Twitter dürfte bald einer einzigen Person gehören: Tech-Milliardär Elon Musk, dem reichsten Menschen der Welt.
Der Verwaltungsrat der Plattform gab seinen Widerstand gegen Musks Übernahmeattacke nach nur wenigen Tagen auf und stimmte einem Deal zu. Twitter und Musk geben sich nun Zeit bis Ende des Jahres, um den Verkauf abzuschliessen.
BREAKING: World's biggest clown purchases world's largest circus
— Reuters Pitchbot (Satire) (@ReutersPitchbot) April 25, 2022
Der Tesla-Chef musste dafür nicht einmal das Gebot erhöhen – es reichte schon, dass er Finanzierungszusagen über 46.5 Milliarden Dollar auf den Tisch legte.
Musk hält bereits gut 9 Prozent der Twitter-Aktien. Für eine Übernahme reicht es, wenn er über die Marke von 50 Prozent kommt: Jetzt müssen also nur noch genug Twitter-Aktionäre Musk ihre Anteile verkaufen, damit er die Kontrolle übernehmen kann.
Was will der Chef eines Elektroauto-Herstellers, einer Weltraumfirma und eines Entwicklers von Gehirn-Implantaten mit Twitter? Wie wird sich der Dienst, der zu einer Art Nervensystem der Nachrichtenbranche wurde, als sein Privatbesitz verändern? Wer kann sicherstellen, dass Musk Twitter nicht für seine geschäftlichen Interessen einspannt? Wird man ohne die Transparenz von Börsenberichten überhaupt erfahren, wie Twitter sein Geld verdient und ob das Geschäft läuft? Das sind alles Fragen, auf die es bisher keine zuverlässigen Antworten gibt.
Musk schlug bei seinen Erklärungen für den Übernahmedrang grosse Töne an. Es gehe hier nicht um Geld, sondern darum, die Redefreiheit auf der Plattform zu stärken, sagte er. Das sei nur möglich, wenn der Kurznachrichtendienst die Börse verlasse.
🚀💫♥️ Yesss!!! ♥️💫🚀 pic.twitter.com/0T9HzUHuh6
— Elon Musk (@elonmusk) April 25, 2022
Seine Vorstellung von Redefreiheit umriss Musk so: «Wenn jemand, den man nicht mag, etwas sagen darf, was man nicht mag.» Im Rahmen der Gesetze sollten alle Meinungen erlaubt sein. Twitter mit Redefreiheit sei wichtig für die Demokratie und minimiere die Risiken für die Zivilisation, sagte er.
Twitter is important for free speech and Elon Musk’s buying it is a win for this critical right.
— Johnna Crider (@JohnnaCrider1) April 25, 2022
Most billionaires buy yachts and farmland or whatever. @elonmusk puts his money toward helping humanity.
And it is greatly appreciated.
Excited for the positive changes.
#ElonMusk ist für mich der menschenfreundlichste Menschenfeind seit Wilhelm Busch - und er hat den passenden Humor. Den Zensoren dieser Welt möge er alle Zähne ziehen. pic.twitter.com/DsBavTZivh
— Immo Sennewald ♎ (@publizist) April 25, 2022
«Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker bei Twitter bleiben – weil genau das Redefreiheit bedeutet», entgegnete er Kritikern des Übernahmedeals.
I hope that even my worst critics remain on Twitter, because that is what free speech means
— Elon Musk (@elonmusk) April 25, 2022
Nun ist es allerdings so, dass über angebliche «Zensur» bei Twitter besonders lautstark vor allem zwei Gruppen klagten:
Aus diesen Lagern kam Applaus für Musks Visionen.
Andere schlugen dagegen Alarm:
So schrieb die demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren bei Twitter:
Wir schreiben das Jahr 2022. Man braucht Milliarden, um sich Meinungsfreiheit zu kaufen.#ElonMusk #ElonMuskTwitter #ElonMuskBuysTwitter
— Ultra (@Ultra68582533) April 25, 2022
What Elon Musk is doing is what plutocrats have been doing: using money to buy power and power to protect their money, taking control of media to rig the discourse and hedge against resentment, and branding themselves the solution to the very problem they are.
— Anand Giridharadas @ The.Ink (@AnandWrites) April 25, 2022
Besorgt zeigte sich auch die Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union): Obwohl Musk ihr Mitglied und einer der wichtigsten Unterstützer sei, sei es «sehr gefährlich, so viel Macht einer Person in die Hand zu legen».
Der ehemalige Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos, der weiss, wie stark Beiträge bei Online-Plattformen gefiltert werden müssen, warnte bereits vor Tagen vor einer Alles-Erlaubt-Einstellung.
Die Menschenrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) versuchte, Musk ihre Sicht von Grenzen für Meinungsäusserung zu vermitteln: «Redefreiheit ist wunderbar, Hassrede ist inakzeptabel.» Auch für Falschinformationen sei kein Platz bei Twitter.
"Twitter HQ" pic.twitter.com/JF5zqmlmKX
— April (@speakout_april) April 25, 2022
NAACP-Präsident Derrick Johnson appellierte an Musk, Trump nicht zurück auf die Plattform zu lassen: «Leben sind in Gefahr – und auch unsere amerikanische Demokratie.»
Trump wurde bei Twitter verbannt, nachdem er Sympathie für seine Anhänger bekundet hatte, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington erstürmt hatten. Das Management betonte bisher, dass es für ihn keinen Weg zurück auf die Plattform gebe.
Trump selbst sagte jedenfalls dem Sender Fox News, er wolle nicht zu Twitter zurückkehren, selbst wenn er es dürfte. Der Ex-Präsident baut stattdessen seine eigene Twitter-Alternative mit dem Namen Truth Social auf, die jedoch bisher ein Schattendasein führt.
Doch Musk könnte das anders sehen: Er finde vorläufige «Timeouts» besser als permanente Ausschlüsse, sagte der Tesla-Chef allgemein.
Musk ist die mit Abstand reichste Person der Welt. Er besitzt ein geschätztes Vermögen von rund 257 Milliarden Dollar. Sein Reichtum besteht allerdings fast ausschliesslich aus Aktien von Tesla und seiner Weltraumfirma SpaceX, sodass er für einen Twitter-Kauf zu Krediten greifen muss.
Wann wird das Twitter Logo angepasst? Weiß man schon Näheres?#ElonMusk #ElonMuskBuyTwitter #ElonMuskTwitter #dogecoin #Tesla pic.twitter.com/ibKXM2Gx99
— Hisoka (@HisokaDK) April 25, 2022
Um den Deal einzugehen, präsentierte der 50-Jährige Zusagen für Kredite über 25.5 Milliarden Dollar und will darüber hinaus Aktien im Wert von rund 21 Milliarden Dollar einbringen.
Definiere Kapitalismus: Einzelner, toxischer Egomane kauft Twitter für eine Summe, die dem Bruttoinlandsprodukt von Venezuela entspricht.
— Mario Sixtus 🇭🇰馬六 (@sixtus) April 25, 2022
Zu Musks Ideen für Twitter gehört, dass ein Abo-Modell die Unabhängigkeit von grossen Konzernen besser absichere als das heutige Werbegeschäft. Aber ob genug Nutzer bereit sind, für Twitter-Nutzung Geld zu bezahlen, ist zweifelhaft.
(yam/awp/sda/dpa)
Liebe Frau Warren. Es ist ihr Job Gesetze zu erlassen, damit für Milliardäre die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen. Aber vielleicht gibt es dann auch weniger Geld von den "genehmen" Milliardären.