Einer Sales-Mitarbeiterin der amerikanischen Tech-Firma Cloudflare wurde im Januar gekündigt. Brittany Pietsch ahnte, was im Videoanruf auf sie zukommen wird, eine Arbeitskollegin hatte 30 Minuten zuvor ebenfalls die Kündigung erhalten. Also nahm sie das Gespräch auf Video auf und lud es auf TikTok hoch.
Die Teilnehmer des Videoanrufs: eine HR-Mitarbeiterin und eine nicht näher vorgestellte Person. Der Mann kommt im Gespräch schnell zum Punkt:
Pietsch ist sichtlich irritiert: Sie war nur drei Monate plus die Festtage bei der Firma angestellt und hatte den Eindruck, fleissig gearbeitet zu haben. Warum also die Kündigung? Was genau stimmte an ihrer Leistung nicht? Die beiden bleiben ihr die Antwort schuldig – auch nach mehrmaligem Nachhaken. Sie sagt:
Der Cloudflare-Manager weicht aus: «Aus der Sicht des Prozesses sind Ihre Fragen berechtigt. Dieser Call wird nicht der Ort und die Situation sein, wo wir ins Detail gehen». Pietsch antwortete: «Aber wann dann? Wenn es nicht gleich bei meiner Entlassung ist, dann sicher nicht danach, wenn ich nicht mehr Teil des Unternehmens bin.» Die HR-Mitarbeiterin vertröstete Pietsch damit, dass sie sich wieder melden würde.
Der zweite Punkt, der diskutiert wird: Die Person, die erklären könnte, warum Pietsch als zu leistungsschwach eingestuft wurde, ist bei der Kündigung gar nicht anwesend – ihr direkter Vorgesetzte nämlich.
Getting fired is tough, but it’s important to handle it with dignity. Firing someone is also hard, requiring compassion and respect. Total disaster on both sides here. pic.twitter.com/ptEFQT0TTb
— SMB Attorney (@SMB_Attorney) January 12, 2024
Das Video verbreitete sich in Windeseile auf allen gängigen Social-Media-Plattformen. Auf X kumulierten mehrere Millionen Views und Diskussionen über «richtige» Kündigungen entbrannten.
Am Freitag sah sich der CEO von Cloudflare dann zu einer Antwort gezwungen. Auf X erklärte Matthew Prince, dass sein Unternehmen etwa 40 Leute entliess, was einem normalen Quartal entspreche. Er rechtfertigt die kurze Dauer: «Wenn wir unser Leistungsmanagement richtig machen, können wir oft innerhalb von 3 Monaten oder weniger nach der Einstellung eines Vertriebsmitarbeiters – sogar während der Ferien – sagen, ob er erfolgreich sein wird oder nicht.»
Leider würden sie nicht immer perfekt einstellen. Allerdings versuche Cloudflare, «perfekt» zu entlassen. Prince fährt fort: «In diesem Fall waren wir eindeutig weit davon entfernt, perfekt zu sein.»
Das Video sei für ihn schmerzhaft anzusehen. Die Vorgesetzten sollten immer bei einem Entlassungsgespräch dabei sein, genauso wie das HR. Die Entlassung sollte allerdings nicht an die Personalabteilung ausgelagert werden.
We fired ~40 sales people out of over 1,500 in our go to market org. That’s a normal quarter. When we’re doing performance management right, we can often tell within 3 months or less of a sales hire, even during the holidays, whether they’re going to be successful or not. Sadly,…
— Matthew Prince 🌥 (@eastdakota) January 12, 2024
Prince sagt weiter, dass Mitarbeitende niemals überrascht sein sollten, dass ihnen gekündigt wird. Manchmal passe ein Angestellter eben einfach nicht zum Unternehmen. Das bedeute nicht automatisch, dass diese Person auch ein schlechter Angestellter sei.
Prince endet: «Aber jedes gesunde Unternehmen muss die Leute, die keine Leistung bringen, loswerden. Das war hier nicht der Fehler. Der Fehler war, dass wir nicht freundlicher und menschlicher waren.»
Die Erklärung des CEO überzeugt dabei viele nicht. Ständig nur positives Feedback und dann die Kündigung? «Es scheint, als ob Sie nur einen Grund suchen, um Leute wegen einer schlechten Managemententscheidung zu entlassen», heisst es in einem Kommentar.
There is nothing that indicates that this actually had anything to do with performance. So an employee works there for a few months, gets continuously positive feedback, and only when you’re firing the issue of performance gets brought up?
— Alexander🚗🔋🇩🇪 Horner (@alexhorner2002) January 12, 2024
Sure seems like you’re just finding a…
Auch für Kritik sorgte die Aussage, dass man jemanden nach drei Monaten im Unternehmen beurteilen könne:
Respectfully, but the fact that you think you can tell within 3 months OR LESS of a sales hire whether someone is going to be successful is the problem. You can’t. Even if you can, she should have had at a minimum coaching and direct feedback that she was under performing.
— platt (@jeffpplatt) January 12, 2024
Dass der CEO um zwei Uhr nachts auf ein TikTok antwortet, beweise nur, dass er kein geeignetes Führungsmaterial sei, meint ein anderer User.
The fact you felt the need to post this screed at 2AM in response to a TikTok proves one thing and one thing only - you aren't fit to lead this, or any firm
— Mitcha (@slavjew) January 12, 2024
(jaw)
Dass man das einfach so öffentlich als CEO raushauen kann, um eine Kündigung zu rechtfertigen zeigt doch, dass etwas im (amerikanischen) Arbeitsmarkt extrem falsch läuft.
Ich kenne Teams, die nach dem Weggang einer Person schneller in sich zusammen gefallen sin als ein kartenhaus in der Bise....
Eine einzelne Person mag zwar vielleicht selber nich ein spitzenperformer sein, aber alle um sich herum geno zu motivieren das eine Spitze in der Team Performance entsteht... Aber was rede ich, sind ja Manager die nicht mal die chuzpe haben eine Person im Angesicht zu künden....was verstehen die schon...