Wenige Tage nachdem der frühere Trump-Sprecher Jason Miller einen Twitter-Klon lancierte, war das neue soziale Netzwerk bereits von massiven Problemen betroffen. Im Folgenden fassen wir die Fakten zu «GETTR» zusammen. Eine Bemerkung vorab: Die watson-Recherchen zeigen, dass Unternehmen und Prominente gut daran tun, zu prüfen, ob dort Fake-Accounts unter ihrem Namen geführt werden.
* Die Macher vermarkten ihre App in marktschreierischen Grossbuchstaben, wir halten uns im Folgenden an Gettr.
Solche Fälschungen kämen leider immer wieder vor, teilt Schweiz Tourismus auf Anfrage von watson mit. Es sei davon auszugehen, dass (auch) auf Gettr «eine relevante Zahl von Accounts fake» seien, schreibt uns Markus Berger, Leiter Unternehmenskommunikation. Und er betont: «Wir verfahren mit diesem Fake-Account gleich wie mit jeder anderen irreführenden Nutzung unserer Marke: Wir melden Missbräuche bei den Betreibern und verlangen deren Löschung.»
Das Design der App sei auffallend identisch mit Twitter und scheine die Programmierschnittstelle (API) des US-Unternehmens genutzt zu haben, um Profile einiger Nutzer zu kopieren, konstatiert Tech Crunch.
Der Name «GETTR» sei von «Getting Together» inspiriert. Textbeiträge dürfen 777 Zeichen lang sein. Die Plattform spielt Videos mit einer Länge von bis zu drei Minuten ab und es sollen auch Livestreams möglich sein, wie Politico berichtete.
Man habe Twitter auf die auffälligen Ähnlichkeiten von Gettr und die Verwendung seiner API angesprochen, schreibt Tech Crunch, doch wurde keine Stellungnahme abgegeben.
Bei der Registrierung lassen sich Inhalte von Twitter nach Gettr importieren – wenn «Sie den gleichen Benutzernamen verwenden, den Sie auf Twitter verwenden».
Dies kommt für den lebenslang gesperrten Donald Trump wohl nicht infrage – er will aber juristisch gegen die Verbannung vorgehen, wie er am Mittwoch verlauten liess.
Gettr wurde am 4. Juli 2021 offiziell gestartet, also dem Nationalfeiertag der Vereinigten Staaten von Amerika.
Das Unternehmen positioniere sich als zensurfreie Alternative für alle, die glaubten, dass die «Mainstream-Social-Networks» rechtsextremen Ideen gegenüber feindlich eingestellt seien, konstatiert Tech Crunch. Die Website von Gettr locke neue Nutzer «mit vertrauten Trumpschen Botschaften».
Wie das Beispiel der (vorübergehend) aus den App-Stores verbannten Parler-App gezeigt habe, seien solche Zufluchtsorte für Verschwörungsanhänger meist nicht von Dauer.
Vorläufig werden die beiden grossen App-Store-Betreiber Apple und Google das Treiben bei Gettr nur beobachten. Solange keine Skandale publik werden oder strafrechtlich relevante Fakten vorliegen, dürfte nichts passieren.
Zum Gettr-Start hiess es, die Moderation von Inhalten sei entweder lasch oder nicht vorhanden. Hier haben die Verantwortlichen wohl eine gewisse Gefahr ausgemacht.
Letzte Woche blockierte Gettr einem Bericht des Magazins Slate zufolge das Profil von Tim Gionet, der unter dem Künstlernamen „Baked Alaska“ auftritt und einer der prominenteren Teilnehmer des Kapitol-Sturms war. Ebenso sollen Nutzerkonten gesperrt worden sein, die, angeblich unter Anleitung des prominenten Ultrarechten Nick Fuentes, zum offenen Bruch der Nutzungsbedingungen aufriefen.
Gettr richtet sich nicht nur an Amerikaner: Die Benutzeroberfläche gibt es auf Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch und weitere Sprachen, aber nicht auf Deutsch.
Eine Beta-Version von Gettr ging am 1. Juli an den Start. Bereits seit Mitte Juni waren die iPhone- und Android-Version in den App-Stores von Apple und Google verfügbar. Auf die Plattform kann auch über gettr.com zugegriffen werden. Es ist jedoch eine Registrierung per E-Mail-Adresse nötig.
Die Macher versprechen im App Store:
Die Realität sieht jedoch anders aus ...
Wenige Tage nach dem Start konnten Hacker eine fehlerhafte Programmierschnittstelle (API) ausnutzen, um persönliche Daten von Nutzerinnen und Nutzern abzugreifen. Sie erbeuteten die vermeintlich geschützten E-Mail-Adressen und den Standort von Zehntausenden von Betroffenen, wie Reporter des US-Magazins «Vice» am Dienstag berichteten.
Zuvor hatten Unbekannte schon die Gettr-Profile von (angeblich) verifizierten US-Prominenten wie Mike Pompeo, Steve Bannon, Marjorie Taylor-Greene und dem US-Sender Newsmax kompromittiert, berichtete Business Insider.
So zeigte unter anderem das Profil des ehemaligen US-Aussenministers die Botschaft eines @JubaBaghdad: «free palestine» – befreit Palästina. Man habe die Sache binnen Minuten behoben, behauptete später der Gettr-Chef.
Tatsächlich wurde die neue Plattform zum Start von allerlei pornografischen Darstellungen, sogenannten Shitposts, und wirren Botschaften geflutet, berichteten US-Medien.
Der ehemalige Trump-Wahlkampfsprecher Tim Murtaugh ist als Berater an der App beteiligt, wie Politico berichtete.
Gettr sei eines der profiliertesten Projekte in einem grösseren Ökosystem von Pro-MAGA-Technologien und Social-Media-Plattformen, die im rechten Lager aufgeblüht seien.
Der Hauptsitz der App befinde sich in New York.
Zwar richte sich die App an die berüchtigte anti-chinesische Trump-Sphäre, konstatiert Tech Crunch. Doch habe Gettr offenbar vom im Exil lebenden chinesischen Milliardär Guo Wengui eine frühe Finanzspritze erhalten.
Bei diesem Geldgeber handle es sich um einen Verbündeten des ehemaligen Trump-Beraters Steve Bannon. Anfang 2021 machte die «Washington Post» publik, dass Guo im Zentrum eines massiven Desinformations-Netzwerks steht. Darüber seien massenhaft Anti-Impf-Behauptungen und QAnon-Verschwörungserzählungen verbreitet worden.
Ein Teil des anfänglichen Startkapitals stamme von Guos Familienstiftung, bestätigte der Gettr-Geschäftsführer Jason Miller. Guo, der auch unter dem Namen Miles Kwok bekannt ist, sei kein Direktinvestor von Gettr und habe weder einen Sitz im Vorstand noch eine andere formelle Funktion.
Das Unternehmen wird laut Gettr-Chef von einem «Konsortium internationaler Investoren» unterstützt. Er lehnte es jedoch ab, sie über die Guo-Stiftung hinaus zu benennen.
PS: Als die US-amerikanischen Ermittlungsbehörden Bannon im August 2020 wegen Betrugsvorwürfen festnehmen wollten, fanden sie ihn auf einer Luxusyacht von Guo.
Möglich, dass für Marine Le Pen ein Konto angelegt wurde, das sie noch nicht selber in Betrieb genommen hat. Der Benutzername entspricht jedenfalls nicht ihrem (verifizierten) Twitter-Handle. Sie twittert unter @MLP_officiel.
Bei Gettr finden sich gleich mehrere Profile, die angeblich vom früheren US-Präsidenten Donald Trump stammen. Besonders dreist: Ein «Donald J. Trump» führt einen schwarzen Haken im Profilnamen, um Authentizität zu suggerieren.
Gemäss einem Bericht des Journalisten Aaron Mak ist der Profilname @realDonaldTrump, also der frühere offizielle Twitter-Handle des Ex-Präsidenten, bei Gettr reserviert.
Dass der echte Trump überhaupt bei Gettr an Bord geht, ist gemäss einer US-Journalistin zu bezweifeln. Die Bloomberg-Reporterin Jennifer Jacobs twitterte am 1. Juli, Trump werde sich nicht an der neuen Social-Media-Plattform beteiligen. Ihr sei gesagt worden, es gebe keine finanzielle Beteiligung. Offenbar verfolge der Ex-Präsident noch immer Pläne für eine eigene Plattform. Was genau, sei unklar.
Laut Ankündigung vom Mittwoch will Trump seine früheren Social-Media-Kanäle wieder nutzen. Er klage vor einem Gericht in Florida gegen Twitter, Facebook und Google. Wobei er an der gleichen Pressekonferenz auch behauptete, er wisse noch nicht, ob er die Dienste wieder nutzen würde.
Gettr kann ja zu Alibaba, schiins, eine ganz flotte Firma wie uns das EFD / BIT weissmachen will