Mein Schmuddelquartier zeigt sich nämlich dieser Tage von seiner schönsten Seite: Die Röcke der Damen werden zwar kürzer (man könnte sagen, aus Mini wird Gürtel), das Schmuddelwetter zwingt sie jedoch, sich mit Pelz versehene Bomberjacken drüber zu ziehen und so stehen da an den Strassenecken immer wieder flauschige Pompons mit Beinen und Lippenstift. Der Regen wäscht die Kotze vom Wochenende in die Kanalisation und die Kater tun, was Kater halt so tun im Frühling. Und damit meine ich die 2- und die 4-beinigen Kater.
Doch es wird bald die Zeit kommen, da es heisser wird im Quartier. Im Sommer staut sich hier die Hitze in den Strassen und Gassen des Kreises und hockt einem schwer im Nacken. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als auch nachts die Fenster sperrangelweit auf zu lassen. Und nicht nur mir geht’s so – auch den leichten Damen vom Etablissement gegenüber. Oh ja, wo die restlichen Jahreszeiten über Aluminiumfolie und heruntergelassene Läden die Sicht versperren, ist da dann gar nichts mehr und mir und einigen anderen Privilegierten bietet sich Einsicht in Geschehnisse, deren Ästhetik sehr weit in den Bereich «Geschmacksache» geht. Da taucht da und dort mal wieder ein behighheeltes Bein auf und man sieht das Nachttischli sehr rhythmisch durchs Zimmer wackeln. Und jedes Mal, wenn wieder der Türsummer durch den Hinterhof schrillt, weiss man: es naht ein neues Kapitel in den «50 Shades of Dienerstrasse».
Schon öfters standen bei meinen House-Partys im Sommer ganze Trauben von Gästen an meinem Fenster und sagten mit schräggelegten Köpfen Dinge wie «Hat er sie gerade... Aso. Anatomisch betrachtet... Wow.» oder «Haha, lueg, sie gseht chli uus wienen Typ... Oh.» Aber glauben Sie mir, werte Leserinnen und Leser, so spannend das im ersten Moment klingt: Man will's nicht sehen. Spätestens wenn alle Positionen des «Kama Sutra für Traumtänzer und Turnbegeisterte» einmal durchprobiert sind, schaut man lieber wieder «Grey's Anatomy» und schmachtet McDreamys Popo an als den von Herrn H.K. aus W. im Fenster gegenüber.
Sex sells und gehört zu diesem Quartier wie die Oprah-Täschli-Läden zur Bahnhofstrasse. Doch wenn er einem so auf die Nase gedrückt wird (nicht bildlich vorstellen!), fragt man sich doch dann und wann: «Where is the love?»