Sind wir ehrlich: Das Berufsleben ist oft ganz schön anstrengend und privat will auch nicht immer alles so rund laufen, wie wir uns das gerne wünschen. Wäre es da nicht schön, einfach die Koffer zu packen und auf eine Insel auszuwandern, wo man nochmals bei Null anfangen kann und die Sorgen hinter sich lassen darf? Mit diesem neuen Nintendo Switch-Titel ist das jetzt möglich.
«Animal Crossing»? Da scheint bei vielen etwas zu klingeln. Die Nintendo-Marke füllt regelmässig den Geldbeutel von Big N und hat eine riesige, treue Fangemeinde da draussen. Der erste Titel erschien 2001 für den Nintendo 64. Aber vorerst nur in Japan. Erst 2004 war das Spiel dann auch bei uns erhältlich, allerdings für die Nachfolgerkonsole Nintendo GameCube.
Die Marke wurde schnell zu einer der meist verkauften Spielereihe von Nintendo und bekam einige Fortsetzungen spendiert. Es gab zusätzlich diverse Spin-Offs und Mobile-Versionen. Auf einen richtigen Nachfolger sprich ein neues grosses Abenteuer mussten Fans aber sehr lange warten. Doch die Wartezeit ist jetzt vorbei.
Das Spielprinzip ist einfach: Als Avatar gesellt sich der Spieler zu einer Gemeinschaft von sprechenden, menschenähnlichen Tieren. Dort bekommt man vom berühmten Tom Nook, das ist quasi der Inselchef, per Kredit eine Behausung, die aber nicht einfach so bewohnt werden kann. Denn um das Ganze abzubezahlen, müssen diverse Tätigkeiten erledigt werden. Hat man genug verdient, kann das traute Heim mit einer neuen Investition vergrössert und verschönert werden.
Das Spiel läuft in Echtzeit, richtet sich also nach der Uhrzeit, die in der Konsole schlummert. Spielt man beispielsweise nur zur späten Stunde, ist auch in der Spielwelt die Nacht hereingebrochen. Wer zwei Stunden spielt, verbringt auch in der Fantasiewelt zwei Stunden. Wird die Konsole ausgeschaltet, geht das «Animal Crossing»-Leben trotzdem weiter, einfach ohne den Spieler. Eine Handlung, also eine klassische Spiele-Dramaturgie, gibt es nicht und somit kann das Game theoretisch ewig gespielt werden.
Im Vergleich zu den Vorgängern gibt es jetzt ein richtig grosses Stück Freiheit. Damit lockt jedenfalls Tom Nook mit seiner neuen Geschäftsidee auf das Eiland. Auf einer einsamen Insel haust man zuerst in einem Zelt und muss sich dann nach oben arbeiten, im wahrsten Sinne des Wortes.
Um sich ein Haus zu bauen oder die nötigen Werkzeuge dazu zu erstellen, muss sehr viel gesammelt werden. Das kann man natürlich mit einem romantischen Spaziergang am Strand verbinden, aber wer etwas bewerkstelligen oder besitzen möchte, der muss ran und Holz hacken, Fischen gehen, Unkraut pflücken, Steine sammeln und immer schön brav auf die Ratschläge des Inselgurus hören.
Passend dazu gibt es bei der Ankunft ein eigenes Smartphone, das den frisch gebackenen Insulaner stets mit Aktualisierungen versorgt. Mit der Inselwährung Sternis darf der Shop leer gekauft werden und bei jeder Aktivität werden Nook-Meilen gesammelt, mit denen man sich später wiederum diverse Dinge gönnen und sogar reisen darf.
Bevor ich überhaupt in einem kleinen schicken Häuschen wohnen darf, ist es ein langer Weg. Zu Beginn hause ich in einem Zelt, habe kaum Utensilien bei mir und muss mithelfen, ein öffentliches Gebäude zu errichten. Dazu benötigt es diverse Werkzeuge. Also müssen diese zuerst an der Werkbank hergestellt werden, wozu ich wiederum Holz, Steine etc. brauche.
Die freie Erkundung auf der Insel ist zu Beginn eingeschränkt, da ich vorerst nicht über Flüsse komme. Dazu brauche ich einen Sprungstab, der wiederum aus Materialien besteht, die ich zuerst finden und einsammeln muss. Die erstellten oder gekauften Werkzeuge haben übrigens ein Verfallsdatum. Wer also mit der Schaufel am Strand ununterbrochen nach Schätzen buddelt, muss damit rechnen, dass sich das Werkzeug plötzlich in Luft auflöst. Dann muss ein neues her. Das erinnert sofort an «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» und nervt ungemein.
Aber hey, Freiheit! Mit der neuen Freiheit darf allerhand angestellt werden. So kann man zum Beispiel das Layout der Insel mit der Zeit selber festlegen. Eigene Spazierwege dürfen konstruiert oder bestimmte Gegenstände können auf der Insel frei platziert werden. Warum nicht mal einfach eine Sitzbank am Strand aufstellen oder die Insel mit persönlicher Deko zukleistern? Der Kreativität darf man freien Lauf lassen. Sogar kleine Freizeitparks können mit der Zeit erstellt werden. Unglaublich, aber wahr.
Der Animationsstil und die musikalische Untermalung sind gewohnt knuffig. Nintendo weiss einfach, wie man eine herzige Welt kreiert und sie mit vielen putzigen Details zukleistert. Natürlich weilen auch ganz viele Anspielungen auf das Nintendo-Universum auf der Insel. Wer aufmerksam durch das neue Leben schreitet und die Ohren spitzt, wird mit einigen Überraschungen belohnt.
Auf den ersten Blick scheint die Insel, auf der das neue Leben beginnt, leer zu sein und nicht viele Möglichkeiten zum entdecken zu bieten. Doch der Schein trügt. Denn im Boden oder auch in den Bäumen finden sich zum Beispiel amüsante Kleinigkeiten, die den Entdeckergeist wecken. Kleiner Tipp: Einfach mal an einem Baum rütteln, bis man nicht mehr kann.
Zu Beginn gibt es auch nur eine Handvoll Inselbewohner, die offen für eine Plauderei sind. Nach vielen Spielstunden trifft man dann aber auf neue Figuren und kann sogar bei einem Ausflug auf andere Inseln diverse Charaktere auf sein Eiland einladen. Um jedoch auf eine neue Insel zu kommen, müssen Flugmeilen gesammelt werden, was wiederum mit viel Arbeit verbunden ist.
«New Horizons» ist ein Zeitfresser. Wer einfach nur mal kurz auf der Insel vorbeischaut, wird noch lange in seinem Zelt hausen müssen. Nur wer sich Mühe gibt und bereit ist, viele Stunden zu arbeiten, respektive viele, viele Dinge einzusammeln, wird erst die Tiefe der Spielmechanik kennenlernen. Denn hat man endlich sein Eigenheim, die nötigen Werkzeuge und ein paar neue Gefährten um sich, dann beginnt der Spass erst so richtig und Nintendo offenbart, was alles überhaupt möglich ist.
Wer übrigens die Gesellschaft von Mitspielern möchte, kann sich freuen. Insgesamt dürfen acht Spieler online auf derselben Insel herumwuseln. Dabei kann auch ein Chef gewählt werden, der bestimmt, was die Gruppe genau tun soll. Es wird auch mit diesem neuen Ableger saisonale Events geben, wo bei bestimmten gesellschaftlichen Ereignissen im Lande die Post abgehen wird. Ostern, Halloween und Weihnachten können kommen!
Fazit: Mein neues Leben gefällt mir. Ich habe schöne Blumen im Garten gezüchtet, eine sperrige Mini-Sphinx daneben platziert und eine kleine Vogel-Kolonie gegründet. In meinem Haus hängt die wunderschönste Tapete ever und ich bin erstaunt, wie viele Kleidungsstücke ich mittlerweile besitze.
Der Weg dorthin war aber anstrengend. Das ewige Sammeln und das Befolgen von Anweisungen, nur um endlich ein ordentliches Haus zu besitzen, war oft ermüdend. Doch auch wenn die Motivation sank, lockten doch immer wieder die starken Momente der Zufriedenheit, wenn etwas endlich erreicht wurde.
«New Horizons» hat die «Animal Crossing»-Marke nicht revolutioniert, ihr aber ein ordentliches Stück Freiheit spendiert, die jedoch wiederum viel Arbeit kostet. Dem sollte man sich bewusst sein, wenn der Insel-Trip beginnt und die Realität zurückgelassen wird. Frohes Schaffen!
«Animal Crossing: New Horizons» ist ab dem 20. März exklusiv für Nintendo Switch erhältlich und freigegeben ab 3 Jahren.