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Edvin Uncorked
Liebe Weinfreunde und Weinfreundinnen
Ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster, um euch keine Weine, sondern eher weinartige Getränke vorzustellen. Es herrscht nämlich wahnsinnig viel Verwirrung um Likörweine wie Sherry und Port...und um den Weinbrand Grappa. Man weiss wenig darüber, da sie halt nicht gerade täglich getrunken werden. Höchste Zeit, dies zu ändern? Ich rate: Nämed's easy.
Hier die gröbsten Unterschiede:
- Portwein: Ein süsser, roter, mit Alkohol angereicherter (19 - 22%) Wein aus Portugal.
- Sherry: Ein trockener bis süsser Weisswein mit höherem Alkoholgehalt (16 - 18% Alk.) aus Andalusien
- Grappa: Ein trockener, durchsichtiger Tresterbrand aus Trauben mit italienischem Ursprung und hohem Volumenprozent Alkohol (35 - 60%)
Definitionen: Brand und Likörwein
Es geht hier nicht um den Nachbrand
Likörwein: Bsp. Sherry, Port, Marsala, Madeira: Wein, der während der alkoholischen Fermentation mit Alkohol (Ethylalkohol) angereichert wird. Diese sind auch als «verstärkte Weine» oder «aufgespritete Weine» bekannt. Der Alkoholgehalt ist dementsprechend höher als bei «normalen» Weinen: 15-22% Vol. Auch weisen sie häufig eine hohe Restsüsse auf.
Weinbrand: Bsp. Grappa, Brandy: Weinbrände/ Branntweine sind Spirituosen, die mit oder ohne Zusatz von Weindestillat gewonnen werden. Der Alkoholgehalt des ursprünglichen Weindestillats befindet sich zwischen 52 und 86% Vol. Alkohol. Der Mindestalkoholgehalt muss 36 % Vol. betragen.
But now let's get down and dirty.
Portwein – der süssliche Likörwein aus Portugal
Portwein ist der Alleskönner schlechthin. Dank seinem etwas höheren Alkoholgehalt peppt der weisse, erfrischende Port jeden Aperitif auf. Der Ruby Port kommt beim Dessert zum Zuge und der Tawny Port gilt als der Digestif par excellence.
- Ursprung/ Anbauregion: Trauben vom Dourogebiet in Portugal (die Hafenstadt Porto diente ursprünglich als Handelszentrum und dem Transport sowie Vertrieb von Portwein, deswegen der Name «Port»)
- Premium Port: Tawny Port mit mind. 30 Jahren Fasslagerung auf dem Rücken oder ein Vintage Ruby Port (wird nur in Spitzenjahren produziert und ist am besten nach ca. 20-40 Jahren Flaschenreifung nach dem super Erntejahr)
- Stil: Es gibt weisse (unterschiedliche Süssegrade), rote (trinkreifer Ruby Port in der Flasche gereift & nussiger Tawny Port im Fass gereift) und leichte, fruchtige, rosé Sherries
- Trauben für weissen Portwein: Vor allem Malvasia Fina, Codega und Rabigato und dutzende weitere
- Trauben für roten Portwein: Touriga Nacional (VIP Portweinrebsorte), Tinta Barroca, Touriga Francesca, Tinta Roriz, Tinta Amarela und Tinto Cão und dutzende weitere
- Verwendung/ Einsatz: Aperitif für die Mutigen unter euch (die Spanier geniessen es als Aperitif) oder als Dessert, da er sehr üppig sein kann
- Aromen: Himbeere, Blaubeere, Karamell, Zimt, Schokolade
- Servier To-Do's: 1 dl in ein kleines Weinglas; weisser und rosé Portwein bei ca. 8°C, Ruby und Tawny Portwein bei Zimmertemperatur
- Food-Pairings: Weisser Portwein als Apéro mit Eis und einer Zitronenscheibe, Ruby Portwein zu Schoggidesserts, Nüssen und Käse, Tawny-Port als Verriesserli (Digestif) nach der ganzen Fressorgie
- Kochen: Wird liebend gerne für Schoggikuchen oder klebrige Schokoladensaucen benutzt. Kann auch als Alternative zu Rohrzucker und Ahornsirup eingesetzt werden. Oft wird es zur Reduktion von dicken Saucen verwendet. Ich empfehle Ruby Portwein zum Kochen.
Herstellungsmethode
Portwein
Nach der Ernte der obengenannten Trauben wird der Most in Wein vergoren (
alkoholische Fermentation). Der Port, wie auch Sherry, wird während dieser Gärung mit hochprozentigem Alkohol aufgespritet. Dies nennt man Fortifizierung. Das Aufspriten ist ein wichtiger Produktionsschritt. Durch das Hinzufügen von Weindestillat von ca. 77% Alkohol wird die Fermentation gestoppt. Dieser Unterbruch sorgt wiederum dafür, dass sich nicht der ganze Zucker in Alkohol verwandeln kann und somit bleibt eine gewisse Süsse im Portwein bestehen. Der Portwein reift schliesslich mindestens zwei bis höchstens sechs Jahre lang im Holzfass.
Grappa – der Hochprozentige mit italienischem Ursprung
Grappa polarisiert wie Koriander. Man liebt es zu allem oder kotzt fast deswegen. Entweder, man nippt daran wie an einem heiligen Gral oder man kippt es unauffällig hinter dem Hals weg.
Grappa ist als Weinbrand in der Schweiz sehr wichtig. Als Digestif kommt er fast immer in Frage.
Grappa ist ein delikat duftender Weinbrand/Tresterbrand auf Traubenbasis mit italienischem Ursprung. Der Alkohol beim Grappa liegt zwischen 35 und 60% Volumenprozent, welche aus den vergorenen, alkoholhaltigen Pressrückständen der Weinherstellung destilliert werden. Allerdings dürfen nur im italienischsprachigen Teil der Schweiz sowie in Italien produzierte Trester-Destillate als Grappa bezeichnet werden.
- Ursprung/ Anbauregion: Den Ursprung hat Grappa in Norditalien. Heute wird er auch in der Schweiz hergestellt.
- Premium Schnaps: Grappa ist viel strenger reglementiert als andere Schnäpse.
- Stil: Trocken (nicht süss) aus verschiedenen Trauben. Je nach Kraft der Traubenschale ist auch der Grappa aromatischer.
- Trauben: Brachetto, Merlot, Gewürztraminer, Moscato, Nebbiolo, Sauvignon Blanc, Pinot Noir und Chardonnay. Meistens besteht Grappa aus einem Gemisch dieser gepressten Trauben, selten reinsortig.
- Verwendung/Einsatz: Digestif
- Aromen: Aromaintensiv, da die verwendeten Traubenschalen gepresst und konzentriert sind; Bei den Aromen kommt es immer auf die Traubenzusammenstellung an
- Servier To-Do's: 1 dl in ein kleines Weinglas; bei Zimmertemperatur oder wenn gewünscht bei 15°-18°C
- Food-Pairings: Fondue (Brotstückchen in Grappa, dann in den Käse)
Herstellungsmethode
Grappa
Grappa entsteht, indem man die vergorenen, alkoholhaltigen Pressrückstände aus der «normalen» Weinherstellung destilliert (wie einen Schnaps). Zuerst macht man also Rotwein, trennt nach der Fermentation/Maischestandzeit die Traubenschalen und Kerne vom Wein (Pressrückstände bzw. Trester genannt) und destilliert diese. Allerdings dürfen nur im Tessin sowie in Italien produzierte Trester-Destillate als Grappa bezeichnet werden. Tresterspirituosen, die nicht aus diesen Regionen kommen, nennt man in der Schweiz Aquavite di vinaccia oder in Deutschland Tresterbrand. In Frankreich würde man diesem Weinbrand «Marc» sagen. Vor dem Abfüllen muss Grappa mindestens ein halbes Jahr im Fass lagern und der Mindestalkoholgehalt beträgt 37,5% Vol.
Sherry – der Tausendsassa-Likörwein aus Andalusien
Sherry ist bekannt für seinen oxidativen Geschmack. Das riecht dann nach Hefe, Mandeln und Nüssen. Ein sogenannter in Schnaps aufgelöster Nussgipfel.
- Ursprung/ Anbauregion: Nur Liköre die aus dem andalusischen Gebiet Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María stammen, dürfen «Sherry» genannt werden.
- Premium Sherry: Sherry ist viel strenger reglementiert als andere Schnäpse.
- Stil: Trockene Sherrys sind Fino, Manzanilla (etwas würziger als der Fino), Amontillado (nussig), Oloroso (sehr füllig, voluminös). Mittelsüsse/halbtrockene Sherrys heissen Medium und Golden. Süsse Sherrys nennt man Cream (dunkel, extrem süss), Pedro Ximenez (rebsortenrein aus getrockneten Pedro Ximenez Trauben) und Pale Cream (die kleinste Zuckerbombe)
- Trauben: Palomino Fino für den Grundwein. Zum Aufsüssen von Mediums und Creams dient die weisse Traubensorte Pedro Ximénez. Auch gibt es einen reinsortigen Pedro Ximénez Sherry, der sehr süss und allgemein einer der bekanntesten Sherrys ist
- Verwendung/Einsatz: Digestif
- Aromen: Konservierte Zitrone, Salzig, Paranuss und Mandel
- Servier To-Do's: Fino, Manzanilla und Pale Cream bei 7°C und Amontillado, Oloroso, Palo Cortado, Cream, Pedro Ximenez bei 15°C
- Food-Pairings: Trockene Sherrys passen zu fast allem inkl. Oliven, Ramen, Thunfisch, Muscheln, Nüssen, Serrano Schinken (super abstrakte, aber effektiv von mir getestete Empfehlungen :-)
Pedro Ximenez ist übrigens der ultimative Partner für scharfe Gerichte und dunkle Schokolade.
Herstellungsmethode
Sherry
Jeder Sherry wird aus der Palomino-Traube hergestellt. Am Anfang wird jeder Sherry trocken ausgebaut (keine Restsüsse). Nach der Fermentation wird dem Wein Branntwein zugesetzt. Der Wein wird so von ca. 11 bis 13,5% Alkoholvolumen auf 15,5% aufgespritet. Danach reift der Sherry in in zu ca. vier Fünfteln gefüllten (meist 600-Liter-)Fässern an der Luft. Dies führt dazu, dass sich auf dem jungen Wein eine Florhefe (schaumartige Hefeschicht) bildet, die den Wein vor Oxidation schützt und den Zucker des Weines am Ende fast vollständig vergärt. Diesen Ausbau nennt man reduktive Reifung und wird für Fino, Manzanilla und Amontillado Sherry eingesetzt. Die Oloroso-Sherrys reifen hingegen oxidativ, also ohne Florhefe und werden auf etwa 17% Alkohol aufgespritet, um die Florhefe abzutöten. Diese Art Sherry hat mehr Alkohol, weist aber auch komplexere Aromen auf. Der Kellermeister bestimmt, ob ein Wein zum Fino oder Oloroso wird. Alle Sherry-Weine durchlaufen ein einzigartiges, meiner Meinung nach total gestörtes Reifesystem, das sogenannte Solera-System. Dabei handelt es sich um ein dynamisches System aus dutzenden Fässern, bei dem die Weine aus verschiedenen Phasen des Reifeprozesses miteinander vermischt werden. Das bedeutet auch, dass Sherry-Weine nicht jahrgangsdatiert sind, sondern aus einer Kombination von vielen verschiedenen Jahrgängen stammen.
So, ich habe fertig. Flasche leer.
Cheers, eure Edvin
Diese 33 Bilder zeigen: Glaube nie, was auf der Verpackung steht
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Diese Bilder zeigen: Traue nie der Verpackung!
Wir hören schon das Kind weinen. Bild: Imgur Corona-Lockdown: «F*ck dein Bananenbrot! Und dein Sch**sspuzzle!»
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