Als Apple vor wenigen Wochen auf seiner Entwicklerkonferenz WWDC neben vielen neuen Softwarefunktionen neue Hardware vorstellte, war das Star-Duo des Events schnell ausgemacht: das komplett neugestaltete MacBook Air, ausgestattet mit dem neuen M2-Chip. Auch wir waren spätestens nach dem ersten Anfassen von der Neuvorstellung angetan.
Bei all dem Trubel um das erste echte Redesign von Apples günstigstem Notebook, ging die zweite Neuvorstellung dabei fast unter: Auch das kleinste MacBook Pro mit 13-Zoll-Display erhielt den neuen, leistungsfähigen M2-Chip, sonst änderte sich am Gerät aber nichts.
Seit diesem Freitag (24. Juni) ist das neue MacBook Pro erhältlich. Wir konnten das Gerät und insbesondere den M2-Chip bereits vorab ausführlich testen.
Beim Öffnen der Box dürfte Mac-Fans ein ausgeprägtes Deja-vu überkommen: Auf den ersten Blick sieht wirklich alles exakt so aus, wie seit der Vorstellung des überarbeiteten MacBook Pros im Jahr 2016.
Auch das Notebook selbst ist äusserlich nicht von einem Vorgängergerät aus dem Jahr 2018 zu unterscheiden, das wir zum Vergleich daneben gestellt haben. Hier zeigt sich auch, an wen sich dieses MacBook Pro richtet: An all diejenigen, denen das bisherige, etwas weichere Gehäusedesign besser gefällt – und vor allem an die, die die Touchbar lieben und sie noch so lange wie möglich nutzen wollen.
Die Touchbar ist ein langer OLED-Displaystreifen, der im Gerät dort sitzt, wo sonst die F-Tasten sind. Die Touchbar ist flexibler als die physischen F-Tasten und blendet je nach Kontext oder aktiver Anwendung passende Schaltflächen ein. Das klingt praktisch – doch seit dem Start der Touchbar gab es immer wieder Widerstand in der Apple-Community gegen das Bedienfeld.
Tatsächlich scheint Apple sich von der Touch Bar zu verabschieden: In den neugestalteten MacBook-Pro-Modellen aus dem vergangenen Jahr mit 14-Zoll- und 16-Zoll Display sind wieder normale Tasten an dieser Stelle verbaut. Damit ist das jetzt vorgestellte MacBook Pro 13 Zoll das einzige Modell mit Touchbar – und es ist durchaus denkbar, dass beim unweigerlich anstehenden Redesign dieses Modells der Display-Streifen ebenfalls wegfallen könnte.
Abgesehen von dieser modellpolitischen Besonderheit – die aktuell jedoch nichts anderes als eine Mutmassung ist – gibt es zum Äusseren des Geräts nichts Neues zu sagen: Wie seine Vorgänger ist das Gerät hochwertig verarbeitet und in der Bedienung absolut vertraut.
Der eigentlich spannende Aspekt am neuen MacBook Pro ist ohnehin ein anderer: das neue System-on-a-Chip (SoC) M2. Denn streng genommen ist die M-Plattform nicht nur ein ARM-Prozessor, sondern sie umfasst mehrere integrierte Systeme, darunter etwa auch die Recheneinheiten für die Grafikberechnung oder den Arbeitsspeicher, der als «Unified Memory» einen direkten Zugriff von Rechenkernen und Grafikeinheiten auf dieselben Speicherbereiche erlaubt.
All das galt bereits für die M1-SoCs: Der Effekt war, dass die Ende 2020 vorgestellten M1-Chips die x86-Prozessoren aus dem Hause Intel oder AMD buchstäblich alt aussahen liessen – so als wäre Apple ihnen um Jahre voraus. So gab es zwar x86-Prozessoren, die noch schneller rechneten als Apples neuer Chip – aber dabei ein Vielfaches an Energie benötigten und auch entsprechend viel Hitze erzeugten – und sie für leise und lange laufende Notebooks unbrauchbar werden liessen.
Mit dem M2 verspricht Apple teils signifikant mehr Leistung als beim M1: Die CPU-Leistung soll um bis zu 18 Prozent höher sein, die Grafikleistung soll sogar um 25 Prozent wachsen – all das mit dem gleichen Energiebudget wie beim M1. Kann das klappen?
Wir konnten das Gerät eine Woche lang testen – und auf den ersten Blick scheinen sich Apples Versprechen zu bestätigen: Die Batterielaufzeit ist wie beim Vorgängergerät beeindruckend. 17 Stunden drahtloses Surfen sollen möglich sein – angesichts unserer Erfahrung durchaus glaubhaft. Selbst mit immer wieder anspruchsvollen, rechenintensiven Aufgaben belastet, kommt das Gerät mühelos durch einen Arbeitstag und hat dann noch genügend Reserven für den Feierabend.
Um den Leistungszuwachs zu prüfen, haben wir unter anderem das Mess-Programm Geekbench genutzt: Die Leistung eines einzelnen M2-CPU-Rechenkerns lag hier in mehreren Testläufen bei etwa 1'940 Punkten. Ein Kern im MacBook Air mit M1 kam auf etwa 1'730 Punkte, der Einzelkern im MacBook Pro 14 Zoll mit M1 Pro lag in einem vergleichbaren Bereich – ein Leistungsplus von rund 12 Prozent.
Grösser ist der Zuwachs, wenn alle verfügbaren Kerne rechnen dürfen. Im Vergleich zum M1 lag das Multicore-Ergebnis beim M2 (knapp unter 9'000 Punkten) im Testgerät knapp 17 Prozent höher – die von Apple angegebenen 18 Prozent dürften bei bestimmten Bedingungen also sicher erreicht werden.
Im Vergleich zum schwächsten M1 Pro liegt der neue M2 aber hinten. Hier kam die Pro-Variante auf rund 10'000 Punkte – gut elf Prozent mehr. Das mag auf den ersten Blick verwirren, schliesslich haben beide Chips acht CPU-Kerne – und die vom M2 sollten doch eigentlich schneller sein?
Die Auflösung ist aber einfach: Während bei den Standardmodellen von M1 und M2 die acht Kerne als vier Hochleistungs- und vier Energiesparkerne ausgelegt sind, rechnen beim M1 Pro sechs Hochleistungskerne und nur zwei Energiesparkerne. Das macht sich unterm Strich aber auch in der Akku-Laufzeit bemerkbar.
Deutlich ist der Vorteil gegenüber dem M1 im MacBook Air wieder im Grafikbereich. Im Benchmarkprogramm 3DMark kam der M2 auf 51 Prozent höhere Leistung – hier muss allerdings erwähnt werden, dass der günstigste M1 im MacBook Air nur über sieben Grafikkerne verfügt, der M2 verfügt standardmässig dagegen über zehn entsprechende Recheneinheiten. Spannend dürfte deshalb der Vergleich mit dem M2 im neuen MacBook Air werden – dessen M2 rechnet mit acht Kernen in der günstigsten Ausführung.
Übrigens kann der M2 auch in der Grafikleistung nicht mit dem M1 Pro mithalten. Dessen 14 Grafikkerne sorgten beim 3DMark für rund 35 Prozent Leistungsvorsprung gegenüber dem M2.
Noch nicht ausführlich testen konnten wir die Media Engine des M2, die beim Umgang mit Videomaterial teilweise eklatante Leistungszuwächse gegenüber dem M1 bieten soll. Auch die überarbeitete Neural Engine und die um 50 Prozent erhöhte Speicherbandbreite dürften in einigen Anwendungsfällen für signifikant mehr Leistung sorgen.
Übrigens: Den Lüfter haben wir während unserer Tests nur äusserst selten gehört – und das auch nur im kaum wahrnehmbaren Bereich.
Der M2 ist ein beeindruckendes SoC: So viel Leistung bei diesem hohen Grad an Effizienz kann derzeit nur Apple bieten. Genauso beeindruckend ist, welchen Leistungsvorsprung Apple seit der Vorstellung des M1 vor anderthalb Jahren herausarbeiten konnte. Apple wird der Konkurrenz noch weiterhin viel Kopfzerbrechen bereiten – denn an diese Leistungs- und Effizienzwerte kommt so schnell keiner heran.
Mit seinem neuen Chip hat Apple klar abgeliefert. Etwas komplizierter ist es bei der Plattform, in der wir den M2 zu sehen bekommen. Das MacBook Pro 13 Zoll ist im Geräteportfolio von Apple ein Sonderling und ein kleiner Widerspruch in sich: Es ist das letzte Notebook-Modell, das noch kein neues Design erhalten hat und lässt einige Vorteile der übrigen Modelle vermissen – etwa den MagSafe-Ladeanschluss, die schmaleren Displayränder oder die verbesserte Webcam.
Gleichzeitig ist es – Stand heute – das mit Abstand leistungsfähigste 13-Zoll-MacBook-Pro, das man kaufen kann. Und bislang das einzige mit dem modernsten M2-Chip.
Mit 1450 Franken ist der Preis zwar durchaus gehoben – trotzdem trennen ihn noch 750 Franken vom nächst leistungsfähigeren MacBook Pro 14 Zoll (mit «M1 Pro»-Chip).
Auf der anderen Seite wird Apple in Kürze den Verkauf des neuen MacBook Air (mit M2-Chip) starten. Das ist nur 70 Franken günstiger, bietet dafür die bessere Webcam, Magsafe und ein neues Design. Gleichzeitig bietet es auch etwas weniger Leistung: Statt zehn stecken nur acht Grafikkerne im hier eingebauten M2 (gegen Aufpreis ist auch ein Modell mit zehn Kernen erhältlich), ausserdem ist er durch den fehlenden Lüfter zwar absolut leise, muss seine Leistung bei anhaltender Rechenlast aber leicht drosseln. Wie sehr, das wird erst ein Vergleichstest in hoffentlich naher Zukunft zeigen.
Wen also spricht Apple mit diesem MacBook Pro an? Ganz sicher all diejenigen, die die Touchbar lieben – oder das alte Design. Sicherlich könnte es auch einige wenige User geben, die einerseits das kleine Leistungsplus des lüfterunterstützten MacBook Pros 13 Zoll brauchen, sich das nächst leistungsfähigere 14-Zoll-Modell aber nicht leisten können oder wollen.
Ein letzter Punkt für den Sonderling ist die Akkulaufzeit: Momentan ist es das Apple-Notebook mit der längsten Akkulaufzeit im normalen Betrieb. Wer seine Priorität auf diesen Punkt legt, ist aktuell mit diesem MacBook Pro am besten bedient.
Vermutlich spätestens im nächsten Jahr dürfte Apple dieses Modell durch ein runderneuertes ablösen: Dann wohl mit MagSafe und neuer Webcam, aber ohne Touchbar.
Preislich würde solch ein Modell wohl auch noch ein wenig näher an das teurere 14-Zoll-Modell rücken. Wer auf diesen speziellen Mix aus Eigenschaften schielt, sollte besser nicht zu lange mit dem Kauf warten.
Das MacBook Pro 13 Zoll (2022) ist ab Freitag, 24. Juni erhältlich. Das Einstiegsmodell mit 8 GB RAM und 256 GB SSD kostet 1449 Franken.
Auch der Techjournalist und Gadget-Kenner Matthias Kremp vom früheren watson-Medienpartner «Spiegel» hat das Macbook Pro mit M2-Chip getestet. Er schreibt: