Zahle 9,95 Dollar, denke dir eine maximal 35 Zeichen lange Nachricht aus und du bekommst ein Foto von einer jungen Frau, die deine Worte auf ihre Brüste geschrieben hat. Dieses Werk kannst du dann an deine Freunde senden. So einfach ist das Geschäftsmodell, das hinter dem Begriff «Tittygram» steckt – einem Start-Up-Unternehmen, das derzeit im sonst so prüden Russland für Aufruhr sorgt.
An den Start gegangen sind die Jungunternehmer mit ihrer Idee Ende März, bis heute seien rund 2000 dieser Bilder an Kunden verschickt worden, erzählt Tittygram-CEO Vladimir Gritsenko im Gespräch mit The Moscow Times. Der Slogan der Firma lautet übrigens «Our boobs. Your message.» – zu deutsch «Unsere Brüste. Deine Nachricht.».
Check out the beautiful service that is @tittygram pic.twitter.com/tk3Kcgg1jq
— The Breasts Blog (@thebreastsblog) April 15, 2015
Die Unternehmer selbst bezeichnen ihre Firma ausserdem als «Uber für Brüste». Denn: Genauso wenig, wie Uber das Taxifahren erfunden hat, haben die Macher von Tittygram das Verschicken von Nachrichten auf Brüsten selbst ins Leben gerufen. Am Anfang des Ganzen steht viel mehr das Phänomen «Sign», welches schon deutlich länger existiert und welches unter anderem auf der Plattform «VKontakte» – dem russischen Pendant zu Facebook – kursierte.
Dabei schrieben – genau wie bei Tittygram — Frauen auf Anfrage Nachrichten auf verschiedene Körperteile. Und auch schon damals wurde damit, zumindest teilweise, Geld gemacht. CEO Gritsenko weist deshalb auch den Sexismus-Vorwurf von sich, denn die Idee stamme ja nicht von ihm.
Ausserdem sei der von ihnen angebotene Service sicherer, weil der Kontakt zwischen Kunde und Model – anders als bei den Vorgängermodellen – nie direkt stattfinden würde. Die Frauen, die für Tittygram arbeiteten, seien dadurch besser geschützt.
Der Vergleich mit Uber kommt ausserdem durch die Preisgebung zustande: Die Models bekommen pro Bild mindestens 150 Russische Rubel – was etwa 2,90 Dollar entspricht. Steigt jedoch die Nachfrage, so steigt auch der Lohn, den die Frauen für ihren Dienst bekommen.
Als weiteres Argument gegen den Vorwurf des Sexismus schreibt sich das Unternehmen einen guten Zweck auf die Fahne: Zwei Prozent der gesamten Einnahmen sollen der Brustkrebsforschung zu Gute kommen.
Für die Bilder, die auf Tittygram gepostet werden, gibt es zwei Grundregeln: Die Gesichter der Frauen werden niemals gezeigt und auch Brustwarzen sind Tabu. Trotz dieser «Verharmlosung» stösst das Portal nicht nur auf Zuspruch. Auf Twitter hat sich eine hitzige Sexismus-Debatte entwickelt: Von grosser Begeisterung bis hin zum puren Hass ist alles dabei.
Besonders das folgende Motiv hat für Diskussionsstoff gesorgt. Denn wie es scheint hat Burger King Russland den Dienst genutzt, um eine der Damen als lebendes Werbeplakat zu buchen:
Russian Burger King has apparently taken their ads to a much sexier level. Whopper anyone? http://t.co/xLDv1mEx1v pic.twitter.com/lp2MeRzF5z
— Playboy (@Playboy) April 20, 2015
Die Botschaft, die da zu sehen ist, heisst schlicht «Ich liebe Burger King». Ob der Auftrag tatsächlich direkt von der Fast-Food-kette kam, ist ungeklärt. Auf eine Anfrage von «The Moscow Times» habe das Unternehmen nicht reagiert und auch der CEO von Tittygram kann keine genaueren Angaben machen: Die Anfrage sei nicht direkt von Burger King gekommen. Die Person – ein mutmasslicher Anzeigenvertreter – habe die üblichen 9.95 Dollar bezahlt und den Auftrag erteilt.
С Днем Космонавтики, друзья! Лучшее за сегодня: https://t.co/RXr1ouJKx4 И десерт: с нами модели из Китая и Австралии! pic.twitter.com/uAFcS67LkM
— Tittygram (@tittygram) April 12, 2015
Das Burger-King-Bild gehört bisher eher zu den Ausnahmen. In erster Linie wird der Dienst für Geburtstagsnachrichten und anderweitige Gratulationsmessages genutzt. Aber auch ein weiteres Bild tanzt aus der Reihe: Ein Kunde erteilte offenbar den Auftrag, ein Bild von Albert Einstein und die Formel dessen Relativitätstheorie zeichnen zu lassen. Gesagt, getan!
Aufgrund des grossen Erfolgs hat Tittygram Anfang April einen Ableger in den USA lanciert. Wie dort mit dem Service umgegangen wird, gefällt dem CEO jedoch nicht: 20 Prozent der Möchtegern-Kunden hätten sich gewünscht, dass die Frauen Schimpfwörter auf ihre Brüste schreiben. Das sei jedoch beleidigend – für die Models und auch für alle Leute, die es später sehen würden, so Gritsenko.
Wo der Erfolg ist, sind die Nachahmer nicht weit: Die Idee von Tittygram ist inzwischen bereits zweimal kopiert worden: titstamp.com und titisign.com funktionieren nach genau demselben Prinzip. (viw)