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In der heutigen Sonntagszeitung findet sich ein Bericht darüber, dass das «Bravo» dieses Jahr 60 wird – dass es aber langsam aber sicher vom Aussterben bedroht sei. Dem Bericht zufolge hat das gute Gründe.
Die Blütezeit des Heftlis jedoch sei 1996 gewesen – damals war das «Bravo» sozusagen Pflicht. Und deshalb kann ich stolz verkünden, zum Erfolg massgeblich beigetragen zu haben: Ich war nämlich Abonnentin. Und wie. Ich hatte in meinem bisherigen Leben genau zwei Zeitschriften-Abos: Den «Spick» und das «Bravo». Man kann mich also wahrscheinlich als sexuell neugierigen Teenager-Streber bezeichnen. Passt auch heute noch wie angegossen, der Ausdruck.
Das «Bravo» war damals eins der Highlights meiner Woche. Es kam immer dienstags ins Haus geflattert, wenn ich mich recht entsinne, und meine Mutter hatte Glück, wenn ich noch halbwegs zu einem «Hallo» in der Lage war, wenn ich mich, von der Schule nach Hause kommend, sofort auf die heiss ersehnte Lektüre stürzte. Tür zu, «Bravo Hits» an, lesen.
Als erstes «las» ich immer die Foto-Lovestory (jawoll, auch in einem Heftli mit der Textdichte eines «Bravo» suchte ich mir noch den Teil, der die meisten Bildli hatte).
Ich liebte die Foto-Lovestory. Jungs mit Flaumbart (Julian) und Mädchen mit grünen Marusha-Augenbrauen (Simone) in den Wirrungen ihrer junger Liebe, und immer war da die böse «Bitch» (Alexandra), die sie auseinanderbringen wollte (im Nachhinein fällt mir auf, dass das fast nie ein Junge war, pfui «Bravo»), aber ihre Liebe hielt allen Widrigkeiten stand und am Ende fanden sie sich und machten Heavy Petting.
Apropos: Dr. Sommer. Ein grosses Kapitel in der Sexualgeschichte so manchen Teenagers vieler, vieler Generationen. So auch der meinen. Verloren gegangene Tampons, zu klein geratene Penisse/Brüste, Vaginalausfluss, frühzeitige Ejakulation, Soft und Heavy Petting, das erste Mal. Over and over and over. Und es wurde nie langweilig. Eine Art «Spick» für den erwachenden Sexualtrieb. Wunderbar.
Literarisch anspruchsvoller war dann der Bravo-Roman. Und mit «Roman» waren sechs- bis zehnteilige Geschichten gemeint, die spannende Titel wie «Kein Platz für die Liebe» (Susanne und Thomas gehen schon mega lange miteinander, aber finden keinen Ort für ihr obligates Heavy Petting) oder «Ein Zwilling kommt selten allein» (Sascha und Oliver geniessen Vertausch-Spielchen mit Mädchen, oh làlà) trugen. Ich war gefesselt.
Auch sehr grossartig waren die «Persönlichkeitstests», die man jeweils gegen Ende des Heftes fand. «Bist du eine gute Freundin?» lauteten da beispielsweise die Titel und es galt, Fragen wie «Wenn deine beste Freundin auf denselben Typen steht wie du, was tust du dann?» zu beantworten. Zur Verfügung standen drei Optionen wie «Ich überlasse ihn natürlich ihr. Girlpauer forewer!», «Wenn er auf eine von uns steht, dann soll sie mit ihm zusammen sein können» und «I’m gonna kill that f***ing whore!!!!», und wenn man ehrlich war und c wählte, war man dann sehr überrascht, wenn die Auswertung einem erklärte, man sei doch nicht so eine gute Freundin, wie man gedacht hatte. Das «Bravo» kannte einen eben so richtig.
Und schliesslich waren da die lebensgrossen Poster in der Mitte des Heftes, die eben eigentlich doch nie lebensgross waren, was uns aber komplett egal war, solange wir unseren Liebling von der «Kelly Family» oder «Hanson» oder «Take That» oder den «Backstreet Boys» an unsere Wand pappen und ihm einen Gute-Nacht-Kuss geben konnten und er das Erste war, was wir morgens nach dem Aufwachen erblickten. Schmelz.
Ich bin sicher, obwohl schon alle alten Hefte entsorgt und vergessen sind, finden sich auch heute in manchem ehemaligen Kinderzimmer noch immer Klebestreifenreste von Bravo-Postern an den Wänden – sie sind alles, was von unserer jugendlichen Leidenschaft übrig geblieben ist.
Nun denn: Happy Birthday, «Bravo», und danke für unsere Jugend.
Und den Ausdruck «Heavy Petting».