Der russische Computerhersteller Prombit hat die Entwicklung eines im Frühjahr angekündigten Laptops abgeschlossen und das Gerät kürzlich «im finalen Design» präsentiert.
Das Bluewin-Portal bezeichnet es als «PutinBook». Und tatsächlich soll das erste komplett in Russland entworfene Notebook wohl vor allem an staatliche Abnehmer gehen. Es ist für die meisten Russinnen und Russen mit einem Preis ab 100'000 Rubel (rund 1600 Franken) unerschwinglich. Und es wird lediglich in sehr kleiner Stückzahl produziert.
Kreml-nahe russische Medien feiern den Bitblaze Titan BM15 als «MacBook-Killer». Doch das Gerät basiert auf veralteter Technik und der verbaute Chip wird zur Mangelware und illustriert die gravierenden Probleme wegen der Sanktionen.
Spoiler: Fast alles. Wenn auch nicht so, wie es hiesige Notebook-Nutzerinnen und -Nutzer erwarten würden.
Überlassen wir zunächst das Wort der Russin Jana Brysch, kaufmännische Leiterin beim Computerkonzern Prombit.
Der offizielle Name: Bitblaze Titan BM15.
Dazu schrieb die Tech-Managerin:
Die Kommentare auf das begeisterte Posting folgten prompt. Von anderen russischsprachigen Nutzerinnen und Nutzern, die sich alles andere als euphorisch zeigten.
Ein User aus St.Petersburg kommentierte:
Dass das Gerät im Akkubetrieb höchstens fünf Stunden durchhält, wie von Jana Brysch angegeben, liess bei einigen die Alarmglocken läuten. Umso mehr, als dass die Batteriekapazität laut Hersteller «6000 mAh» betragen soll.
Die verbaute Technik erinnere eher an einen Apple-Rechner oder einen Windows-PC aus dem Jahr 2012, heisst es in einem kritischen Medienbericht aus Deutschland.
Problem Nr. 1: Der Chip aus der Baikal-M-Reihe basiert auf einem 10 Jahre alten Chipdesign. Der Baikal-M1 wurde bereits in russische Desktop-PCs und All-in-One-Computer verbaut, die 2021 lanciert wurden.
Problem Nr. 2: Der Chip wurde in Russland entworfen, aber beim taiwanischen Marktführer TSMC produziert, wo auch Apple seine Macbook-Chips fertigen lässt. Doch TSMC darf wegen der vom Westen erlassenen Sanktionen (nach der Invasion im Februar) Russland keinen Chip mehr liefern.
Bei Gamern dürfte die Grafikleistung für ungläubiges Kopfschütteln sorgen. Der verbaute Grafikchip (Mali T628) steckte schon im Samsung-Smartphone Galaxy S5 von 2014. Und das 15,6-Zoll-Display bietet nur «Full HD»-Auflösung.
Kreml-treue Blogger scheint dies nicht zu stören. Sie sprechen nichtsdestotrotz von einem «Macbook-Killer».
Dem russischen YouTuber Stas Wasiljew ist es offenbar schon Anfang Jahr gelungen, einen Prototyp in die Hände zu bekommen. Sein Video (vom Februar) trägt den Titel:
Russland versucht seit Jahren, sich aus der wirtschaftlichen und technischen Abhängigkeit vom Westen zu lösen.
Zum einen verfolgt das Putin-Regime dieses Ziel, um Sanktionen auszuweichen. Zum andern will man so wohl Infiltration und Spionage durch ausländische Geheimdienste vorbeugen.
Dies gilt insbesondere für Hardware und Software aus dem Land des Erzfeindes, von amerikanischen Herstellern wie Apple oder Microsoft.
Das Ziel: PCs und Server aus eigener Produktion. Zumindest die, die von Behörden und staatlichen Unternehmen genutzt werden. Und beim Betriebssystem und den Anwendungen (Apps) setzt man auf Open-Source, sprich: Linux.
Allerdings geht die Strategie des technischen Alleingangs nicht auf. Russland habe es nicht geschafft, eine moderne Chip-Produktion aufzubauen, hielt die NZZ im Juli fest. Und nun sorgten die Sanktionen für einen Notstand.
Tatsächlich hätten private Unternehmen mit Unterstützung der russischen Regierung während mindestens 20 Jahren versucht, eine moderne Produktion auf die Beine zu stellen. Doch diverse Rückschläge bewogen die russischen Chip-Entwickler dazu, sich nicht mehr um eine eigene Produktion zu bemühen, sondern auf die Dienstleistungen von ausländischen Zulieferern (wie TSMC) zu verlassen.
Der Traum von russischen Prozessoren dürfte vorbei sein, hält die NZZ fest. Zur Herstellung von Chips brauche es spezielle Maschinen, sogenannte fotolithografische Anlagen. Und die Hersteller dieser unentbehrlichen Maschinen seien in den Niederlanden und in Japan zu finden. Also in Ländern, die ebenfalls Sanktionen erlassen haben gegen Russland.
Der schon öfters bei leistungsfähiger Hardware asiatischer Apple-Konkurrenten verwendete Begriff stammt aus einem russischen Online-Medienbericht vom 12. August.
Tatsächlich unterscheidet sich das am 10. August präsentierte Vorserien-Modell von der ursprünglich angekündigten Maschine, die auf der Hersteller-Website zu sehen ist.
Das verwendete Betriebssystem wird auf der Produktseite nicht erwähnt. Der Laptop dürfte mit einer «Astra Linux»-Distribution laufen, die im vergangenen Jahr mit einem russischen Office-Anwendungspaket eingeführt wurde.
Sehr wahrscheinlich werden gut betuchte Russinnen und Russen aber lieber das Original kaufen. Trotz Sanktionen dürften Apple-Produkte weiterhin in Russland verfügbar sein. Ende Juni hat die Staatsduma gemäss NZZ-Bericht ein Gesetz verabschiedet, das den Import von Elektronik nach Russland auch ohne die Zustimmung des Herstellers legalisiere.
Das ist offen. Die «Verhandlungen» sind redaktionsintern noch am Laufen.😅 Zudem ist nicht sicher, ob der russische Hersteller ein Testgerät in die Schweiz liefern würde.
Sicher ist: Auf der russischen Vorbestellungs-Webseite kann man durch Angeben der eigenen Kontaktdaten (Name und E-Mail-Adresse) Interesse anmelden.
Laut Jana Byrsch besteht die Möglichkeit, eines der Vorserienmodelle zu erwerben – das sei allerdings teuer. «Oder warten Sie auf die Serie, die frühestens im November veröffentlicht wird, wir nehmen Vorbestellungen entgegen.»
(dsc)
Extra entwickelte Apps sind der Human Ressource Subtractor und der Inflation Counter.
Wenn man dieses klobige Teil mit aller Kraft auf ein Macbook schlägt, ist es gekillt.
Gut, ein Ziegelstein würde auch reichen und wäre viel billiger.