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Wie dieses Foto zum teuersten aller bisherigen Zeiten wurde

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bild: irgendwo im Internet. Das bild gehört uns nicht. Es kostet Millionen. trotzdem können wir es hier zeigen. Du bist verwirrt? Dann lies die Story.

Vor elf Jahren schiesst Atsuko Sato dieses Foto – heute ist es das teuerste der Welt

23.08.2021, 19:0924.08.2021, 12:54
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Am 13. Februar 2010 schiesst Atsuko Sato einige Fotos ihres adoptierten Hundes Kabosu. Elf Jahre später wird eines davon das teuerste Foto aller bisherigen Zeiten. Wie kann das passieren? Dies ist die Story eines Schmetterlingseffektes, eine Story, wie aus einer harmlosen Alltagsaktion eine kleine Revolution wurde.

Atsuko Sato teilte ihre Schnappschüsse auf ihrem persönlichen Blog unter dem Titel «Spazieren gehen mit Kabosu». Die Fotos gehen viral. Kabosu wird zum Meme, erhält einen eigenen Sprachstil. Much Wow, so cool – doch hier endet die Story bereits für die meisten Memes. Nicht so, die von «Doge» Kabosu.

Offenlegung der Interessensverbindung
Der Autor dieses Artikels besitzt Bitcoin, Ethereum, andere Kryptowährungen und NFTs.

2013 kreieren die beiden Programmierer Billy Markus und Jackson Palmer aus dem Bitcoin-Derivat Litecoin eine neue Kryptowährung. Es soll ein Spass sein, ein Witz – ein liebevoll gemeinter Witz. Und deshalb entscheiden sie sich für Kabosu als Maskottchen. Kabosu wird zum Icon der Spasswährung – der Dogecoin ist entstanden. In der noch überschaubaren Szene wird Doge schnell zum Kult. Ein Pflock, wer nicht ein paar Millionen Dogecoins (damals ein zweistelliger Dollarbetrag) hält.

Februar 2021. Acht Jahre später befindet sich die Welt in einem kollektiven Lockdown. Die Kryptoszene nun das Gegenteil von überschaubar – und die Leute sehnen sich nach Spass, liebevollem Spass. Da macht Doge ernst. Der Kurs schiesst in die Höhe. Zuerst ein bisschen, dann extrem. Elon Musk springt auf den Zug auf.

Gleichzeitig schiessen in der Kryptoszene NFT-Projekte wie Pilze aus dem Boden. NFT steht für «Non-fungible tokens». Im Gegensatz zu Bitcoin und Ethereum, von denen auch Bruchteile existieren können, sind NFTs «unteilbar» – und einzigartig. Das bietet gewisse Anwendungsmöglichkeiten.

Vor allem die Kunstszene entdeckt NFTs für sich. Digitale Bilder, Fotos, aber auch Musikstücke und Texte werden an NFTs gekoppelt. Plötzlich ist es möglich, digitale Güter zu handeln. Und der Handel blüht. Entsprechende Plattformen setzen Milliarden um.

Dass dabei ein gesamter Katalog an ungeklärten Problemen und Fragen entsteht, wird in der aktuellen Euphorie ausgeblendet. Sie hier zu besprechen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Ein Beispiel sei gestattet: Grossmehrheitlich werden bei einem NFT nicht alle Daten des digitalen Werks im Token verewigt, sondern nur ein Link zu einem Server, auf dem das File gespeichert ist. Was passiert mit dem NFT, wenn der Serverbetreiber den Betrieb einstellt?

Doch wir wollen keine Spassverderber sein. Zurück zu unserem Doge.

Dank NFTs erkennen Meme-Produzenten endlich eine Möglichkeit, ihre Arbeit zu monetarisieren. Ein animiertes GIF der lustigen Nyan-Cat, der regenbogenpupsenden Marmeladenbrot-Katze, wird als NFT versteigert. Kaufpreis: eine halbe Million Dollar.

Animiertes GIFGIF abspielen
Wohlgemerkt: Jede und jeder können sich das Gif aus dem Internet herunterladen, kopieren und in einen Artikel von watson.ch einbauen. Verkauft wird nur das Besitz- und Weiterverkaufsrecht.

Im Juni 2021 ist es dann so weit. Die Originalvorlage für das Dogecoin-Icon kommt unter den Hammer. Nach einem Bietkrieg erhält @pleasrdao den Zuschlag. Er bezahlt 1696,9 Ether für das Foto. Das sind nach heutigem Stand der Dinge 5,65 Millionen US-Dollar. Nicht einmal Andreas Gurskys Fotos erzielen solche Summen.

Drei Tage später wird ein weiteres Foto des niedlichen Kabosu mit dem Titel «Feisty Doge» versteigert. Für bescheidene 13 Ether, 43'300 Dollar, ersteht ein junger Brite das Foto. Doch dieser hat es faustdick hinter den Ohren.

Beim Käufer handelt es sich um Cryptopathic. Cryptopathic – kurz Path – geniesst unter Ethereum-Anhängern einen hervorragenden Ruf. Er gilt als integer und Förderer von auch weniger bekannten NFT-Künstlern. Auch bei Chartprognosen fällt er immer wieder durch Treffsicherheit auf. Er gilt als Trendsetter. Und so ganz falsch ist dieses Image nicht.

Cryptopathic hier beim Podcast «UpOnlyTV».
Cryptopathic hier beim Podcast «UpOnlyTV». Bild: Screenshot UpOnlyTv

Seit ein paar Tagen bietet Path sein Feisty-Doge-NFT zum Verkauf an. Nicht an einen einzelnen Bieter – sein Angebot richtet sich an die Gemeinschaft. Er verknüpfte dafür das NFT mit eigens dafür geschaffenen Tokens (NFD). Hundert Milliarden gibt es davon. Jeder Token repräsentiert einen Hundertmilliardstel des NFTs. Eine Währung aus Hundebilderportionen. Und sie wird seit ein paar Tagen gehandelt – wie Bitcoin, wie Ethereum, wie jede andere Kryptowährung.

Je nachdem ob der Kurs steigt oder sinkt, verändert sich auch der Wert des zugrundeliegenden NFTs. Aktuell beträgt dieser 76,5 Millionen Dollar. Das macht «Feisty-Doge» zum aktuell mit Abstand teuersten Foto, das je geschossen wurde.

Und Path hat in zwei Monaten aus einer Investition von 43'300 Dollar ein Millionengeschäft gemacht. Selbstverständlich wird dem Briten nun Geldgier vorgeworfen. Er habe einige Persönlichkeiten der Szene und in seinem Umfeld begünstigt und sich bereichert. Ein Vorwurf, der in Anbetracht der Summe schlecht entkräftet werden kann.

Doch es gibt auch Verteidiger – gar flammende Befürworter von Paths-Aktion. Und auch das hat gute Gründe.

Bis anhin sei es ausschliesslich Gutbetuchten vorbehalten gewesen, im Kunsthandel mitzumischen. Mit der Portionierung eines «Kunstwerkes» sei dies nun auch weniger vermögenden Personen möglich. Ähnlich wie beim Wertschriftenhandel, bei dem heute auch die grosse Masse mitmischt, werde nun auch die Kunstszene popularisiert. Ausserdem werde mit der Portionierungsmassnahme verhindert, dass ein einzelnes Individuum über das Schicksal eines Kunstwerks entscheiden kann. Dass das «Feisty Doge»-NFT jemals wieder in den Händen eines Einzelnen landet, ist fast unmöglich. Die Person müsste dafür sämtliche 100 Milliarden NFD-Tokens aufkaufen.

Ob es sich bei Paths Aktion nur um ein Strohfeuer oder einen nachhaltigen Trend handelt, wird sich zeigen. Eins ist aber sicher: Die Nachahmer stehen bereits in den Startlöchern.

Paths Aktion ist ...

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60 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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23.08.2021 19:52registriert März 2020
Ich bin zu dumm für diesen Artikel
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Statler
23.08.2021 20:23registriert März 2014
Ich versteh' zwar die Technik dahinter, aber... öh... HÄ??? Warum?

Grad' gestern 'ne Werbung für Earth2 gesehen (https://earth2.io). Da hat einer die Erde, also, die virtuelle Version davon, in kleine Quadrate aufgeteilt und die kann man jetzt kaufen. Der Preis ist ebenfalls Angebot/Nachfrage unterworfen (die Preise werden laufend aktualisiert). Ungefähr dasselbe, wie die NFDs (wer kann schon die ganze Erde kaufen), nur noch etwas sinnloser.

Übrigens: Ich schreibe bald ein Buch. Davon verkaufe ich dann einzelne Buchstaben. Die Seitenzahlen behalte ich selbst...
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Asco
23.08.2021 21:10registriert Oktober 2016
Ich habe einen Berufs- und einen Uniabschluss, spreche 5 Sprachen fliessend, habe (als man das noch konnte) die Welt bereist, kenne mich in Kunst , Kultur und Literatur aus und behaupte, dass ich über ein grosses Weltwissen, wie das so schön heisst, verfüge. Ja, an ganz guten Sonntagen überhubere ich sogar, wenn auch selten.....und verstehe überhaupt nichts von diesem Text. Zwei Mal durchgelesen, absolut nicht fassbar für mich. So ist es wohl, irgendwann bleibt man stehen und die Welt zieht weiter.
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