Donald Trump beherrscht seit Monaten die Schlagzeilen. Ein Satz auf Twitter, und die Welt stöhnt. Wir erwachen jeden Morgen und hoffen, dass uns die Welt nicht um die Ohren fliegt.
Doch für einmal lässt uns der Twitter-Man mit der Schmachtlocke hoffen. Hoffen, dass er endlich mal eine gute Tat vollbringt. Die Aktien dafür scheinen gar nicht so schlecht.
Es geht – man höre und staune – um Scientology. Der oberste Amerikaner macht sich offenbar Gedanken darüber, ob er die Steuerbefreiung der Sekte aufheben soll. Das wäre endlich einmal eine gute Nachricht aus dem weissen Haus.
Diese News verbreitete die Huffington Post, die sich auf die einflussreiche Beamtin Lynne Patton stützt, die der Familie Trump seit Jahren eng verbunden ist. Patton steckte die Nachricht ihrer befreundeten Schauspielerin und Produzentin Leah Remini. Das ist brisant, denn Remini war 30 Jahre lang ein Superpromi der Sekte und spendete den Hubbard-Kolonnen mehrere Millionen Dollar.
Ihre Zweifel über die Absichten der Sekte begannen, als ihre Freundin Michele Miscavige, Ehefrau des Hubbard-Nachfolgers David Miscavige, von der Bildfläche verschwand. Alle Versuche, mit ihr Kontakt aufzunehmen, verliefen im Sand.
Remini befürchtete, Shelly sei abserviert oder gar ins berüchtigte sekteneigene «Gefangenenlager» RPF verbannt worden. Deshalb gab die Schauspielerin 2013 bei der Polizei eine Vermisstenanzeige auf. Der Sektenboss war darob nicht amused, er schäumte. Das war das Ende von Reminis Sektenkarriere.
Miscavige hatte die Rechnung aber ohne die temperamentvolle und furchtlos Schauspielerin gemacht. Diese schrieb das Enthüllungsbuch «Troublemaker: Wie ich Hollywood und Scientology überlebte». Darin rechnete sie gnadenlos mit der Sekte ab.
Der Imageschaden für Scientology war gross. Nun könnte Remini eine wichtige Rolle spielen, dass die milliardenschwere Sekte die Steuerbefreiung verliert und schwer zur Kasse gebeten wird.
Der Weg dorthin wäre allerdings lang und steinig. Scientology würde eine Armada von Anwälten in Bewegung setzen und Millionen von Dollar aufwerfen, um das Steuergespenst zu verscheuchen. Darin hat die Sekte viel Erfahrung, wie die Vergangenheit zeigt.
Der Krieg zwischen Scientology und den Behörden begann bereits Mitte der 1970er Jahre. Scientologische Maulwürfe brachen bei den Steuerbehörden ein und entwendeten Dokumente.
Am 8. Mai 1977 holte das FBI zum Gegenschlag aus und führte in drei Scientology-Zentralen Razzien mit 134 Polizisten durch. Am 26. Oktober 1979 wurden neun hohe Funktionäre der Sekte wegen Diebstahl und Verschwörung gegen die Regierung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Unter ihnen Mary Sue Hubbard, die dritte Ehefrau des Sektengründers. Das Bundesgericht brummte ihr fünf Jahre auf.
Der «Krieg» (Originalton Scientology) gegen amerikanische Steuerbeamte dauerte rund 20 Jahre lang. Die Sekte engagierte Privatdetektive, die Steuerbeamte ausspionierten. Ausserdem suchte sie via Inserate Personen und Firmen, die negative Erfahrungen mit der Steuerbehörde IRS gemacht hatten.
Anschliessend stellte Scientology in grossen Zeitungsanzeigen hohe Behördenmitglieder öffentlich an den Pranger und reichte 2500 Strafanzeigen ein, um die Beamten zu zermürben. «Die Namen der Kriminellen innerhalb des IRS öffentlich bekannt zu machen, hatte die gewünschte Wirkung», schrieb die Sekte in einem Bericht.
1993 verkündete Scientology-Boss David Miscavige an einer bombastischen Siegesfeier: «Wir können uns jetzt völlig dem wahren Krieg widmen.» Die Schlacht gegen die Steuerbehörden hatte er gewonnen.
Der Preis war allerdings hoch. Die Sekte und ihre Anhänger zogen die Klagen zurück und zahlten den Behörden 12,5 Millionen Dollar, wie die Zeitung «Wall Street Journal» schrieb. Mit der Steuerbefreiung ging die Rechnung für Scientology trotzdem auf.
Ob Trump wirklich den Mut hat, den nächsten Steuerkrieg gegen Scientology zu wagen, wird sich zeigen. Zweifel sind angebracht, denn dieser «Krieg» würde lang und schmutzig. Schliesslich hat sich Trump bisher nicht durch Geduld und Beharrlichkeit ausgezeichnet. Vielleicht entdeckt der amerikanische Präsident auch, dass er und Hubbard eineiige Zwilling sind – zumindest was Narzissmus betrifft.
http://www.latimes.com/opinion/op-ed/la-oe-kirchick-scientology-exemption-20171116-story.html
Prägnant und auf den Punkt gebracht ist der Schlusssatz des Artikels:
"Like big tobacco, Scientology is peddling a dangerous product hazardous to public health. It should be taxed as such."