Die App heisst «Fengcai» – zu Deutsch etwa «sammelnde Honigbienen». Ein Tourist entdeckte sie nach der Einreisekontrolle auf seinem Handy und wurde argwöhnisch: «Wir dachten zuerst, es handle sich um einen GPS-Tracker», sagte er gegenüber dem «Guardian».
Die chinesischen Grenzbeamten verlangen von Einreisenden die Herausgabe und Entsperrung des Mobiltelefons. In einem separaten Raum wird dann die App installiert. Die Besitzer der Handys werden aber darüber nicht ausdrücklich informiert. Alle bestätigten App-Installationen befanden sich auf Android-Handys.
Die App greift auf folgende Informationen zu:
Die App sendet diese Daten an Computer der chinesischen Grenzpolizei. Zudem gleicht die App auf dem Mobiltelefon sämtliche Inhalte mit einer Liste mit über 73'000 Dateien ab, welche auf einer schwarzen Liste stehen. Die meisten dieser Dateien stehen im Zusammenhang mit islamistischer Propaganda und Terrorismus. Aber auch aus europäischer Sicht harmlose Inhalte wie etwa Dokumente über Taiwan, Tibet oder den Dalai Lama werden gelistet.
Falls ein Reisender eine der indizierten Dateien einmal auf dem Handy gespeichert hat, löst die App einen Alarmton aus, der die Grenzwachen warnt.
Grundsätzlich alle Touristen oder Geschäftsleute, die in die autonome chinesische Provinz Xinjiang von Kirgisistan aus einreisen. Xinjiang ist überwiegend muslimisch und wird von der chinesischen Zentralregierung seit Jahren überwacht.
Xinjiang wird mehrheitlich von Turkvölkern wie den Uiguren bewohnt. Die innenpolitische Lage ist brisant, weil der starke Zuzug von Han-Chinesen ethnisch-religiöse Spannungen entstehen lässt.
Seit längerem ist bekannt, dass die Bewohner Xinjiangs von der chinesischen Regierung mittels Apps überwacht werden, sagt Maya Wang von Human Rights Watch zum Guardian. Neu ist, dass nun offenbar auch sämtliche Ausländer, die über den Landweg einreisen, ebenfalls durchleuchtet werden.
Deutsche Touristen brachten ihre Handys zu Reportern der «Süddeutschen Zeitung» und «NDR». In Zusammenarbeit mit dem «Guardian», der «New York Times» und «Vice Motherboard» und unter Mithilfe von IT-Experten von der Ruhr-Universität Bochum nahmen sie die App auseinander und analysierten den Code. Es sei das erste Mal, dass eine chinesische Überwachungssoftware entschlüsselt werden konnte, schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
Bisher nichts. Die an den Recherchen beteiligten Zeitungen versuchten, eine Erklärung von der chinesischen Regierung zu erhalten, allerdings vergeblich. In der Vergangenheit rechtfertigte China aber die Massenüberwachung in Xinjiang damit, dass sie die Sicherheitslage in der Region massiv verbessert habe.