Das Original hat bei mir Spuren hinterlassen. Der Survival-Horror im Weltraum hat mich nächtelang ins Sofa gedrückt und auf einen Trip geschickt, der bei mir noch lange, lange nachhallte. Das Gefühl von ständiger Angst und Unsicherheit begleitete mich permanent und die Audiokulisse bohrte sich tief in mein Gehirn.
Es war jene Zeit, als ich gerade eine neue Surround-Anlage im Wohnzimmer installiert hatte und noch nicht ahnen konnte, wie sehr dieses Spiel meine Gehörgänge terrorisieren würde. Ja, «Dead Space» war ein audiovisueller Hochgenuss, der den Puls nach oben trieb und mich komplett einlullte. Ein Fest für Survival-Horror-Fans und eine Herausforderung für das Nervenkostüm. Das Remake spielt nun auf derselben Klaviatur des Grauens und sorgt für unzählige Flashbacks.
Wir schlüpfen wieder in die Rolle des Mechanikers Isaac Clarke, der sich auf einer simplen Mission befindet: Zusammen mit einer Crew reist er zum Bergbau-Raumschiff USG Ishimura, um dort die Kommunikationsanlage zu reparieren. Weil angeblich nur der Funkkontakt abgebrochen ist, scheint das eine reine Routineaufgabe zu werden.
Doch kurz nach der Ankunft wird der Besatzung klar, dass hier etwas so gar nicht stimmt. Die Ishimura gibt keinen Mucks von sich, niemand antwortet und das Schiff scheint ohne Lichter wie ausgestorben im All herumzutreiben. Als sich die Truppe an Bord wagt, beginnt der Terror. Aggressive, widerliche Monster machen Jagd auf die Crew und sorgen dafür, dass die Mitglieder voneinander getrennt werden. Zwar kann die Kommunikation zwischen Einzelnen aufrecht gehalten werden, doch Isaac ist nun auf sich allein gestellt.
Schritt für Schritt macht er sich an die Aufgabe, das Schiff zu reparieren. Als grosser emotionaler Antrieb dient dabei seine Freundin Nicole Brennan, eine Assistenzärztin auf der Ishimura, die ihn via Videoaufzeichnung kontaktiert hat und noch am Leben sein sollte.
Isaac ist zwar nur ein Handwerker ohne grosse militärische Ausbildung, doch unser Held lernt schnell, wie er sich mit diversen Ballerwerkzeugen den aggressiven Horden erwehren kann. Er verinnerlicht zudem rasch, dass die Monster nicht einfach simpel weggeballert werden sollten, sondern vielmehr ihre Körperteile Schuss für Schuss abgetrennt werden müssen, um sie ausser Gefecht zu setzen. Denn die Höllenbrut ist nicht die gewohnt ekelhafte Fleischmasse aus anderen bekannten Videospielen, sondern besitzt eine Vielzahl an Gliedern, Klingen und Tentakeln, die nach dem Protagonisten greifen wollen.
Dabei rennen diese Wesen nicht nur aggressiv auf uns zu, sondern tauchen immer wieder dann auf, wenn wir es nicht erwarten. Plötzlich stürmen sie aus einem Luftschacht, türmen sich hinter uns auf oder platzen aus einem Gang heraus, wenn wir gerade nicht an Gegenwehr denken. Wo wir uns auch befinden und was wir auch gerade tun, die Unsicherheit ist unser ständiger Begleiter.
Nebst den sehr blutigen Ballersequenzen warten aber auch noch andere Herausforderungen auf uns: In einigen Spielabschnitten müssen wir uns in der Schwerelosigkeit unseren Weg bahnen oder uns im Vakuum nach vorne bewegen und dabei immer ein Auge auf unsere Anzeige werfen, um nicht zu ersticken.
Wir bekommen zudem die Fähigkeit, grosse und schwere Gegenstände mittels futuristischer Technologie frei zu bewegen. Damit können wir uns nicht nur versperrte Wege öffnen, sondern auch diverse Gegenstände auf Feinde werfen, um sie so zu durchbohren oder gar eine Explosion zu verursachen. Nützlich ist auch die Möglichkeit, bestimmte Objekte in ihrer Bewegung zu verlangsamen. Somit können nicht nur kaputte Türen, die schnell auf- und zugehen, verlangsamt, sondern auch heranrennende Gegner für kurze Zeit entschleunigt werden.
Solche Möglichkeiten sind stets zu nutzen, denn die Munition ist, wie es sich für das Genre gehört, keine Massenware. Nebenbei sehen wir uns Videos und Hologramme an und lauschen diversen Audioaufnahmen, um hinter das Schicksal der Ishimura zu kommen. Und selbstverständlich dürfen wir an verteilten Werkbänken unsere Waffen und die Rüstung aufleveln.
Das Remake bietet im Vergleich zum Original natürlich eine aufgebohrte Optik und ein überarbeitetes Sounddesign. Ansonsten hat man sich aber inhaltlich und auch von der Spielmechanik her auf keine grossen Experimente eingelassen.
Es gibt zwar jetzt mehr Audiofiles und sonstige Notizen zu entdecken, die ein bisschen mehr Hintergrundwissen vermitteln, aber inhaltlich bleibt alles wie damals. Auch wenn die Ishimura nun einige neue Abzweigungen und Räume besitzt und ein paar optionale Nebenmissionen einladen, hat sich an der Geschichte nichts geändert.
Der Fokus beim Remake setzt voll und ganz auf den audiovisuellen Aufguss, der sich aber wirklich sehr schön sehen und hören lassen kann. Ansonsten darf Isaac neu ab und zu sprechen und nimmt auch regelmässig den Helm ab. Und was besonders erfreulich ist: Die Umgebungskarte ist detaillierter und lässt sich jetzt endlich genauer studieren.
Sprechen wir den riesigen Elefanten im Raum an: Muss ich als Kenner des Originals hier nochmals zugreifen? Das Spielgefühl von damals konnte sich bei mir ehrlicherweise nicht mehr so intensiv wiederherstellen. Zwar war die permanente Angst und Unsicherheit, immer wieder hinterrücks angegriffen zu werden, da, aber der grosse, storytechnische Überraschungseffekt war nicht mehr anwesend.
Ja, diesen Raum kenne ich noch und ja, da wird gleich etwas passieren und ja, ich kenne den Hintergrund dieser Höllenwesen bereits. Kurz: Das positive, überraschende Gefühlschaos aus dem Jahr 2008 gab es nicht mehr.
Und dennoch konnte ich die Finger vom Controller nicht lassen, weil diese schrecklich schöne Horrorkulisse ein Fest für die Augen und Ohren war und ich genüsslich in jeden Winkel dieser Welt eintauchte, auch wenn ich bereits wusste, was als nächstes geschehen wird.
Und auch im Remake kränkelt der Titel übrigens an den letzten Spielstunden, wo die Spannungskurve nach der einen oder anderen Enthüllung nach unten fällt und der Terror einer Schiessbude weichen muss, wo es nur noch gilt, blind um sich zu ballern. Und auch die Abschnitte in der Schwerelosigkeit steuern sich immer noch träge und ungenau und eine erfüllende Orientierung bleibt hier meistens schwierig.
Fazit: Wer «Dead Space» noch nicht kennt, ein Faible für guten Survival-Horror hat und schweisstreibende Action mag, darf zugreifen, sofern man sich dem permanenten Terror nervlich aussetzen kann.
Wer hingegen das Original bereits kennt, sollte wissen, dass hier vor allem audiovisuell geschliffen wurde, während Inhalt und Mechanik gleich geblieben sind. Zwar gibt es ein paar nette Zusatzmissionen und klitzekleine Änderungen wie neue Räumlichkeiten und Abkürzungen, aber «Dead Space» ist und bleibt ein schlauchartiges Videospiel, wo diverse Areale immer wieder aufs Neue durchschritten werden müssen.
Die panische Atmosphäre mit grosser Unsicherheit und Nervenkitzel bleibt aber bestehen und bietet schaurig schöne Spielstunden wie damals: «Dead Space» war gut, ist gut und bleibt gut.
«Dead Space »ist erhältlich für Playstation 5, Xbox Series X/S und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.