Neue Form des Beziehungsterrors: Mann wegen iPhone in seiner Unterhose überführt
Der monatelange Spuk endete am 20. Januar 2024: Als Yanis nachts um die Wohnung seiner Ex-Freundin Jeanne schlich (beide Namen geändert), griff ihn die Polizei auf. In seinem Tesla fand sie eine Waffe und zwei Ausweise von Jeanne. Ihr verloren geglaubtes, weisses iPhone versteckte Yanis in seinen Unterhosen. Mit diesem Handy verschaffte sich der heute 28-Jährige Zugriff auf die Online-Accounts seiner fünf Jahre jüngeren Ex-Freundin und trieb sie in den Wahnsinn.
Davon ist das Bezirksgericht Martigny VS überzeugt. Von Nötigung über Drohung bis zu einfacher Körperverletzung sieht das Gericht eine ganze Palette von Delikten erfüllt. Es verurteilt den Franzosen zu 50 Monaten Haft und verweist ihn für sieben Jahre des Landes, wie aus dem jüngst an die Parteien versandten Urteil hervorgeht.
Er plante bereits die Heirat
Die Aargauer Zeitung berichtete bereits letzten Juni über den Fall. Der Beschuldigte verhielt sich mutmasslich nicht nur wie ein «normaler Stalker», sondern wollte die Glaubwürdigkeit seiner Ex-Freundin untergraben. Jemanden auf diese Weise an der eigenen Wahrnehmung zweifeln zu lassen, bezeichnet die Psychologie als «Gaslighting». Laut Experten erreicht der Fall von Yanis und Jeanne neue Dimensionen des Cyberterrors.
Begonnen hatte ihre Beziehung im Februar 2023. Ab Sommer lebte das Paar zusammen. Jeanne konvertierte auf Druck von Yanis zum Islam und begann, ein Kopftuch zu tragen. Vor Gericht sagte sie, Yanis habe «einen Oscar verdient». Er habe sie so geschickt manipuliert, dass sie den Schleier trug, um die Beziehung fortführen zu können. Während Yanis heiraten wollte und bereits einen Termin beim Zivilstandsamt buchte, zog Jeanne Mitte Dezember 2023 die Reissleine. Sie verliess die gemeinsame Wohnung.
Dann eskalierte die Situation: Innerhalb von fünf Wochen stand die Polizei 27 Mal im Einsatz. Yanis telefonierte ausserdem elf Mal mit der Einsatzzentrale, Jeanne sieben Mal. Für sie wurde das Leben zur Tortur – besonders in der digitalen Welt.
Drei Beispiele: Von Jeannes Handy gingen plötzlich seltsame und beleidigende Nachrichten an ihr Umfeld. Die junge Frau wurde ihrerseits von drei tschechischen Nummern bedroht. Mit Nachrichten wie: «Ich werde dein Leben zerstören.» Und Jeannes Psychiater erhielt ein Mail von ihr mit der Berechtigung, Yanis über ihren Gesundheitszustand Auskunft zu geben. Diese Mail hatte Jeanne laut eigener Aussage nie geschickt.
Verteidigung reicht Berufung ein
Während Yanis für die Vorgänge einem «Hackerangriff» die Schuld gab, steht für das Bezirksgericht Martigny fest: Der Mann missbrauchte das iPhone seiner Ex-Freundin. Auf dem Gerät, das später in seinen Unterhosen auftauchte, waren demnach auch die drei tschechischen Nummern gespeichert, von denen Jeanne 100 beleidigende und 200 drohende Nachrichten erhielt. Diese begannen, als Yanis Mitte Januar 2024 in Prag weilte. Das verschollene iPhone loggte sich gleichzeitig ins WLAN seiner Unterkunft ein wie sein eigenes Telefon – und auch sonst stimmten die Bewegungsmuster bisweilen überein, wie das Gericht festhält.
Nach Auffassung der Richter verstrickte sich der Franzose in Widersprüche. Auf die Frage, wieso er das iPhone in seinen Unterhosen versteckte, behauptete er, der «Hacker» habe das Gerät hinter seinem Fernseher deponiert. Aufgrund fehlenden Vertrauens in die Polizei habe er es in seinem Slip versteckt.
Yanis stand nicht nur im Fall Jeanne vor Gericht: Er wurde auch verurteilt, weil er eine andere Ex-Freundin zur Prostitution aufgefordert haben soll. Beim Vorwurf des Menschenhandels kam es dort indes zu einem Freispruch. Die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert, will gegen alle Schuldsprüche Berufung einlegen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
(aargauerzeitung.ch)


