Thierry Breton, EU-Kommissar für den Binnenmarkt, erklärte am Dienstag gegenüber der «Financial Times», dass Twitter auch mit Elon Musk an der Spitze die Regeln zur Moderation illegaler und schädlicher Online-Inhalte befolgen müsse. Breton sagte: «Wir heissen jeden willkommen. Wir sind offen, aber zu unseren Bedingungen. Zumindest wissen wir, was wir ihm sagen müssen: ‹Elon, es gibt Regeln. Du bist willkommen, aber das sind unsere Regeln. Es sind nicht deine Regeln, die hier gelten werden.›»
Die EU-Staaten haben sich erst am Samstag auf ein neues Digitalgesetz geeinigt, dass Tech-Konzerne strenger reguliert und unter anderem verpflichtet, gegen Hassrede vorzugehen.
Musk bezeichnet sich selbst als «radikalen Verfechter der Redefreiheit». Es gehe ihm beim Kauf von Twitter darum, die Redefreiheit auf der Plattform zu stärken. Er stellte am Montag Lockerung der Richtlinien für die Moderation in Aussicht. Bereits zuvor sagte er, Twitter solle die Gesetze der Länder befolgen, in denen es agiere, aber «darüber hinaus nicht intervenieren». Gleichzeitig muss sich Musk vorwerfen lassen, dass er seine Kritiker auf der Plattform selbst blockiert.
Die EU geht mit dem neuen Digital-Gesetz in die entgegengesetzte Richtung: Sie verlangt von grossen Internet-Plattformen wie Facebook, YouTube oder eben Twitter, dass sie konsequenter und schneller als bislang gegen Hassrede, Desinformation oder Kriegspropaganda vorgehen und illegale Inhalte zeitnah löschen. Twitter beispielsweise markiert fragwürdige Inhalte schon jetzt mit Warnhinweisen und sperrt User, die gegen die internen Richtlinien verstossen. Das prominenteste Opfer ist Donald Trump, der nach dem Sturm auf das Kapitol wegen wiederholter Verstösse gegen die Regeln für Hassrede und Fehlinformationen von Twitter und Facebook verbannt wurde.
Rechtspopulistische Kreise, Anhänger von Verschwörungserzählungen oder Klimawandel-Leugner erhoffen sich von Musk ihre früheren Freiheiten auf Twitter zurück. Das könnte indes, zumindest in Europa, ein frommer Wunsch bleiben. EU-Kommissar Breton sagt, er wolle Musks Pläne für eine weniger strenge Moderation einem «Realitätscheck» unterziehen. Bei mangelnder Einhaltung der Vorschriften durch Twitter drohe ein Verbot der Plattform in Europa.
— mike luckovich (@mluckovichajc) April 26, 2022
Das neue EU-Digitalgesetz, respektive der Digital Services Act, zwingt soziale Netzwerke wie Twitter dazu, den Aufsichtsbehörden offenzulegen, wie sie gegen Inhalte wie Desinformation und Kriegspropaganda vorgehen. Das neue Gesetz richtet sich primär gegen die Marktmacht der grossen Internet-Konzerne Amazon, Apple, Alphabet (Google) und Meta (Facebook), betrifft aber alle Unternehmen, die digitale Dienste in der EU anbieten, also auch Twitter.
Musk nutzt Twitter bisweilen, um Regulierungsbehörden und Kritiker öffentlichkeitswirksam anzugreifen. Musk-Kritiker werden von radikalen Musk-Anhängern auf Twitter teils mundtot gemacht.
Nun kauft der Tech-Milliardär und reichste Mensch der Welt seine favorisierte Social-Media-Plattform für 46.5 Milliarden Dollar. Die Übernahme sorgt für Schlagzeilen, weil mit Twitter eine der wichtigsten Online-Plattformen bald einer einzigen Person gehören wird.
New Toy.#ElonMusk pic.twitter.com/QsuVJXqNWt
— Pia Guerra (@PiaGuerra) April 26, 2022
Mit gut 300 Millionen Nutzerinnen und Nutzern ist Twitter viel kleiner als Facebook, gilt aber als besonders einflussreich. Seine Bedeutung liegt darin, dass es primär von Politikern, Journalistinnen, Wissenschaftlern und Prominenten zum Austausch genutzt wird. Wichtige News werden zuerst auf Twitter geteilt, weil sie so den Weg in die Massenmedien finden. Twitter ist somit ein gigantisches Megafon. Das dürfte mit ein Grund sein, warum Musk die volle Kontrolle über das soziale Netzwerk gegen 50 Milliarden Franken wert ist.
John Buss @repeat1968 #ElonMusk #TwitterTakeover pic.twitter.com/J5t9j9InFg
— Editorial & Political Cartoons (@EandPCartoons) April 25, 2022
(oli)
Die Rechten verwechseln beides. Ich bin froh sieht wenigstens die EU diesen Unterschied.