Nach einer breiten Debatte ist die Nordkorea-Satire «The Interview» nun doch in den USA angelaufen. In über 300 Kinos startete am Donnerstag der Film über ein Mordkomplott gegen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, nachdem die Produktionsfirma Sony ihn wegen Terrordrohungen zunächst zurückgehalten hatte.
Viele Menschen gingen aus grundsätzlichen Erwägungen ins Kino und sahen in «The Interview» ein Symbol für die freie Meinungsäusserung. «Ich hatte ursprünglich gar nicht vor, den Film zu sehen, aber nach allem, was passiert ist, glaube ich, dass unsere Unterstützung wichtig ist», sagte einer der Zuschauer im West End Cinema in Washington, Greg Millett.
In einem Kino in Los Angeles sorgten einer der Schauspieler aus dem Film, Seth Rogan, und Ko-Regisseur Evan Goldberg mit einem spontanen Besuch für eine Überraschung. «Die Tatsache, dass er hier gezeigt wird und Ihr alle gekommen seid...», sagte Goldberg - und Rogen ergänzte: «...ist super aufregend».
Die Nordkorea-Satire spielte am ersten Tag fast eine Million Dollar ein. Das berichtete das Magazin «Variety» online. Die Summe ist beachtlich, da landesweit nur rund 300 unabhängige Kinos den ironisch-witzigen Streifen über ein Mordkomplott zeigten.
Bei der Kinokette Alamo Drafthouse seien alle Vorführungen am Donnerstag an allen 17 Standorten ausverkauft gewesen, berichtete das Magazin. Zudem ist der Film auf YouTube und Google Play sowie anderen Netzwerken gegen Bezahlung zu sehen und wurde laut «Variety» prompt zum Bestseller. Grosse Kinoketten wie AMC, Regal und Carmike wollten den Film wegen des Download-Angebots vorerst nicht zeigen.
Das Filmstudio Sony Pictures war wegen des Films, der den fiktiven Tod des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un zeigt, Ziel eines massiven Hackerangriffs geworden. Zudem gab es Terrordrohungen gegen Kinos.
Laut den USA steckt das kommunistische Nordkorea hinter den Angriffen, was Pjöngjang bestreitet. Nordkorea hiess allerdings den Angriff selbst gut. «The Interview» habe die Würde der nordkoreanischen Führung verletzt, beklagte Pjöngjang.
Kritik an Sony, den Filmstart abzusagen, kam sogar aus dem Weissen Haus: Diese Entscheidung der Produktionsfirma sei ein «Fehler», sagte Präsident Barack Obama. Über den Kurswechsel zeigte sich der Präsident dann «erfreut» – er liess aber offen, ob er sich die Satire selbst anschauen wird.
Auch andere ranghohe Politiker und Hollywood-Vertreter hatten zunächst davor gewarnt, mit der Absage des Films einen gefährlichen Präzedenzfall zu schaffen. Sony selbst verteidigte den Filmstopp und verwies immer wieder darauf, wegen der Absage der US-Kinos keine andere Wahl gehabt zu haben.
In dem Film geht es um zwei Journalisten, die die Möglichkeit erhalten, Kim exklusiv zu interviewen. Vom Auslandgeheimdienst CIA werden sie schliesslich damit beauftragt, den Machthaber zu töten. Der Film ist voll von obszönen Anspielungen und Kraftausdrücken, Kim wird darin wenig vorteilhaft dargestellt.
Auch das Schweizer Kinopublikum bekommt die Nordkorea-Satire «The Interview» zu sehen. Die für gewöhnlich gut informierten Kinoportale outnow.ch und cineman.ch listen den Deutschschweizer Kinostart für den 5. Februar auf, Tessin und Romandie folgen eine Woche später.
Die Bundespolizei FBI hat bereits vor knapp einem Jahr vor Hackerangriffen auf US-Unternehmen sowie drohender Rufschädigung und wirtschaftlichen Verlusten gewarnt. Das FBI gab auch genaue Anleitungen, wie Firmen sich auf solch einen Angriff vorbereiten können.
Das geht aus einem Bericht der Behörde hervor, der auf der Website «The Intercept» veröffentlicht wurde. Allerdings hat Sony Pictures, das wegen seiner Nordkorea-Satire «The Interview» zuletzt Ziel eines beispiellosen Hackerangriffs wurde, den Bericht nie erhalten.
In dem 16 Seiten langen Bericht von Mitte Dezember 2013 warnt das FBI, dass Unternehmen «auf die wachsende Möglichkeit vorbereitet werden müssen, dass sie Opfer einer zerstörerischen Cyberattacke werden».
Das Papier enthält Details über vergangene Schadsoftware-Attacken auf südkoreanische Firmen. Auf diese Vorfälle bezog sich das FBI auch vergangene Woche, als es Nordkorea für den digitalen Angriff auf das Sony-Filmstudio in Hollywood verantwortlich machte. Bei «The Intercept» werten Journalisten um den Enthüllungsreporter Glenn Greenwald unter anderem die vom Informanten Edward Snowden beschafften NSA-Unterlagen aus (viw/sda/dpa/afp/reu)