Allein der Andrang von sechs Millionen Besuchern des Oktoberfests ist für München alljährlich eine grosse Herausforderung. Wenn die Wiesn am kommenden Samstag beginnt, stehen die Behörden angesichts der vielen Flüchtlinge, die derzeit am Hauptbahnhof ankommen, vor einer besonderen Aufgabe. Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann hatte deshalb eine deutliche Verstärkung der Bundespolizei in Bayern verlangt.
Für die Bahn bedeutet das grösste Volksfest der Welt ohnehin eine Ausnahmesituation. Sie verlängert Züge und setzt Sonderzüge ein. Rund zwei Millionen Gäste werden an den 16 Festtagen per Zug Richtung Theresienwiese und nach Hause fahren. Züge mit Asylsuchenden sollen möglichst an München vorbeifahren.
«Wir haben das Ziel, die unterschiedlichen Personengruppen weitgehend zu trennen, um Konfliktsituationen erst gar nicht entstehen zu lassen», sagte Minister Herrmann. Es gebe keine Hinweise, dass unter den Flüchtlingen auch radikal-islamische Gewalttäter seien, sagte er. Für das Oktoberfest waren bereits 2009 nach Terror-Warnungen Sperrgürtel um das Festgelände errichtet worden. Unter anderem versperren Blumenkübel aus Beton die Zufahrt. Das Sicherheitskonzept wird bereits seit 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.
Auf der Festwiese sollen erstmals die Besucherströme bei absehbarer Überfüllung der Wirtsbudenstrasse schon an den Hauptzugängen umgeleitet werden. Bei den Neuigkeiten wartet das Volksfest mit Hightech-Fahrgeschäften auf: Die weltweit höchste und schnellste Megaschaukel, das höchste transportable Hochhaus mit einem Roller-Parcour am nahen Abgrund und die grösste mobile Geisterbahn gehören zum Programm.
Auch im kulinarischen Bereich dehnt das vor allem für Bier, Brezln und Hendl (Poulet) bekannte Volksfest seine Palette in neue Bereiche aus. Vegan wird immer mehr salonfähig, und bei den anderen Spezialitäten greifen Gastronomen und Standlbesitzer tief in die Ideenkiste: Es gibt Weisswurst-Leberkäs, Biereis, Zuckerwatte in Blumenform – und für Diabetiker mit Birkenzucker gebrannte Cashew- und Macadamia-Nüsse.
Neben dem regulären Oktoberfest präsentiert sich die Oide Wiesn mit besonders viel Tradition und Gemütlichkeit – und mit nostalgischen Fahrgeschäften wie dem Motodrom von 1928 mit seinen Steilwandfahrern. Der Wirtschaftswert ist laut Wiesnchef Josef Schmid für dieses Jahr erneut mit einer Milliarde Euro prognostiziert, so hoch wie 2008. Die Mass Bier ist erstmals nicht unter 10 Euro (knapp 11 Franken) zu haben. Die Preise liegen zwischen 10 und 10.40 Euro (11,40 Franken).
Das Oktoberfest endet am 4. Oktober. Die Bierzelte anschliessend zu Notunterkünften für Flüchtlinge zu machen, ist nicht geplant. «Sie sind nicht für Schneelast ausgelegt in ihrer Statik – und in ihrer Höhe und Grösse nicht geeignet, dass man sie beheizt», sagt der Fachbereichsleiter Veranstaltungen im Münchner Wirtschaftsreferat, Hans Spindler. Der Gedanke sei bereits einmal zu Zeiten der Wende geprüft – und aus denselben Gründen verworfen worden.
(sda/dpa)