Dieser Enthüllungsbericht lässt kaum ein gutes Haar an Teslas «Autopilot»
Was ist passiert?
Laut einem Enthüllungsbericht der «New York Times» hat Tesla-Chef Elon Musk im Streben nach voll autonom fahrenden Autos immer wieder interne Warnungen seiner Ingenieure ignoriert und Bedenken beiseite gewischt.
Die US-Journalisten stützen sich auf Gespräche mit 19 früheren Mitarbeitern des «Autopilot»-Projekts beim US-Hersteller. Die Informanten werden allerdings nur anonym zitiert.
Laut «New York Times» gibt es mehrere Problembereiche in Zusammenhang mit dem «Autopilot»-System.
Die Ingenieure wollten das System nicht «Autopilot» nennen, aber ...
Die Bezeichnung «Autopilot» für die geplanten Fahrassistenzsysteme sei von den Tesla-Ingenieuren zurückgewiesen worden, als das Projekt 2014 startete. Stattdessen hätten die Ingenieure den Begriff «Copilot» vorgeschlagen. Doch habe das Topmanagement um den CEO Elon Musk einen aus Marketingsicht attraktiveren Namen gewollt.
Beim folgenden, auf der Tesla-Website verfügbaren Werbevideo für «Autopilot 2.0» kam es laut «New York Times» zu einem Unfall auf dem Werksgelände. Das Auto musste in Reparatur.
Elon Musk will keine teure zusätzliche Hardware
Immer wieder sei der Ruf nach Sicherheit an Musks Wunsch gescheitert, seine Autos als technologische Wunderwerke zu inszenieren und rasche Erfolge zu liefern. Im Gegensatz zu anderen Herstellern setze Tesla auf einen sparsamen Einsatz von Hardware für seine Fahrassistenzsysteme.
Die Lidar-Technik, die etwa bei der Google-Schwesterfirma Waymo, dem Volkswagen- und Ford-Partner Argo und auch bei Toyota zum Einsatz kommt, habe der Tesla-Chef als zu teuer und langwierig in der Entwicklung verworfen.
Musks Argument sei gewesen, dass Menschen beim Autofahren auch nur mit zwei Augen sehen würden, da sollte das Auto mit zwei Kameras genauso gut klarkommen.
Die meisten Experten plädierten dafür, verschiedene Technologien zu kombinieren – mit den Kameras als wichtigstem, aber nicht alleinigem Hilfsmittel, so der «Spiegel». Im Ranking der US-Beratungsfirma Guidehouse zum technischen Stand in der Entwicklung des autonomen Fahrens stehe «Tesla mit seinem Lowtech-Ansatz regelmässig auf dem letzten Platz».
Die von der «New York Times» befragten Insider seien gespalten, ob Musk mit seiner Strategie ein zu grosses Risiko eingehe, fasst der «Spiegel» zusammen. Immerhin habe sich auch ein Wettbewerber dafür ausgesprochen.
Damit zurück in die Gegenwart ...
Der Cockpit-Bildschirm lädt zum Spielen ein
Eine Runde «Solitaire» spielen auf dem grossen Display im Cockpit – und dies bei voller Fahrt: Dies ermöglicht ein Software-Update, das Tesla seinen Kundinnen und Kunden im Sommer 2021 ausgeliefert hat. Die Beifahrer können aus drei Spielen auswählen – und auch der Fahrer kann darauf zugreifen, man muss nur einen Warnhinweis quittieren.
Das passe zu der hemdsärmeligen Art, wie Tesla-Boss Elon Musk das Zusammenspiel von Mensch und Technik in seinem Unternehmen handhabe, konstatiert der «Spiegel».
Bis Sommer konnten die Games in Teslas Softwarepaket – es gab mehr als ein Dutzend – nur gespielt werden, während ein Auto parkte. Das änderte sich, als das Update 2021.12.25.6 via Internet installiert wurde.
Zwar hätten einige Tesla-Modelle «einfachere Kameras», die das Gesicht der Person hinter dem Lenkrad erfassten. Doch funktionierten diese Kameras im Dunkeln nicht perfekt und verfolgen den Blick der Augen nicht genau.
Tesla habe frühere Sicherheitsempfehlungen von US-Behörden ignoriert, hält die «New York Times» fest. Vor vier Jahren habe das National Transportation Safety Board (NTSB) dem Unternehmen nach der Untersuchung eines tödlichen «Autopilot»-Zwischenfalles empfohlen, eine Infrarotkamera hinzuzufügen, um die Fahrerüberwachung zu verbessern.
Laut «New York Times» wollten weder Tesla noch Elon Musk auf Anfrage eine Stellungnahme abgegeben.
