkeit in den USA kaufen», betont er.  «Und sie lässt die Ein-Kilogramm-Barren in den Schweizer Raffinerien in 400-Unzen-Barren umwandeln.» Damit wäre das US-Gold exporttauglich für Grossbritannien. In den USA sind kleinere Goldbarren à einem Kilogramm gefragt.

Schweizer Goldraffinerien spielen bei Transaktionen aus den USA nach Grossbritannien und umgekehrt eine zentrale Rolle: Sie sorgen dafür, dass die Goldbarren in das gängige Format umgeschmolzen werden. Wie wichtig die Raffinieren sind, zeigt der Besuch des britischen Aussenministers David Lammy am Donnerstag in der Tessiner Goldraffinerie Argor-Heraeus.

Das sind die Folgen dieser drei Schritte

Mit diesen drei Schritten erreiche die Schweiz mit Sicherheit zumindest eines, sagt Ökonom Jost: «Der Güterhandelsüberschuss mit den USA sinkt schlagartig.» Er glaubt aber an weitere Folgen. Die USA dürften damit «schnell negative Auswirkungen» spüren, wie die Turbulenzen um den ursprünglich angekündigten Zoll von 39 Prozent auf Gold aus der Schweiz gezeigt habe. Jost glaubt: «Das könnte Präsident Trump möglicherweise zu mehr Verhandlungsbereitschaft veranlassen.»

Ökonom Jost hatte bereits zu Zeiten von Joe Biden als US-Präsident kritisiert, dass die Nationalbank ihre Währungsreserven lieber in stark überschuldete Staaten investiere statt in Gold. «Als wahrer Grund, warum die Nationalbank kein Gold kauft, ist zu vermuten, dass sie ihren ausländischen Kolleginnen und Kollegen nicht auf die Füsse treten will», hielt er im September 2024 im Wirtschaftsmagazin «Bilanz» fest. Und: «Goldkäufe wären aber eine kaum verhohlene Kritik an der Leistung anderer Länder, es wäre ein klares Misstrauensvotum der Nationalbank gegenüber deren Währungen.»

«Unsere Anleihen sind ein Signal, wem wir vertrauen»

Auch EVP-Nationalrat und Freihandelsspezialist Nik Gugger sieht die Vertrauensfrage als zentralen Punkt. Die Schweiz solle ein Zeichen setzen gegen Donald Trump und die US-Finanztitel infrage stellen, rät er. Die Nationalbank solle dafür ihre Portfolioallokation öffentlichkeitswirksam «prüfen» – oder sie schrittweise auf Gold umschichten, sagt Gugger.

CAPTION ADDITION: FUNKTION AN DEN SWISS CYBER SECURITY DAYS - Niklaus Nik Gugger, Nationalrat EVP-ZH und Praesident der Swiss Cyber Security Days, spricht bei den Swiss Cyber Security Days, am Diensta ...
EVP-Nationalrat Nik Gugger.Bild: keystone

Das wirke subtil, sei aber trotzdem ein starkes Signal an die Märkte. «Wer schweigt, wenn Märkte aus dem Gleichgewicht geraten, darf sich nicht wundern, wenn er vom Sturm erfasst wird», betont Gugger – und fügt hinzu: «Ein Zeichen zu setzen heisst, die eigene Handlungsfähigkeit zu wahren.» Und Gugger meint weiter: «Unsere Anleihen sind mehr als Geld – sie sind auch ein Signal, wem wir vertrauen.»

Weshalb Gold für Donald Trump so wichtig ist

Gold scheint für Donald Trump psychologisch eine wichtige Rolle zu spielen. Das zeigt sich alleine schon daran, dass er im Weissen einen Ballsaal in Weiss und Gold bauen lassen will. «Gold hat für Donald Trump offensichtlich einen höheren Wert als andere Schweizer Exportgüter», sagt Ökonom Jost. «Er scheint zu Gold einen sehr persönlichen Bezug zu haben.» Vor allem reagiere Trump sehr schnell auf alles, was mit Gold zu tun habe.

Der US-Präsident reagiere auf Turbulenzen an den Finanzmärkten. Und solche Turbulenzen gebe es an den Futures-Märkten zu Gold in den USA, ist Jost überzeugt, «wenn die Schweiz den Goldexport verbietet.» (aargauerzeitung.ch)

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178 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Acai
18.08.2025 08:20registriert März 2017
Auf jeden Fall aus den US-Staatsanleihen aussteigen. Den letzten beissen die Hunde…
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Lohner
18.08.2025 08:37registriert August 2025
Alles womit die Schweiz den Trumpel unter Druck setzen kann, ist gut. Es ist sogar sehr gut.
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Geri Gagarin
18.08.2025 08:50registriert Februar 2023
Das mit dem Zöllen auf Gold in die USA ist Glas klar und man sollte dies Sofort umsetzen. Schliesslich ist ja genau das was Trump will, verringern des Handelsdefizit also machen wir das doch. Und das Gold weiterhin Zollfrei ist, zeigt das die USA dieses Gold irgendwie braucht.

Das mit den Staatsanleihen ist genau so Klever, weil das Kaufen von Gold in der USA und das Umschmelzen den Raffinerien das wegfallende USA Geschäft ersetze.

Aber unser Bundesrat wird sicher weiterhin abwarten und beurteilen.
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