Wer die «Monster Hunter»-Reihe kennt, weiss sofort, was bei «Wild Hearts» abgeht: In einer Fantasy-Welt schleichen und marschieren wir durch üppige Landschaften und machen Jagd auf grosse Kreaturen. Wer dabei fleissig Beute sammelt und sich brav auflevelt wird mächtiger und kann sich dem nächsten Übertier stellen. Das japanische Entwickler-Studio Omega Force hat die Grundmechanik vom Genre-König übernommen und bietet nun eine eigene Spielwiese für Hobby-Jäger.
In der ersten Spielstunde sorgt «Wild Hearts» für Stirnrunzeln: Wir scheinen uns zwar irgendwie im feudalen Japan aufzuhalten, aber so ganz sicher sind wir uns da nicht. Zu viele komische Kreaturen begegnen uns, die Flora und Fauna ist oft zu abgefahren und wenn dann auch noch abstruse Magie-Fähigkeiten die Jagd erleichtern sollen, wenden wir uns immer mehr vom historischen Realismus ab.
Alles schön und gut und unser Spielerherz ist ja offen für viele bunte Sachen, aber eine narrative Einordnung wird zu Beginn schmerzlich vermisst. Da hilft es auch nicht, wenn uns ein angeblich alter weiser Mann an einem Lagerfeuer bedeutungsschwangere Worte an den Kopf wirft und in Rätseln spricht. Ja, ein bisschen mehr Fleisch am Story-Knochen wäre ganz nett gewesen.
Mit vielen Fragezeichen im Gesicht dürfen wir uns dann aber immerhin als Ausgleich im Charaktereditor ordentlich austoben um unsere persönliche Spielfigur mit vielen Details zu versehen. Doch die Grundfrage, was das Spiel denn nun genau von uns möchte, bleibt unbeantwortet.
Unser Durst nach einer Grundmotivation wird also nicht gestillt. Somit schreiten wir halt weiter voran und ergeben uns der Spielmechanik. Bewaffnet schleichen wir durchs Unterholz mit dem Ziel das nächste grosse Geschöpf zu bodigen. Bis wir die Kreatur antreffen, müssen Hindernisse überwunden werden, die wir mit unseren Kletterkünsten oder mit der Hilfe von speziellem Werkzeug umgehen können.
Die Hilfsutensilien werden schnell gebraucht, denn die Spielfigur kann nur für einen bestimmten kurzen Zeitraum nach oben klettern, bevor ihr die Puste ausgeht und sie nach unten sackt. Mit der Hilfe eines magisch-technischen Gadgets können wir zum Beispiel stapelbare Kisten hervorzaubern, die uns dann den Aufstieg erleichtern. Aber auch hier: Woher kommen sie und warum genau haben wir die jetzt plötzlich?
Egal, auch hier erstmal wieder durchatmen und sich weiter dem Gameplay unterordnen, das uns immerhin später noch mitteilt, dass diese magischen Kisten und anderer zusätzlicher Schnickschnack auch für die Monsterjagd verwendet werden kann. Wir sammeln nebenbei übrigens fleissig noch kleine Tiere, Pflanzen, Holz und alles andere, was in der Landschaft nicht angenagelt wurde. Wir schlagen ein Lager auf, machen ein Feuer, basteln einen Tisch und stellen einfach keine Fragen mehr.
Kommen wir zum Hauptmerkmal eines jeden guten Jagd-Games, die Monster: Und hier zeigt sich «Wild Hearts» dann endlich mal von seiner ganz schönen Seite, denn die grossen Kreaturen, die es zu erledigen gilt, hinterlassen positive Eindrücke. Ohne hier zu viel zu verraten, sie sind gross, elegant, bezaubernd, überraschend, kurios und herausfordernd. Zwar zwingt die Technik (wir kommen gleich zu ihr) einige Überwesen ein wenig in die Knie und lässt somit vollkommene Anmut vermissen, aber im Grossen und Ganzen sind die Viecher die Highlights und kitzeln die Motivation, alle hautnah zu erleben.
Am meisten Kritik muss sich «Wild Hearts» in Sachen Technik gefallen lassen. Gerade in sehr hektischen Situationen sprich wenn wir drauf und dran sind die Bewegungen der Monster zu verinnerlichen und jeder Angriff von uns sitzen muss, kann es schon mal zu Rucklern kommen und die Bildwiedergabe hinkt hinterher. Solche Momente kommen zwar fairerweise nicht immer vor, aber wenn sie vorkommen, dann nagen sie ungemein am Spielspass und bauen ganz viel Frust auf.
Auch die Optik des Spiels verwirrt uns oder um es direkt anzusprechen: Das sieht stellenweise sehr nach Last-Gen-Grafik aus. Matschige Texturen, fies animierte Haare im Wind, Kleidungsstücke, die wie angeklebt wirken und lieblose Gesichtsanimationen bringen den Grafikfetischisten in uns zum Weinen. Lustigerweise können sich dann die Monster-Animationen wiederum sehen lassen, so dass sich der Verdacht aufdrängt, dass eine bestimme Entwicklungsabteilung mehr Geld zur Verfügung hatte.
«Wild Hearts» ist übrigens alles andere als leicht. Die Monster sind so sehr auf die eine Spielfigur konzentriert, dass sie nur mit sehr viel Übung das Zeitliche segnen. Hier wird schnell klar, dass das Game hauptsächlich für den Multiplayer-Part gedacht ist, wo sich dann mehrere Spieler gleichzeitig einer Kreatur widmen können, um es gemeinsam zu erledigen. Für Solospieler ist es zwar auch möglich auf die Jagd zu gehen, doch sie wird viel beschwerlicher.
Fazit: «Wild Hearts» hat drei Probleme: Das Spiel ist storytechnisch schwach, die Technik ist stellenweise eine Frechheit und die Jagd kann im Singleplayer-Modus sehr schwierig werden. Diese drei Faktoren können zusammen für ein hohes Frustpotential sorgen, das viele Stirnfalten hinterlässt.
Klar, die Monster lassen sich sehen und hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Und klar, wer alle «Monster Hunter»-Spiele durch hat und auf Entzug ist, bekommt hier einen umfangreichen Nachschub mit den üblichen Genre-Inhalten und einer grossen Spielwiese serviert. Die Gefahr der aufkommenden Motivationslosigkeit ist bei diesem Jagd-Game aber hoch und «Wild Hearts» braucht mehr Nerven und Geduld, als es nötig wäre.
«Wild Hearts» ist erhältlich für Playstation 5 (getestet), Xbox Series X/S und PC. Freigegeben ab 12 Jahren.