Anfang Jahr verkündete Huawei grosse Pläne: Die Chinesen wollten Samsung übertrumpfen und zum weltweiten Smartphone-Marktführer aufsteigen. Trumps Wirtschaftssanktionen haben dieses Ziel in weite Ferne gerückt: In den fünf grössten EU-Ländern brach der Marktanteil zwischen Mai und Juni von 25,4 auf 16,4 Prozent ein.
Das US-Embargo und die damit verbundene Unsicherheit, ob und wie es mit den Smartphones von Huawei weitergeht, dürfte zumindest kurzfristig viele potenzielle Käufer abgeschreckt haben.
Die Chinesen haben laut Analysen der Marktforschungsfirma Kantar zwischen Mai und Juni rund einen Drittel ihres Marktanteils in den wichtigsten EU-Märkten Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Spanien und Italien verloren. Für die Schweiz erhebt Kantar keine Zahlen.
Huawei’s European smartphone sales slumped last month, says market research firm https://t.co/W0EjC4tR9X pic.twitter.com/0YGWwJr3n6
— Bloomberg (@business) July 18, 2019
Fest steht: Wegen der US-Sanktionen muss sich Huawei auf einen starken Geschäftsrückgang einstellen. Es sei damit zu rechnen, dass das internationale Smartphone-Geschäft in diesem Jahr um 40 Prozent schrumpfen werde, sagte Huawei-Chef Ren Zhengfei im Juni.
Europa ist für Huawei nach China der wichtigste Markt. In seinem Heimmarkt konnte Huawei gemeinsam mit der Schwestermarke Honor den Marktanteil auf geschätzt 46,1 Prozent steigern. Apple kommt in China auf knapp 20 Prozent. «Es ist klar, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China sehr reale Auswirkungen in Europa hat, aber die sehr guten Verkäufe von Huawei in ihrem Heimatmarkt federn die Auswirkungen stark ab», sagt Dominic Sunnebo von Kantar.
«Erste Anzeichen sprechen dafür, dass Samsung und Xiaomi die Hauptnutzniesser sind, wobei auch Apple einen kleineren Aufwärtstrend sieht», sagt Marktforscher Sunnebo.
Apple konnte in den grössten fünf EU-Ländern im Juni erstmals seit Hebst 2018 wieder knapp mehr Handys verkaufen als Huawei. Marktführer Samsung baute seinen Vorsprung weiter aus. Doch ob sich die Konkurrenz lange freuen kann, steht in den Sternen. Huaweis Kurve könnte bereits im Juli wieder nach oben zeigen.
Die Marktforscher von Kantar vermuten, dass viele Huawei-Kunden im Juni ihren geplanten Kauf lediglich verschoben haben. Sollte sich bald herausstellen, dass künftige Huawei-Geräte wie gewohnt mit Googles Android-System laufen, dürften sie ihre Zurückhaltung ablegen und das geplante Handy einfach ein, zwei Monate später kaufen. Kritisch wird es, wenn auch nach August nicht klar ist, wie es weitergeht.
Aktuell erhalten bestehende Huawei-Kunden wie gewohnt Software-Updates und für die Chinesen sieht es inzwischen wieder deutlich besser aus: Ende Juni hat US-Präsident Donald Trump den verhängten Wirtschaftsbann ausgesetzt. Ob Google und andere US-Firmen die Chinesen künftig wie zuvor beliefern können, ist allerdings nach wie vor unklar, denn grundsätzlich steht der chinesische Techgigant weiterhin unter strenger Beobachtung der USA.
Apropos USA: Dort sind die Huawei-Smartphones auf Geheiss der US-Regierung bereits Anfang 2018 aus den Verkaufsregalen der US-Mobilfunkanbieter verschwunden – wegen angeblicher Sicherheitsbedenken. In den USA spielen Geräte von Huawei daher so gut wie keine Rolle mehr, da über 90 Prozent der in den USA verkauften Smartphones über Mobilfunkanbieter verkauft werden. Davon profitieren bei uns kaum gekaufte Marken wie Motorola und Google Pixel, die laut Kantar ihre Marktanteile in den USA stetig ausbauen.
(oli)