Auch die launigste Arbeitgeberin hat sich zwar an Kündigungs- und Sperrfristen sowie an das Gleichstellungsgesetz zu halten, kann dich aber im Übrigen entlassen, wenn sie gerade Lust dazu hat. Sie darf auch die Altersguillotine einsetzen. Nur wenn du einem GAV unterstellt bist oder einen öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrag hast, bist du allenfalls vor altersdiskriminierenden Kündigungen geschützt.
Allen anderen hilft auch die Bundesverfassung mit ihrem im Rechtsgleichheitsgebot versteckten Diskriminierungsverbot hier nicht gross weiter. Denn dieses ist laut Bundesgericht sehr relativ. Es hat «rechtlich die Bedeutung, dass ungleiche Behandlungen einer besonders qualifizierten Begründungspflicht unterstehen». Will heissen: Eine Kündigung wegen des Alters ist erlaubt, solange die Arbeitgeberin diese gut begründet. Und weiter: Das Verbot der Altersdiskriminierung ist anderer Natur als etwa das Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts oder der Religion, denn «es knüpft nicht an eine historisch schlechter gestellte oder politisch ausgegrenzte Gruppe an». Will heissen: Wir werden, mit etwas Glück, alle mal alt, was eine Diskriminierung begriffstechnisch weitgehend ausschliesst.
Selbst dem Bundesgericht ging es aber zu weit, als eine Arbeitgeberin einen Heizungsmonteur nach 44 Dienstjahren, ein Jahr vor dessen geplanten Pensionierung, ohne Vorwarnung entliess. Das höchste Gericht erinnerte die Arbeitgeberin daran, dass «die jahrzehntelange Treue» des Heizungsmonteurs die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht erhöhe. Falls denn die Kündigung überhaupt gerechtfertigt gewesen sein sollte, hätte sie den Monteur mindestens vorwarnen müssen. Unter dem Strich taxierte das Bundesgericht das Verhalten des Unternehmens als «krass vertragswidrig», damit missbräuchlich und unzulässig. Es verdonnerte die Arbeitgeberin zur Zahlung von sechs Monatslöhnen, das Maximum, welches das Obligationenrecht zulässt. Auch ein Koch, der nach 30 Anstellungsjahren, 11 Monate vor der Pensionierung, die Kündigung erhalten hatte, zog seinen Fall bis vor das Bundesgericht und holte so 4½ Monatslöhne raus.
Bevor du dir aber nun zu viele Hoffnungen machst: Das Bundesgericht betont regelmässig, dass es hier um «aussergewöhnliche, gar extreme Fälle» handelt und die Kündigungsfreiheit es erlaube, dass eine Arbeitgeberin auch einen langjährigen Arbeitnehmer kurz vor seiner Pensionierung entlassen dürfe. Sie solle dabei aber «schonend» vorgehen, ihn also darauf vorbereiten und «eine sozialverträglichere Alternative» prüfen.
Bist du nun auf Stellensuche, wirst du allenfalls auf Stelleninserate mit bereits deklarierten Alterslimiten stossen. Diese verletzen die Bundesverfassung ebenfalls nicht. Anders als in der EU schützt dich in der Schweiz auch kein eindeutiger Gesetzesartikel vor einer altersbedingten Anstellungsdiskriminierung.
Allenfalls bleibt dir dann nur noch der Gang zur Arbeitslosenversicherung. Hast du bereits das 55. Altersjahr zurückgelegt und kannst eine Beitragszeit von mindestens 22 Monaten nachweisen, erhältst du anstelle der üblichen maximal 400 Taggelder deren 520. Stehst du 4 oder weniger Jahre vor dem ordentlichen AHV-Rentenalter, steigt die Höchstzahl der Taggelder um weitere 120 auf 640. Bist du älter als 50 Jahre alt, kannst du bis zu 12 Monate an einer arbeitsmarktlichen Massnahme teilnehmen, welche die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben erleichtern soll. Wie der Bundesrat auf eine Anfrage aus dem Parlament schreibt, sind die älteren Arbeitnehmer in diesen Massnahmen prozentual am stärksten vertreten.
Bundesverfassung und OR helfen dir im Alter nicht. Aber immerhin bietet dir die Arbeitslosenversicherung einen bunten Strauss an Optionen.