Am Ende hat es doch gereicht: Das Referendum gegen das neue Jugendschutzgesetz steht. Die Piratenpartei und ihre Mitstreiter haben am Donnerstag die notwendigen Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht.
Kampagnenleiter Pascal Fouquet:
Das ist bemerkenswert. Schliesslich standen die Referendumsführer alleine auf weiter Flur. Keine der etablierten Parteien oder Verbände unterstützten das Vorhaben.
Im Parlament war das Gesetz letzten Herbst auf breite Zustimmung gestossen. Jugendliche müssten besser vor Gewalt- und Sexdarstellungen geschützt werden, lautete der Tenor.
In die Pflicht nehmen möchte die Politik Plattformdienste wie YouTube: Diese sollen selbst ein System einrichten, um das Alter der Nutzerinnen und Nutzer zu überprüfen.
Doch genau an dieser Alterskontrolle stören sich die Gegner. Sie warnen davor, dass dafür eine Kopie eines amtlichen Ausweises hochgeladen werden müsse.
Für Pascal Fouquet, Vizepräsident der Piratenpartei, mündet dieser «Ausweiszwang im Internet» in einem «massiven Missbrauch persönlicher Daten». Er behauptet:
Trotz der massiven Kritik schien die Ausgangslage Anfang Jahr aussichtslos. Knapp drei Wochen vor Ablauf der Frist hatten die Gegner etwas mehr als die Hälfte der Unterschriften zusammen.
Nicht an die grosse Glocke hängt die Piratenpartei, dass auch Coronaskeptiker fleissig Unterschriften gesammelt haben. So weibelt Nicolas Rimoldi, Kopf von «Mass-Voll», seit Monaten gegen das «masslose» Gesetz.
Die Massnahmengegner hatten bereits bei den Referenden gegen das Covid-19-Gesetz ihr Mobilisierungspotenzial unter Beweis gestellt.
Dass es beim Referendum gegen das Jugendschutzgesetz am Ende trotzdem gereicht hat, liegt indes vor allem an der jüngsten Dynamik. Den Ausschlag gab wohl, dass sich Operation Libero eingeschaltet hatte.
In einem Blogpost positionierte sich die Organisation klar gegen das neue Gesetz. «Wenn du es befremdlich findest, dass Alphabet, Amazon, Apple und Konsorten immer deinen amtlichen Ausweis sehen dürfen, dann unterzeichne auch du das Referendum.»
Wichtiger als die Aufforderung war die Reichweite von Operation Libero in den sozialen Medien. Bald schon griffen die Medien das Thema auf und warfen die Frage auf, ob das Gesetz zu einem Ausweiszwang im Internet führe.
Die Argumente der Kampagne verfingen. In einer Umfrage von «20 Minuten» gaben 80 Prozent an, das Gesetz schiesse völlig über das Ziel hinaus.
Bestätigt sieht sich der Präsident der Piratenpartei, Jorgo Ananiadis. «Die digitalpolitische Naivität von Verwaltung und Parlament hat uns wieder mal ein unsägliches Gesetz beschert.» Im Parlament gebe es offensichtlich keine Politiker und keine Partei mit Digitalkompetenz.
Diesen Vorwurf lässt die Zürcher GLP-Nationalrätin Judith Bellaiche nicht gelten. «Das Gesetz sieht keine ausdrückliche Ausweispflicht vor.» Das sei auch nicht der Wille des Gesetzgebers.
Eine Ausweispflicht lehnt die Geschäftsführerin des IT-Dachverbandes Swico entschieden ab. Auch sei diese «kaum durchsetzbar» und von den Anbietern gar nicht gewünscht.
Bleibt die Frage: Wer hat Recht? Müssen wir uns bald alle im Internet ausweisen, um ein YouTube-Video anzuschauen? Nein, urteilt der eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verlange in diesem Fall, dass die datenschutzfreundlichste Lösung gewählt werde, heisst es in einer Stellungnahme.
Sprich: Es dürfen keine überflüssigen Daten gesammelt und für weitere Zwecke weiterbearbeitet werden. Im Gesetz stehe, dass Anbieter von Plattformdiensten lediglich «geeignete Massnahmen treffen» müssten, um Minderjährige vor ungeeigneten Inhalten zu schützen. Ähnliche Regelungen existierten bereits für Solarien oder Zigarettenautomaten.
Bellaiche geht davon aus, dass es auf eine Selbstdeklaration – wie beim Alkoholverkauf im Onlineshop – hinausläuft. Jugendschutzorganisationen würden dies dann stichprobenartig kontrollieren. Die GLP-Nationalrätin räumt ein, dass das Gesetz die Ausweispflicht nicht per se ausschliesst. Aus diesem Grund müsse die Verordnung, welche die Details regle, genau geprüft werden.
(aargauerzeitung.ch)
Überall wird nach Datenschutz geschrien, da kommt unser Parlament daher gelaufen und will den Datenkraken noch mehr Tür und Tor für ihre Datensammelwut öffnen.
Da ist es völlig egal, wenn im Gesetz von der "geeignetsten Massnahme" gefaselt wird. Das ist zu unklar formuliert und entsprechend ausreizbar.
Wie genau soll das Alter überprüft werden ohne das man einen Ausweis zeigen muss?
Bei einer Selbstdeklaration kann ja einfach gelogen werden und der Dienstanbieter hat keine Möglichkeit die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen.
Müsste nicht der Staat für jeden Menschen eine verschlüsselte, digitale ID heraus geben damit ein Loginsystem sieht "Ok der ist über 18" ohne das genaue Alter zu sehen? Also nur mit einem fälschungssicheren Code ohne einsehbare persönliche Daten.
Oder wie sehen das die Experten?