Wir hatten ihn im Spätsommer des letzten Jahres bei seiner statischen Premiere entdeckt, jetzt fährt er auf der Strasse. Der neue Renault Scenic setzt die 1996 begonnene Reihe fort und stellt sich ausschliesslich auf Elektronen um. Seine Mission? Ein einzigartiges Elektrofahrzeug für Familien zu schaffen, das sowohl im Alltag als auch auf längeren Reisen komfortabel und vielseitig einsetzbar ist.
Dabei muss er sich in einem ziemlich stark besetzten Segment behaupten, das unter anderem das Tesla Model Y an seiner Spitze und seit einigen Wochen seinen Landsmann Peugeot e-3008 umfasst. Es könnte ein zähes Ringen werden, bei dem sich der Titel «Auto des Jahres 2024», den der Scenic bei der Eröffnung der letzten Geneva International Motor Show erhielt, als starke Visitenkarte erweisen kann.
Schluss mit dem Minivan-Profil. Der neue Renault Scenic präsentiert sich als Familien-SUV. Mit einer Länge von 4,47 m ist er 7 cm kürzer als der Peugeot e-3008 und 28 cm kürzer als das Tesla Model Y. Dasselbe gilt für die Breite (bis zu 6 cm weniger) und die Höhe (bis zu 5 cm weniger).
Der Innenraum ist jedoch grosszügig. Auf dem 2,78 m langen Radstand werden die Personen auf den Rücksitzen verwöhnt. Die Knie sind leicht hochgezogen und der Abstand zwischen den Vordersitzen und dem Boden für die Füsse ist etwas knapp, dennoch ist die Position angenehm und komfortabel.
Hinzu kommt die Umrandung der Sitzbank, die einen guten Halt gewährleistet. Der mittlere Sitzplatz wird zwar nicht durch einen zentralen Kardantunnel behindert, sodass der Zugang für eine dritte Person erleichtert wird, aber die Sitzfläche ist für lange Fahrten ziemlich hart. Sofern sie nicht belegt ist, kann die Mittelarmlehne ausgefahren werden und bietet Stauraum, Becherhalter und Halterungen für Smartphones/Tablets, um die Kinder zu beschäftigen. In der Verlängerung der Mittelkonsole stehen zwei USB-Anschlüsse zur Verfügung.
Die Qualität der Möbel und Türverkleidungen ist leider nicht so hochwertig wie der Vorderbereich. Das ist bei fast allen Grossserienherstellern üblich. Der Kofferraum fasst 545 bis 1449 Liter.
Das Solarbay-System ist ab der zweiten Ausstattungsstufe optional erhältlich. Dieses Panoramadach lässt sich mit einem Knopfdruck auf magische Weise verdunkeln oder aufhellen.
Der vordere Bereich des Wageninneren erinnert an den des Mégane E-Tech 100% elektrisch. Das Multimediasystem wird über einen vertikalen 12-Zoll-Bildschirm gesteuert. Die im Vergleich zum Mégane grafisch überarbeiteten Instrumente sind sehr gut lesbar.
Einige sekundäre Bedienelemente, wie die Klimaanlage, bleiben über Tasten analog. Gut ist auch die Taste zum Aktivieren/Deaktivieren der verschiedenen Assistenten und Alarmanlagen, die ab diesem Jahr obligatorisch geworden sind und sehr aufdringlich sein können. Ein weiteres cleveres Feature ist das Reichweiten-Widget: Je nach Fahrweise und Ladezustand der Batterie wird die Reichweite im Stadtverkehr (verbrauchsärmer) oder auf der Autobahn (verbrauchsintensiver) angezeigt. Gut ausgedacht!
Abgesehen von einigen Hartplastikteilen ausserhalb des Blickfelds sind die allgemeine Aufmachung und die Verarbeitung recht hochwertig: geschäumte Oberflächen, Nähte, Aluminiumeinlagen, alles ist sehr sauber. Der Scenic verzichtet komplett auf Leder und verwendet überwiegend recycelte Materialien.
Der Renault Scenic E-Tech 100% elektrisch übernimmt von seinem kleinen Bruder den Motor. Der Antrieb ist an der Vorderachse angebracht und leistet 220 PS bei einem Drehmoment von 300 Nm. Es gibt auch eine Version mit 170 PS/280 Nm, die jedoch nicht auf dem Schweizer Markt erhältlich ist. Der Motor wird von einer 87-kWh-NMC-Batterie angetrieben, die eine Reichweite von 625 km bei einem Normverbrauch von 16,8 kWh/100 km (WLTP) verspricht.
Bei unserem Testlauf auf Landstrassen und Autobahnen, bei dem wir die Ressourcen des Fahrzeugs voll ausschöpften, verbrauchten wir durchschnittlich 21,2 kWh/100 km. Das ist nicht schlecht und lässt auf eine tatsächliche Alltagsreichweite von 400–450 km schliessen, wenn man nicht versucht, sparsam zu fahren. Eine Bestätigung dieser Werte auf einer längeren Testfahrt und auf unseren Routen steht noch aus.
Die Batterie kann mit einer Leistung von bis zu 150 kW bei Gleichstrom und 22 kW bei Wechselstrom aufgeladen werden. Mit einer Masse von weniger als 2 Tonnen, 1850 kg – fast eine Leistung für ein Elektrofahrzeug dieser Grösse –, von denen 515 kg allein auf die Batterie entfallen, bietet der Scenic eine angemessene Leistung, die seiner Bestimmung als Familienfahrzeug entspricht. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h erfolgt in soliden 7,9 Sekunden. Sein «geringes» Gewicht ermöglicht es ihm jedoch auch, eine gute Strassenlage, Agilität und Bewegungsfähigkeit zu zeigen.
Die Lenkung ist leichtgängig und präzise und verleiht dem Scenic einen sportlichen Touch. Auch die recht straffe Federung ist in Kombination mit den 20-Zoll-Felgen der getesteten Topausstattung manchmal weniger bequem, vor allem in der Stadt. Die straffe Abstimmung sorgt jedoch für eine geringe Seitenneigung.
Die Preisgestaltung des Renault Scenic E-Tech 100% elektrisch fällt wohlweislich attraktiver aus als die seiner direkten Konkurrenten. Während er in unseren Breitengraden nur eine Antriebsart (und ohne Allradantrieb) anbietet, beginnt die Basisausstattung «Evolution» bei 43 700 Franken. Die Topausstattung «Iconic» beginnt bei 49 700 Franken. Die Wärmepumpe und der Echtzeit-Routenplaner mit Auswahl der Ladestation gehören zur Serienausstattung.