Ein weisses Häschen mit Knopfaugen auf einem rosa Herzchen-Hintergrund. Das Logo der Dating-App «Pickable» kommt ziemlich unschuldig daher – ob die App das auch ist?
Bereits lanciert in Frankreich, Italien und England, will es CEO Clémentine Lalande nun auch bei den Schweizer Singles versuchen. «Pickable wird das Online-Dating-Erlebnis für Frauen und Männer nachhaltig verändern», so die 36-Jährige bestimmt.
Tatsächlich: Der Anmeldeprozess funktioniert anders als bei Tinder und Co. Anstatt sich mit Namen, Bildern und Facebook-Profil anzumelden, kann man gleich mit dem Swipen starten. Das allerdings nur als Frau. Frauen starten komplett anonym in den Auswahlprozess, während «Pickable» von den Männern ein Bild sowie eine freiwillige Beschreibung fordert.
Sind die Herren einmal angemeldet, müssen sie darauf warten, bis sie kontaktiert werden. Swipen können nur die Frauen. Einmal ein Herzchen verschickt, muss die Dame dem Auserwählten ein Foto von sich mitschicken. Nur dann gibt's den Match.
«Als Frau auf einer Dating-App zu sein, kann sehr anstrengend sein – zu viele unangenehme Nachrichten, Dickpicks noch vor dem Frühstück», so Lalande. Sie habe sich auf unzähligen Dating-Apps eingeloggt. Und mit Schrecken festgestellt: It's a men's world. «Alle bisher bekannten Apps sind auf Männer ausgerichtet, viel mehr Männer melden sich an und schicken bis zu achtmal mehr Nachrichten als Frauen.»
Die gebürtige Französin mischt seit zwei Jahren im Haifischbecken der Dating-Apps mit. 2018 noch als Co-CEO für die Dating-App Once, startete sie vergangenes Jahr einen eigenen Versuch.
Sie habe mit über 1000 Frauen gesprochen und mithilfe deren Erfahrungen «Pickable» entwickelt. «Die grosse Mehrheit wünschte sich mehr Privatsphäre und eine 100-prozentige Kontrolle über die eigenen Daten und Bilder», so die 36-jährige Unternehmerin.
Datenschutz ist Lalande wichtig. User bezahlen nicht mit persönlichen Daten, die die App dann an Dritte weiterverkauft. Gewinn bringen soll «Pickable» in Zukunft aber trotzdem – und zwar über sogenannte «Freemium»-Accounts. Und hier müssen wiederum die Männer eine Hürde nehmen: Wer pro Tag mehr als einen Match will, kann sich diesen kaufen. Für die Frauen bleibt «Pickable» von Anfang bis Ende kostenlos.
Natürlich sei die App total diskriminierend, gibt Lalande offen zu. «Glauben sie mir, ich will alles andere als Geschlechter diskriminieren. Ich verbringe schon mein halbes Leben als Ingenieurin und Entwicklerin in einer Männerdomäne.» In einer idealen Welt würde es «Pickable» auch nicht geben, führt die Französin aus. «Aber es gibt aktuell so viel Ungleichgewicht im Online-Dating, dass ich nicht anders konnte, als Pickable zu entwickeln.»
Das grösste Problem sei, dass man hinter dem Screen jegliche sozialen Regeln vergesse. Oft komme es vor, dass Männer aggressiv reagieren, wenn Frauen nicht sofort antworten. «Ein solch aggressives Verhalten bei Zurückweisung gibt es im realen Leben viel weniger. Hinter dem Handyscreen gibt es kaum Empathie», so Lalande.
Mit «Pickable» will Lalande dem beikommen. Der Weg zum Treffen im realen Leben soll kürzer werden. «Wenn sich eine Frau für ein Profil entscheidet, dann ist sie auch ernsthaft interessiert daran.»
Gegen das Kennenlernen im echten Leben ist Lalande keineswegs. Ihren Mann hat sie in der Schule getroffen. «Es ist aber schon so, dass man durch die Digitalisierung weniger Menschen im realen Leben kennenlernt. Da helfen Online-Dating-Apps weiter.»
Für «Pickable» hat sich Lalande hohe Ziele gesteckt. Im ersten Monat strebt die Unternehmerin 50'000 Downloads im Schweizer App-Store an. Tinder hat gemäss Angaben der Website «Dating-Advisor» über 300'000 Mitglieder in der Schweiz. Nur sollen bei «Pickable» genau 50 Prozent davon Frauen sein – sodass die Geschlechter exakt im Gleichgewicht sind.