Oktoberfest 2015: Wenn wilde Wiesn-Gänger auf traumatisierte Flüchtlinge treffen
Bild: MICHAEL DALDER/REUTERS
Allein der Andrang von sechs Millionen Besuchern des Oktoberfests ist für München alljährlich eine grosse Herausforderung. Wenn die Wiesn am kommenden Samstag beginnt, stehen die Behörden angesichts der vielen Flüchtlinge, die derzeit am Hauptbahnhof ankommen, vor einer besonderen Aufgabe. Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann hatte deshalb eine deutliche Verstärkung der Bundespolizei in Bayern verlangt.
Für die Bahn bedeutet das grösste Volksfest der Welt ohnehin eine Ausnahmesituation. Sie verlängert Züge und setzt Sonderzüge ein. Rund zwei Millionen Gäste werden an den 16 Festtagen per Zug Richtung Theresienwiese und nach Hause fahren. Züge mit Asylsuchenden sollen möglichst an München vorbeifahren.
«Wir haben das Ziel, die unterschiedlichen Personengruppen weitgehend zu trennen, um Konfliktsituationen erst gar nicht entstehen zu lassen», sagte Minister Herrmann. Es gebe keine Hinweise, dass unter den Flüchtlingen auch radikal-islamische Gewalttäter seien, sagte er. Für das Oktoberfest waren bereits 2009 nach Terror-Warnungen Sperrgürtel um das Festgelände errichtet worden. Unter anderem versperren Blumenkübel aus Beton die Zufahrt. Das Sicherheitskonzept wird bereits seit 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.
Bild: EPA/DPA
Bei den Fahrgeschäften gilt das Motto: Höher, schneller, weiter
Auf der Festwiese sollen erstmals die Besucherströme bei absehbarer Überfüllung der Wirtsbudenstrasse schon an den Hauptzugängen umgeleitet werden. Bei den Neuigkeiten wartet das Volksfest mit Hightech-Fahrgeschäften auf: Die weltweit höchste und schnellste Megaschaukel, das höchste transportable Hochhaus mit einem Roller-Parcour am nahen Abgrund und die grösste mobile Geisterbahn gehören zum Programm.
Auch im kulinarischen Bereich dehnt das vor allem für Bier, Brezln und Hendl (Poulet) bekannte Volksfest seine Palette in neue Bereiche aus. Vegan wird immer mehr salonfähig, und bei den anderen Spezialitäten greifen Gastronomen und Standlbesitzer tief in die Ideenkiste: Es gibt Weisswurst-Leberkäs, Biereis, Zuckerwatte in Blumenform – und für Diabetiker mit Birkenzucker gebrannte Cashew- und Macadamia-Nüsse.
Mass Bier nicht unter 11 Franken
Neben dem regulären Oktoberfest präsentiert sich die Oide Wiesn mit besonders viel Tradition und Gemütlichkeit – und mit nostalgischen Fahrgeschäften wie dem Motodrom von 1928 mit seinen Steilwandfahrern. Der Wirtschaftswert ist laut Wiesnchef Josef Schmid für dieses Jahr erneut mit einer Milliarde Euro prognostiziert, so hoch wie 2008. Die Mass Bier ist erstmals nicht unter 10 Euro (knapp 11 Franken) zu haben. Die Preise liegen zwischen 10 und 10.40 Euro (11,40 Franken).
Oktoberfeste auf der ganzen Welt
Das Oktoberfest endet am 4. Oktober. Die Bierzelte anschliessend zu Notunterkünften für Flüchtlinge zu machen, ist nicht geplant. «Sie sind nicht für Schneelast ausgelegt in ihrer Statik – und in ihrer Höhe und Grösse nicht geeignet, dass man sie beheizt», sagt der Fachbereichsleiter Veranstaltungen im Münchner Wirtschaftsreferat, Hans Spindler. Der Gedanke sei bereits einmal zu Zeiten der Wende geprüft – und aus denselben Gründen verworfen worden.
Auf dem Oktoberfest in Zofingen
- Festgelände: Das Wiesn-Gelände hat 34,5 Hektar – wenig für die riesige Besucherzahl. An die 400'000 Menschen drängen an einem starken Tag auf das Areal.
- Beschäftigte: Rund 8000 fest angestellte und 5000 wechselnde Arbeitskräfte sind an den 16 Festtagen im Einsatz.
- Bierzelte: Gigantisch. Das grösste ist das Hofbräuzelt mit 10'000 Sitzplätzen inklusive Biergarten. Alle Zelte zusammen: rund 119'000 Plätze.
- Essen & Trinken: 2014 tranken die Gäste 7,7 Millionen Mass Bier. Dazu verzehrten sie rund 500'000 Brathähnchen, 112 Ochsen und 48 Kälber.
- Klos: Rund 1500 Sitzplätze, ein Kilometer Stehplätze und 32 behindertengerechte Toiletten. Die Benutzung ist gratis.
- Umwelt: Die Festleitung ist stolz auf die Fortschritte. Restmüll und Wasserverbrauch sanken um ein Vielfaches. Die Zahlen bleiben trotzdem enorm. Der Stromverbrauch liegt bei rund drei Millionen Kilowattstunden, etwa der Jahresverbrauch von 1200 Haushalten. Restmüll: Mehr als 900 Tonnen. Speisereste und Knochen: fast 400 Tonnen.
- Fundsachen: Gut 3500 im vergangenen Jahr, darunter 900 Ausweise, 770 Kleidungsstücke, 530 Portemonnaies, 400 Schlüssel, 330 Smartphones und Handys, 305 Taschen, Rucksäcke und Beutel, 230 Brillen, 95 Regenschirme und Stöcke. Als Kuriosa wurden abgegeben: 2 Eheringe, eine Katzentransportbox, ein Schlagzeug-Beckenset. Gesucht wurde ein Bundesverdienstkreuz 2. Klasse.
- Anstich: Zwei Schläge sind Bestmarke. Rekordhalter Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) schaffte das 2005 erstmals. Sein Nachfolger Dieter Reiter brauchte bei seiner Premiere im vergangenen Jahr knapp vier. Als 1950 der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer erstmals zum Schlegel griff, brauchte er 19 Schläge.
(sda/dpa)
