Digital
Apple

Apple, Google oder doch Samsung: Wer hat diese Features erfunden?

Models display Samsung's new Galaxy phones running Google's new operating system Android at the Samsung headquarters during a media launch Tuesday, June 8, 2010, in Seoul, South Korea. (AP P ...
Samung hat das Smartphone-Zeitalter mitgeprägt. Durch viele eigene Innovationen?Bild: AP

Alle kopieren Apple – oder doch umgekehrt? Hier sind die harten Fakten

Warnung für Smartphone-Fans: Diese Recherche kann deine Gefühle verletzen!
02.10.2018, 07:3929.09.2023, 15:07
Mehr «Digital»

David Pogue hat es getan.

Der bekannte Tech-Journalist hat die Mutter aller Fragen gestellt, und auch beantwortet:

Wer war zuerst?

Und nein, es geht nicht um das Henne-Ei-Problem, sondern ein viel brisanteres Thema:

Pogue hat recherchiert, welcher Tech-Gigant die wichtigsten Smartphone-Innovationen als erster lanciert hat, und wer am häufigsten abgekupfert hat:

Apple, Google oder Samsung?

Untersuchungszeitraum: das moderne Smartphone-Zeitalter: Also die Zeit seit der Lancierung des iPhones, 2007.

Pogue hat seine Untersuchungsergebnisse Mitte September beim Online-Portal Yahoo veröffentlicht. Der Titel «New iPhones, new Galaxies – Who's the bigger copycat?» wird dem Umfang seiner Arbeit nicht gerecht. Denn es geht darin um viel mehr als nur die neusten iPhones und Samsung-Handys, wie du gleich sehen wirst ...

Was schätzt du; welches Unternehmen hat am meisten Smartphone-Features von der Konkurrenz kopiert?

Da war die Welt für Steve Jobs noch in Ordnung

Apple CEO Steve Jobs demonstrates the new iPhone during his keynote address at MacWorld Conference & Expo in San Francisco, Tuesday, Jan. 9, 2007. (AP Photo/Paul Sakuma)
Der Apple-Gründer († 2011) im Januar 2007 mit dem Ur-iPhone.Bild: AP

Der Apple- und der Google-Chef machten auf gute Freunde

Apple CEO Steve Jobs, left, and Google CEO Eric Schmidt, right, smile as they introduce the iPhone during Jobs' keynote address at MacWorld Conference & Expo in San Francisco, Tuesday, Jan. 9 ...
Steve Jobs mit Eric Schmidt, der damals im Apple-Verwaltungsrat sass. Drei Jahre später hiess es: «Steve hasst Eric».Bild: AP

Die Methode

Zwar handelt es sich nicht um eine wissenschaftliche Studie, doch erklärt Pogue detailliert, wie er vorging:

  1. Zuerst erstellte er eine Liste aller wichtigen Features, die bei heutigen Smartphones Standard sind.
  2. Dann ging die journalistische Recherche los: Er bestimmte das allererste Erscheinen jedes Features. Dazu durchstöberte er alte Benutzerhandbücher, Wikipedia, technische Rezensionen und Anleitungen.
  3. Mit Hilfe seines Assistenten – ja, renommierte Journalisten wie Pogue haben solche Hilfskräfte zur Hand – füllte er die Resultate in eine Tabelle.
  4. Nun übergab Pogue die Daten an einen Visualisierungs-Experten, der daraus einfach zu verstehende Infografiken kreierte.

Die Ergebnisse

Pogue fasst die von ihm als relevant erachteten Smartphone-Features in folgenden Kategorien zusammen:

  • Betriebssystem
  • Screen (Bildschirm)
  • Text & Stimme
  • Kamera
  • Telefon
  • Hardware-Features
  • Internet
  • Sicherheit
  • «Wireless» (kabellos)

Zu jeder Kategorie gibt's einen Zeitstrahl. Dieser zeigt, welcher Tech-Konzern eine Idee zuerst auf den Markt brachte, und wie lange es dauerte, bis sie ein Konkurrent kopierte. Was auf den ersten Blick verwirren mag: Es wird jeweils immer nur der Innovator aufgeführt sowie ein Follower. Das Unternehmen, das dann als drittes folgte, ist hingegen nicht aufgeführt.

Das sieht dann für die Innovationen rund um den Smartphone-Bildschirm so aus:

Entwicklung der Smartphones nach Marke, und, wer eine Innovation zuerst hatte. Von David Pogue

Lesart: Apple gewinnt die Kategorie «Screen» mit 6 Innovationen, Samsung ist zweiter mit 4 Innovationen. Google lag mit Android (und ab 2016 den Pixel-Smartphones) nie vorn, war also in den meisten Fällen «Follower», wie es Pogue nennt.

The T-Mobile G1 Android-powered phone, the first cell phone with the operating system designed by Google Inc., is shown Tuesday, Sept. 23, 2008 in New York. (AP Photo/Mark Lennihan)
Das erste Android: T-Mobile G1, 2008.Bild: AP

Slow-Motion-Videos, Selbstauslöser und 4K

Damit sind wir bei der «Kamera», die heute für viele User einige der wichtigsten Features bieten dürfte. Kaum mehr zu glauben: Die ersten Smartphones hatten weder Blitz noch Frontkamera und konnten keine Videos aufnehmen.

Entwicklung der Smartphones nach Marke, und, wer eine Innovation zuerst hatte. Von David Pogue

Lesart: In der Kategorie Kamera fällt das Rennen fast unentschieden aus: Apple hat laut Pogue 6 Innovationen, die von der Konkurrenz übernommen wurden, Google kommt mit Android ebenfalls auf 6 und Samsung erreicht 5.

Vom Finger-Scanner zur Gesichtserkennung

Die Kategorie «Sicherheit» dreht sich um den Schutz des Smartphones selbst, etwa wenn es abhanden kommt, als auch um die auf dem Gerät gespeicherten Inhalte.

Pogue nennt als Beispiel die Aktivierungssperre, die verunmögliche, ein gestohlenes iOS-Gerät ohne Apple-ID des Besitzers zu nutzen. Dieses Feature allein sei verantwortlich für den Rückgang von iPhone-Diebstählen auf der ganzen Welt. Pogue: «Warum sich die Mühe machen, ein Handy zu stehlen, wenn man es nicht löschen und weiterverkaufen kann?»

Entwicklung der Smartphones nach Marke, und, wer eine Innovation zuerst hatte. Von David Pogue

Apple gewinnt laut Pogue die Kategorie «Sicherheit» mit 3 zu 1 gegen Samsung. Android war nur einmal «Follower».

Wir sehen am Beispiel der Gesichtserkennung aber auch, dass Erster sein nicht bedeutet, dass das Potenzial einer neuen Idee voll ausgeschöpft worden ist. Samsungs Lösung war 2017 technisch nicht ausgereift und konnte einfach überlistet werden, Apples Face ID gilt als vergleichsweise sicher.

Copy Paste, Siri, Google Assistant und Co.

Damit sind wir bei einer Kategorie «Text und Stimme», in der es aus Sicht der User ausschliesslich um Software geht ...

Entwicklung der Smartphones nach Marke, und, wer eine Innovation zuerst hatte. Von David Pogue

Ob Copy-Paste auf dem virtuellen Keyboard oder automatische Spracherkennung übers Mikrofon: Seit 2007 hat sich einiges getan, und Google liegt hier vorn: Für Android gibt es laut Pogue 6 Innovationen zu verzeichnen, für Apple 5.

Alle Kategorien im Überblick

  • Betriebssystem: Apple gewinnt mit 13 iPhone-Innovationen, dahinter Android mit 10, und Samsung (1).
  • «Screen»: Apple gewinnt mit 6 Innovationen vor Samsung mit 4.
  • Text & Stimme: Android gewinnt mit 6 Innovationen, Apples iPhone hat 5 zu verzeichnen.
  • Kamera: Apple 6, Android 6, und Samsung 5.
  • Telefon: Android 3, Apple 3.
  • Hardware-Features: Apple 2, Android 2, Samsung 1.
  • Internet: Apple 4, Android 3.
  • Sicherheit: Apple 3, Samsung 1.
  • «Wireless»: Android 3, Apple 3.

Alle Infografiken gibt's hier bei Yahoo.

Und der Gewinner ist ...

Surprise
Bild: AP

Apple gewinnt laut Pogues Recherche mit 44 Innovationen. Googles Android ist auf dem zweiten Platz, mit 31. Und Samsung rücke mit 12 Innovationen in den Hintergrund.

Wobei der Wettstreit natürlich nicht beendet ist. Das Innovations- und Imitations-Karussell dreht sich immer weiter.

Was hältst du vom Resultat?

Warum hat Pogue nur Apple, Google und Samsung verglichen?

Er habe «das Spiel» bewusst auf diese drei Spieler beschränkt, schreibt Pogue. Einige Funktionen seien wohl zuerst in Handys von anderen Herstellern aufgetaucht, aber die meisten der «Du hast das gestohlen»-Anschuldigungen beträfen die Grossen Drei. Bei den Softwarefunktionen gehe es speziell um Apples iOS vs. Googles Android, und bei den Hardware-Features sei es Apples iPhone gegen die Galaxy-Serie von Samsung.

Ein Kommentarschreiber bei Yahoo wendet aber völlig zurecht ein, dass es viele der untersuchten Features schon bei Palm und Windows Mobile gegeben habe, also lange bevor die Grossen Drei überhaupt mit Smartphones anfingen.

Am Beispiel der Kategorie «Kamera» sieht man, dass Pogues Arbeit schon bald veraltet sein dürfte und in Zukunft wohl andere Hersteller wie Huawei einbezogen werden sollten: Mittlerweile gibt's die ersten Smartphones mit Triple-Kamera.

Spielt das Erster-Sein überhaupt noch eine Rolle?

Auch wenn die Zeiten der grossen Fan-Kommentarschlachten vorbei sind und sich die meisten iPhone- und Android-User darauf geeinigt haben dürften, dass alle Hersteller von allen kopieren: Die Frage, wer neue Ideen zuerst realisiert hat, bleibt laut Pogue wichtig. Das Smartphone ist das persönlichste Gerät, das wir nutzen, und kann starke Emotionen hervorrufen.

«Alle Smartphones haben so ziemlich die gleichen Funktionen. Daher ist es für viele Menschen von grosser Bedeutung, sich daran zu erinnern, welche Marke diese Merkmale zuerst hatte.»
David Pogue

Bleibt anzumerken, dass viele Ideen erst den Durchbruch schaffen, nachdem sie von einem grossen Unternehmen aufgegriffen werden. Das müssen dann nicht zwingend die attraktivsten sein. Die «Notch», die zuerst auf einem Essential Phone von Android-Gründer Andy Rubin auftauchte, lässt grüssen.

Update
Diese Story ist bereits auf watson veröffentlicht worden, aus aktuellem Anlass haben wir uns entschieden, sie zu aktualisieren und erneut zu publizieren.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die turbulente Geschichte von Apple Maps
1 / 16
Die turbulente Geschichte von Apple Maps
Es war einmal ein amerikanischer Techkonzern, der wollte auf seinen Geräten nicht mehr die Software des grossen, datenhungrigen Rivalen installieren, sondern etwas Eigenes wagen ...
quelle: ap / patrick semansky
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Samsung erfindet das Kino neu
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Fedpol-Chefin warnt: Verbrecher-Chats können nicht zeitnah ausgewertet werden
Nachdem der Messenger-Dienst Sky ECC, ein «WhatsApp für Verbrecher», von Ermittlern gehackt wurde, liegen sehr viele Daten zur Auswertung vor. Ein Rennen gegen die Zeit.

Dank des im Jahr 2021 von Europol geknackten verschlüsselten Kommunikationsdienstes für Kriminelle Sky ECC laufen in der Schweiz zurzeit rund 60 Ermittlungen. «Es geht um Kokain, Cannabis, synthetische Drogen und Waffen», sagt Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle.

Zur Story