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iSwatch vs. iWatch: Die Schweizer Uhrenfirma Swatch geht weltweit gegen Apple vor

Apple kämpft in Zukunft wie Swatch ums Handgelenk der Kunden.
Apple kämpft in Zukunft wie Swatch ums Handgelenk der Kunden.Bild: Getty Images Europe
Umstrittene Marke

iSwatch vs. iWatch: Die Schweizer Uhrenfirma Swatch geht weltweit gegen Apple vor

Der Streit zwischen Swatch und Apple dreht sich um ein kleines «i» und um viel Geld. Ein Schweizer Markenexperte nimmt Stellung.
03.05.2014, 10:0321.08.2015, 13:51
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Noch hat Apple seine «intelligente» Armbanduhr nicht auf den Markt gebracht. Doch hinter den Kulissen läuft der Kampf um die Marke iWatch. Wie Recherchen von watson zeigen, versucht die Schweizer Uhrenfirma Swatch, den mächtigen US-Konzern in die Schranken zu weisen. Oder zumindest einen guten Deal abzuschliessen ...

Auf Anfrage bestätigt die Leiterin der Unternehmenskommunikation, Serena Chiesura, in einer Stellungnahme, dass die Swatch-Gruppe gegen die von Apple registrierte Marke iWatch vorgehe. Das hängt mit der eigenen Armbanduhren-Serie iSwatch zusammen, deren Name sich nur durch einen Buchstaben von der iWatch unterscheidet.

«Wir beurteilen die Verwechslungsgefahr als gegeben, die Marken sind verwechselbar. In allen Ländern, wo die Marke eingetragen ist, gehen wir dagegen vor.»
Serena Chiesura, Head of Corporate Communications, The Swatch Group Ltd.

Grosser David gegen riesigen Goliath

Swatch vs. Apple: Das ist die Marktführerin der Uhrenindustrie mit Sitz in Biel und einem Jahresumsatz von knapp 9 Milliarden. Auf der anderen Seite steht der in den letzten Jahren dominierende Tech-Konzern aus dem kalifornischen Cupertino mit einem Jahresumsatz von 170 Milliarden (2013).

Beide Unternehmen mussten vor nicht allzu langer Zeit den Tod ihrer charismatischen Gründer und langjährigen Chefs hinnehmen. Der Swatch-Erfinder Nicolas Hayek starb 2010, Steve Jobs 2011.

Swatch-Chef Nick Hayek, Markenzeichen: Zigarrenraucher.Bild: Keystone

Bei der Swatch-Gruppe ist Hayeks Sohn Nick als CEO und Mitglied des Verwaltungsrates in die grossen Fussstapfen getreten. Bei Apple ist es die langjährige Nummer zwei im Konzern, Tim Cook.

Apple und Swatch kooperieren seit Jahren. Allerdings ist nicht klar, wie eng die Zusammenarbeit ist. Gemäss früheren Äusserungen der Swatch-Führung geht es vor allem um die Erforschung geeigneter Materialien und die Umwandlung von Bewegungsenergie in elektrische Energie. Also zum Beispiel um den Antrieb von Smartuhren.

Im März hat Swatch eine Uhr mit Touchscreen und Bluetoothfunktion angekündigt, die Swatch Touch Liquid Metal. Nick Hayek erinnerte in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» daran, dass sich sein Unternehmen 2011 die Exklusivrechte gesichert habe, um Uhren mit «flüssigem Metall» der Firma Liquidmetal Technologies zu bauen. Das ist eine sogenannte amorphe Legierung, die besonders robust und in der Fertigung trotzdem gut formbar ist. Apple nutzt das vielversprechende Material ebenfalls in Lizenz, laut Hayek aber nicht für Uhren.

Langjähriger Rechtsstreit

Swatch will aus taktischen Gründen keine konkreten Schritte im Kampf gegen iWatch verraten: «Um die eigene Marke iSwatch zu schützen, wurden alle für nötig erachteten Massnahmen ergriffen», teilt die Leiterin der Unternehmenskommunikation mit. Detaillierte Angaben dazu seien nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Fakt ist: Das Unternehmen ist bestrebt, die eigenen Marken weltweit zu verteidigen. Dies zeigt ein Beispiel aus den USA. Ab 2007 hat sich die Uhrenherstellerin erfolgreich gegen die Eintragung der Marke iWatch durch die New Yorker Firma M. Z. Berger gewehrt. Daraus wurde ein langjähriger Rechtsstreit, der laut Swatch immer noch läuft.

Internationale Marken sind bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) registriert. Der Blick ins Online-Markenregister zeigt, dass weltweit unzählige Produkte und Dienstleistungen unter dem Markennamen iWatch respektive IWATCH eingetragen sind.

Swatch hat die Marke iSwatch in mehr als 80 Ländern rund um den Globus ins Register eintragen lassen. In Grossbritannien, Japan, Südkorea, Singapur und den USA liegt eine «endgültige Entscheidung» der Behörden zugunsten des Uhrenherstellers vor.

Briefkastenfirma von Apple?

Bislang gibt es keine offizielle Bestätigung, aber ernstzunehmende Hinweise, dass Apple seine Smartwatch unter der Bezeichnung iWatch herausbringt. Das ist schon heute ein populärer Begriff und würde mit einem kleinen «i» automatisch als Apple-Produkt wahrgenommen. Es ist dem Unternehmen aber auch zuzutrauen, dass still und heimlich ein anderer Markenname gesichert wird. Nur welcher?

Letztes Jahr wurde publik, dass die renommierte Anwaltskanzlei Baker & McKenzie die Marke iWatch im Auftrag von Apple in ausgesuchten Ländern registriert hat, unter anderem in Russland. In vielen anderen Ländern verwendet der US-Konzern hingegen eine Briefkastenfirma zur Tarnung, um die potenziell wertvolle Marke zu sichern. Darauf deuten Recherchen von amerikanischen und französischen Medien hin.

Der Techblog Consomac berichtete Ende April, dass eine bis dato unbekannte Firma namens Brightflash USA LLC in zahlreichen Ländern die Marke iWatch ins Register eingetragen hat. Wohl kaum ein Zufall: Die Postadresse im Steuerparadies Delaware an der US-Ostküste stimmte mit früheren Apple-Briefkastenfirmen überein. Und laut Mac Rumors besteht über einen bekannten Markenanwalt eine nachweisbare Verbindung zwischen Apple und Brightflash.

Das Vorgehen ist in der Geschäftswelt weit verbreitet und auch von Apple mehr oder weniger erfolgreich angewendet worden. So liess man vor der Lancierung des iPads im Jahr 2010 die Briefkastenfirmen Slate Computing sowie IP Application Development die Marken iSlate und iPad in verschiedenen Ländern registrieren. Und auch vor der Einführung von CarPlay (Integration von iOS-Geräten ins Auto) wurde der Trick angewendet. Die gleichnamige Marke wurde nicht von Apple selber registriert, sondern von CarPlay Enterprises LLC.

Das Trust Corporation Center ist ein unscheinbarer, einstöckiger Bau.
Das Trust Corporation Center ist ein unscheinbarer, einstöckiger Bau.Screenshot: Google Maps

Hier schliesst sich der Kreis: Die Brightflash USA LLC ist an der gleichen Postadresse angesiedelt wie die CarPlay Enterprises LLC: Es handelt sich um das Trust Corporation Center in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. In einem unscheinbaren Gebäude an der North Orange Street haben Konzerne eine anonyme Heimat für Tausende von Tochterfirmen eingerichtet. Und wie bei der CarPlay Enterprises LLC fungiert auch bei der Brightflash USA LLC die renommierte Anwaltskanzlei Baker & McKenzie als juristische Vertreterin in der Schweiz.

In der Schweiz angemeldet

Die Marke iWatch ist am 4. Dezember 2013 in der Schweiz zum Markenschutz angemeldet worden. Am gleichen Tag wurde bei der WIPO ein Antrag auf internationalen Markenschutz registriert. In der dazugehörenden Länderliste sind 46 von 56 Unterzeichnerstaaten des Madrider Markenschutzabkommens aufgeführt, darunter die EU und China, aber auch viele Kleinstaaten wie etwa Liechtenstein. Die genannten Anmeldungen basieren auf einer amerikanischen Markenanmeldung, welche bereits im Sommer 2013 vorgenommen wurde.

Fakt ist: In den meisten Ländern, in denen Brightflash die Marke zum Schutz angemeldet hat, ist noch kein endgültiger Entscheid darüber gefallen, ob die Marke auch wirklich zum Schutz zugelassen wird. Das Fürstentum Monaco hat den internationalen Antrag am 1. April genehmigt. Island hingegen hat den Antrag auf Markenschutz vorläufig abgelehnt. In der schriftlichen Begründung heisst es ausdrücklich, die Marke iWatch sei der bereits registrierten Marke von Swatch «verwirrend ähnlich».

Das sagt der Markenexperte

Der Berner Rechtsanwalt Stephan Beutler vom Anwaltsbüro Beutler Künzi Stutz aus Bern hat sich auf Marken-, Urheber- und Patentrecht spezialisiert. Er erklärt, dass es sich in beiden Fällen um provisorische Entscheide handle. Bis zu einem rechtskräftigen Entscheid könne es noch lange dauern. «Die Länder haben jeweils 18 Monate Zeit, um auf einen Antrag zu reagieren.» Hinzu kämen die Einsprachefristen.

Was den Markenstreit zwischen Swatch und Apple betrifft, sei die Ausgangslage vor allem aus zwei Gründen sehr spannend: Einmal darum, weil Swatch ihre iSwatch-Marke nicht als Wortmarke, sondern als Wortbildmarke habe registrieren lassen, also als Marke mit grafischen Elementen. Diese Tatsache schränke den Schutzbereich der Swatch-Marke ein. Die zuständigen Behörden müssten nun entscheiden, ob iSwatch und iWatch «genügend unterscheidbar» seien.

Das iSwatch-Logo.
Das iSwatch-Logo.Screenshot: swissreg.ch

Spannend ist laut dem Rechtsanwalt jedoch auch die Tatsache, dass Swatch die internationale Marke für viele Länder bereits 2008 habe registrieren lassen, für rund 30 Länder aber erst im Sommer 2013 – pikanterweise kurz nachdem (!) Apple die iWatch-Marke in den USA und anderen Ländern registrierte. In gewissen Ländern könnte daher Swatch mit der Tatsache konfrontiert werden, dass sich Apple auf einen prioritären Markenschutz berufen kann. «In solchen Ländern wird sich Swatch daher nicht mit Berufung auf Markenschutz gegen Apple durchsetzen können. Swatch wird vielmehr versuchen müssen, gestützt auf unlauteren Wettbewerb den Konkurrenten in die Knie zu zwingen – ein schwieriges Unterfangen mit ungewissem Ausgang.»

Ob sich die beiden Markennamen tatsächlich in die Quere kommen, werde von Land zu Land entschieden, sagt der Rechtsanwalt. Dies mache die internationale Lancierung aus Sicht von Apple sehr schwierig. Gleichzeitig verfügt das Unternehmen natürlich über die erforderlichen Mittel, um Rechtsstreitigkeiten auszutragen. 

«Wenn sich Weltkonzerne für eine Marketingstrategie entscheiden, wird oft nicht berücksichtigt, ob andere Firmen betroffen sind.»
Rechtsanwalt Stefan Beutler

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass auch Apple bereit ist, auf Konfrontationskurs zu gehen. Dies war etwa beim iPhone und iPad der Fall, als andere Firmen Ansprüche anmeldeten. Natürlich ist dem Unternehmen auch zuzutrauen, dass still und heimlich auch noch ein anderer Markenname gesichert wird. Nur welcher?

Zuerst in Jamaika registriert

Spannend ist auch die Vorgeschichte: Apple hat die Marke iWatch erstmals am 3. Dezember 2012 registrieren lassen. In Jamaika. Dass ausgerechnet der Karibikstaat für die Ersteintragung gewählt wurde, hat mit der angestrebten Geheimhaltung zu tun. So lässt sich das jamaikanische Markenregister nicht so einfach übers Internet durchsuchen. Sprich: Neugierige Journalisten und Konkurrenten konnten ausgetrickst werden. Zumindest für ein paar Monate.

Wie von Apple gewohnt, gibt es keine Vorabinformationen zum Gerät, das nach dem iPod, iPhone und iPad eine neue Produktkategorie für das Unternehmen erschliessen würde.

Vor gut einem Jahr, im März 2013, beflügelte der Apple-Chef die Gerüchte, die sich um eine Smartwatch mit Apple-Logo rankten. Die Zeit sei reif, Wearable Tech, also tragbare Technik, zu erkunden. Es wird auf jeden Fall ein Gerät sein, das am Handgelenk getragen wird. Ob es sich um eine Uhr im engeren Sinn handelt, ist fraglich. US-Patente lassen sowohl auf ein Armband mit gebogenem Display als auch auf ein klassisches Design mit viereckiger Form schliessen.

Update: Gegenüber der US-Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Swatch-CEO Nick Hayek, dass sein Unternehmen keine Pläne habe, Apple vor Gericht zu ziehen. Swatch gehe aber gegen alle Namen vor, die den eigenen registrierten Marken zu nahe kämen.

Laut Gerüchteküche haben die Prototypen die Tresore am Apple-Hauptsitz in Cupertino verlassen – aus Asien hiess es bereits, die Vorproduktion sei angelaufen. Das wäre insofern verwunderlich, als dass noch keine Handyfotos oder Spezifikationen geleakt wurden.

Fakt ist hingegen, dass Apple-Chef Tim Cook für 2014 einiges versprochen hat. Die iWatch könnte an einem speziellen Event im dritten oder gar vierten Quartal vorgestellt werden. Angeblich soll die Smartwatch mit 1,3-Zoll- oder 1,5-Zoll-Touchscreen erhältlich sein. Der Analyst Ming-Chi Kuo sagt voraus, dass die Kunden zwischen mehreren edlen Materialien und Bändern auswählen können werden.

Mit iOS 8 führt Apple voraussichtlich die Healthbook-App zum Verwalten von medizinischen / gesundheitlichen Nutzerdaten ein. Diese Daten könnten von biometrischen Sensoren übermittelt werden, die in Drittzubehör integriert sind – oder in die iWatch. Möglich sind Schrittzähler, Kalorienverbrauch, Schlafqualität, Herzfrequenz und mehr. Apple plant demnach mehr als eine Uhr mit Internet-Anbindung übers iPhone, die Nachrichten, E-Mails und dergleichen anzeigt. Das Fitness- und Gesundheits-Tracking soll massentauglich werden.

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