Es sind nicht nur bärtige Programmier-Gurus mit jahrzehntelanger Erfahrung, die die WWDC besuchen. Auch Newcomer sind willkommen.
Wie zum Beispiel Laurin Brandner. Der 21-jährige Aargauer kann Anfang Juni tun, wovon andere junge Leute träumen. Er reist nach Kalifornien und tauscht sich auf Einladung von Apple an der Worldwide Developer Conference mit Ingenieuren und Besuchern aus.
12'000 registrierte iOS-Entwickler gibt es in der Schweiz. Laurin ist einer von ihnen – und er konnte mit einer von ihm programmierten iPhone-App bereits internationale Erfolge feiern. Im watson-Interview verrät er, warum er für die Apple-Plattformen entwickelt und was junge Leute tun sollten, wenn sie selber programmieren wollen.
Laurin, du besuchst die WWDC auf Einladung von Apple. Wie hast du das geschafft?
Laurin Brandner: Als Schüler hat man die Möglichkeit, sich mit einer «Résumé-App» bei Apple zu bewerben. Wenn man sich damit gut verkaufen kann, hat man gute Chancen, ein Ticket zu gewinnen.
Was erhoffst du dir von der WWDC?
Bei solchen Konferenzen geht es hauptsächlich um «Connections». Ich versuche Leute kennenzulernen, die bei interessanten Firmen arbeiten oder die mir sonst irgendwie weiterhelfen könnten.
Wirst du irgendwelche bekannten Apple-Leute treffen?
(lacht) Nun ja, ein bis zwei Selfies werde ich schon von Tim Cook verlangen … Spass bei Seite, am Donnerstag treffen wir laut Plan eine eher höher stehende Person bei Apple. Wer das genau ist, weiss ich nicht.
Pretty sure I’ll be the only dev at WWDC with a cracked iPhone screen
— Laurin Brandner (@larcus94) 8. Mai 2015
Via Twitter hast du gescherzt, du seist vermutlich der einzige Software-Entwickler, der mit einem kaputten iPhone-Display an die WWDC reist. Hat sich die Situation inzwischen gebessert?
Haha, also reparieren lassen hab ich es noch nicht. Ich hoffe immer noch, dass mir Tim sein iPhone vermacht, wenn er meins sieht.
Was erwartet Apple im Gegenzug von dir?
Nichts Konkretes. Interviews wie diese in der Schweiz aber auch in San Francisco werden wohl gerne gesehen.
Zurzeit bist du in Rotterdam, dann geht es für ein weiteres Programmier-Praktikum nach London, und anschliessend beginnt im Herbst das Informatik-Studium an der ETH Zürich. Wird das nicht schwierig, zur trockenen Theorie zurückzukehren?
Ich werd mich schon etwas umgewöhnen müssen. Andererseits bin ich überzeugt, dass mir das Studium extrem viel bringen wird. Zusätzlich freu ich mich natürlich auch wieder aufs Snowboarden, was in der Niederlande anscheinend nicht so toll sein soll.
Willst du später dein Geld als App-Entwickler verdienen – oder hast du andere Pläne?
Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich nach der Uni wirklich mache. Das ist wohl auch der Grund, wieso ich umbedingt an der ETH studieren will. Apps entwickeln wird wohl schon zu einem Teil dazugehören.
Du könntest statt iPhone-Apps auch Android-Apps programmieren. Warum hast du dich für iOS entschieden?
Das iPhone war mein erstes wirkliches Handy, das ich mir selbst gekauft habe. Es war von da her kein aktiver Entscheid. Ich kann mir vorstellen, auch mal mit anderen Plattformen zu arbeiten. Kommt halt drauf an, was mich gerade am meisten fasziniert.
Was magst du an Apple, und was läuft aus deiner Sicht weniger gut?
Primär mag ich die meisten Geräte von Apple sehr. Andererseits mag ich jedoch auch, wie Apple, zumindest nach aussen, den Schutz der Umwelt und der Privatsphäre gross schreibt.
Was mich als Entwickler am meisten nervt, ist wohl der einjährige Update-Zyklus des Unternehmens, der uns ein extrem fehlerhaftes iOS 8 beschert hat.
Hat sich die Situation durch die kleineren Updates der letzten paar Monate spürbar verbessert?
iOS 8 ist nicht nur für die Benutzer fehlerhaft, sonder auch für die Entwickler, da die Schnittstellen nicht stabil sind. Diese werden jedoch fast ausschliesslich nur in den grossen Updates verbessert. Für uns hat sich die Situation also gar nicht verändert.
In deiner preisgekrönten Maturarbeit hast du letztes Jahr eine Software konzipiert, die Vogelstimmen automatisch erkennt. Was ist aus dem Projekt Whistles geworden?
Nicht wirklich viel. Um es in der App Store verkaufen zu können, hätte ich noch mehr Daten sammeln müssen. Ich habe jedoch lieber an Crimson gearbeitet.
Mit «Crimson Keyboard» hast du es in den App Store geschafft, die App war in mehreren Ländern in den Top 50, in der Niederlande gar auf Platz 1. Wie läuft's mit der App und was hast du noch vor?
Wie die meisten Apps verschwand Crimson ähnlich schnell von der Bildfläche, wie es aufgetaucht ist. Ich werd wohl noch einige Sprachen hinzufügen und dann hat es sich für den Moment.
In welchem Alter und warum hast du mit dem Programmieren angefangen?
Soweit ich mich richtig entsinne, hab ich mit 15 meine erste App geschrieben. Ich war fasziniert, als ich von «normalen Leuten» hörte, die solche Programme entwickeln konnten. Ich kaufte mir also ein Lehrbuch und hab es mir auch beigebracht.
Was war deine erste Programmiersprache?
Objective-C, die Programmiersprache von Apple, mit der sich iOS-Apps und Mac-Apps entwickeln lassen.
Und was ist deine Lieblings-Programmiersprache?
Swift, die neue Programmiersprache von Apple. Sie ist sehr viel moderner als Objective-C und vereinfacht die Entwicklung von Apps im Generellen.
Wie arbeitet es sich mit Swift?
Swift ist sehr jung und daher noch extrem fehlerhaft. Die Tools zum Entwickeln von Apps stürzen oft ab und funktionieren häufig nicht, wie man das erwartet. Dennoch macht es grossen Spass, damit zu arbeiten.
Du beschreibst dich selber als leidenschaftlichen Software-Entwickler. Hast du manchmal Denkblockaden?
Ja klar, hat wohl jeder von Zeit zu Zeit. Ich mach da nicht wirklich viel dagegen und höre einfach auf zu arbeiten.
Programmierer gelten als Bewegungsmuffel, die ständig vor dem Computerbildschirm hocken. Wann warst du das letzte Mal draussen in der Natur?
(lacht) Na ja, ich ging vor ein paar Tagen joggen, ich nehme mal an, das gilt als Bewegung. Neben dem Büro haben wir auch eine Kletterhalle, wo einige von uns ein paar Mal pro Woche hingehen.
Was rätst du anderen jungen Leute, die selber Apps entwickeln wollen?
Kauf dir ein Buch über die Plattform, die dich am meisten interessiert. Versuche so schnell wie möglich, auf eigene Faust etwas zu basteln, da das Buch wohl das langweiligste sein wird, das du je lesen wirst.