Es sei die höchste Prozentzahl an Strafzöllen unter den Industrieländern, schreibt etwa Bloomberg. Sie hätten die Schweiz überrascht, da sie bereits vielversprechende Verhandlungen geführt habe.
Doch Trump sei wegen des Handelsprofits der Schweiz mit der USA verärgert gewesen. «Das Problem, das die Bundespräsidentin – die auch Finanzministerin ist – in Washington hatte, war, dass jegliche Zugeständnisse zu Hause politisch schwierig werden würden, ohne das Handelsbilanzdefizit wirklich zu mindern», heisst es im Bericht.
«Ein Land hat sich verrechnet», titelt wiederum der Spiegel. Während des Eurovision Song Contests im Mai habe die Schweiz mit dem Song «Made in Switzerland» noch über Exporte gescherzt, jetzt sei dem Land das Lachen vergangen. Die Schweiz zweifle gar am eigenen Selbstbild und der eigenen Selbstüberschätzung. Der Spiegel-Autor, der ursprünglich aus der Schweiz kommt, spricht gar von einer «Demütigung vor der ganzen Welt».
Mehrfach ist im Artikel von Selbstüberschätzung die Rede. «Das Land mit neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, das ausserhalb der EU floriert und ihr deshalb fernbleibt, ging fest davon aus: Man werde mit dem US-Präsidenten bessere Bedingungen aushandeln können als Brüssel.»
Die Kritik reisst nicht ab und scheut auch nicht vor klischeehaften Anspielungen zurück, heisst es weiter im Bericht. Keller-Sutter – «in der Schweiz oft bloss als KKS bezeichnet» – kenne im Ausland fast niemand, den Flug nach Washington habe sie «auf dem provinziellen Flugplatz Bern-Belp, umgeben von Feldern», angetreten. Und auch Parmelin machte offenbar keinen guten Eindruck.
Von einem «Schlag ins Gesicht» spricht das Wall Street Journal. Wirtschaftsbosse und Politiker versuchten zu verstehen, warum die «historisch stabile Beziehung mit Washington plötzlich zerbrochen» ist. Rahul Sahgal, CEO der Schweizerisch-amerikanischen Handelskammer, macht deutlich, wie unverständlich die Zölle erscheinen: «Selbst wenn die Schweizer jeden Tag Bourbon trinken und eine Harley-Davidson kaufen, wird sich das Handelsdefizit nicht verändern.»
Das Forbes Magazin sieht die Schweiz als Musterbeispiel dafür, welche Unsicherheiten Trump mit seinem Handelskrieg gegen die Welt angerichtet habe. Dass die USA mit der Schweiz eines der höchsten Handelsbilanzdefizite habe, sei sicher der Grund, warum die Schweiz auf Trumps Radar erschienen sei. Das Magazin sieht auch einen Grund, warum es die Schweiz besonders hart treffe.
Der Wert von Gold steige in Zeiten von Unsicherheiten. Allein im letzten Jahr sei der Goldpreis um 40 Prozent gestiegen, nicht zuletzt wegen Entscheidungen, die Trump gefällt hatte. Das bescherte den USA zu Beginn des Jahres ein grösseres Defizit, ein weiterer Grund, warum Trump wohl so hohe Strafzölle gegen die Schweiz verhängte.
Auch der «Economist» sieht Gold als wahren Grund für die hohen Zölle. Dass ausgerechnet das Edelmetall von den Strafzöllen ausgenommen ist, sei absurd, erklärt Wirtschaftsjournalistin Rachana Shanbhogue in einem Video. «Was das Schicksal der Schweiz besiegelte, war, dass das Land mehr Güter in die USA exportiert als importiert.»
«Bizarrerweise» glaube Trump, dass ein Defizit mit dem Stehlen von Geld gleichgesetzt werden könne. Und viel Handelsspielraum habe die Schweiz nicht, weil sie selbst schon so tiefe Zölle auf US-Produkte erhebt. Trumps Unberechenbarkeit und Irrationalität mache ein Angebot umso schwieriger. «Willkommen in einer neuen Handelsära.»
Ähnlich klingt es bei der Financial Times, sie spricht gar von einem neuen Handelszeitalter und dem Ende einer alten Ordnung. «Wir sind jetzt in einer neuen Welt. Selbst für Handelsexperten ist diese Komplexität einfach verrückt», sagt ein Wirtschaftsexperte zum Portal.
Noch hat die Schweiz die Hoffnung nicht aufgegeben. Am Donnerstag trifft sich der Bundesrat zur Krisensitzung. Keller-Sutter hatte bereits vergangene Woche angekündigt, dass die Verhandlungen selbst nach einem Inkrafttreten der 39-Prozent-Zölle weitergehen sollen. (vro)
Und anstatt sich von den USA so gut es geht abzuwenden und mit anderen Ländern zu verhandeln demütigt sich der Bundesrat mit null Erfolg.
Fun Fact: Den Journalisten vom Spiegel, Serafin Reiber, kenne ich persönlich, wir waren an der gleichen Schule. Es überrascht mich daher nicht wie er mit der Schweiz recht hart ins Gericht geht, schon als Schüler war er ähnlich.