Die 50. Solothurner Filmtage sind Geschichte. Was bleibt, ist die Gewissheit, dass die Schweizer Filmszene über vielversprechenden Nachwuchs verfügt. Mit «Spartiates» und «Usfahrt Oerlike» durften sich zwei ungleiche Filme über Auszeichnungen freuen.
Die einen stehen noch am Anfang ihres Lebens, die anderen an dessen Ende. Im Dokfilm «Spartiates» von Nicolas Wadimoff versucht der Kampfsportler Yvan Sorel Jugendliche eines von Gewalt geprägten Quartiers in Marseille mit Härte, aber auch Liebe auf den richtigen Weg zu bringen.
Die «Prix de Soleure»-Jury – bestehend aus Regisseurin Dominique de Rivaz, Autorin Melinda Nadj Abonji und alt Bundesrat Moritz Leuenberger – dachte dem Genfer Wadimoff einstimmig den mit 60'000 Franken dotierten Preis zu. Sie zeigte sich beeindruckt von der «intensiven und subtilen Dramaturgie, die den Kampf im Boxring auch als denjenigen des täglichen Überlebens, ja als Metapher für alle zwischenmenschlichen Beziehungen erfahrbar macht».
Im Gegensatz zu Yvan Sorels Schützlingen ist Hans ein alter Mann, der sein Leben ausgekostet hat, und nun aus Angst vor dem Sterben seinem irdischen Dasein ein Ende setzen möchte. «Usfahrt Oerlike» (Regie Paul Riniker) mit Jörg Schneider und Mathias Gnädinger rührte das Publikum derart zu Tränen, dass es den Spielfilm zum «Prix du Public»-Gewinner wählte. Die Auszeichnung ist mit 20'000 Franken dotiert.
«Spartiates» kommt voraussichtlich im Mai in die Deutschschweizer Kinos, «Usfahrt Oerlike» ist bereits am Donnerstag angelaufen.
Auffallend stark präsentierte sich an den 50. Filmtagen der Nachwuchs. In der «Prix de Soleure»-Kategorie zeigte Maurizius Staerkle-Drux mit seinem Langfilmdebüt «Die Böhms – Architektur einer Familie» ein beeindruckendes Porträt der Familie um Pritzker-Preisträger Gottfried Böhm. «Driften» von Karim Patwa überzeugte als rasantes Drama mit starken Darstellern.
Wie präsent junge Filmschaffende dieser Tage sind, widerspiegelte sich in den Nominationen für den Schweizer Filmpreis, die am Mittwoch in Solothurn bekannt gegeben wurden. Mit fünf Nominationen gehört «Chrieg» von Simon Jaquemet zu den Quartz-Favoriten. Für den «Prix du Public» reichte es dem Spielfilmdebüt allerdings nicht.
Bundesrat Alain Berset und Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bezeichneten in ihren Ansprachen anlässlich des Jubiläums die Filmtage als Seismographen der Schweizer Befindlichkeit, als jeweiliges Abbild unserer Gesellschaft. Ein wichtiger Verdienst der Filmtage seien die Debatten, welche die Filme auslösten, sagte Sommaruga am Jubiläumsfest am Samstag.
Debatten wurden an den Filmtagen vor allem neben der Kinoleinwand geführt. An einem Podium mit dem Titel «Kein Platz für die Jungen? Generationenwechsel im Schweizer Film» diskutierten Jungfilmer Mirko Bischofberger und der renommierte Regisseur Rolf Lyssy («Die Schweizermacher») über Filmförderung und das Gegen- und Miteinander mehrerer Generationen Filmschaffender.
Auch Direktorin Seraina Rohrer bleiben die Begegnungen zwischen gestandenen und jungen Filmemachern in bester Erinnerung, wie sie der Nachrichtenagentur sda sagte.
Rohrer freute sich am Abschlussabend am Donnerstag über einen leichten Anstieg der Besucherzahlen, 67'000 Zuschauer besuchten die 50. Filmtage. Allerdings muss die Direktorin einen herben Rückschlag in Kauf nehmen: Die Schweizerische Post als Hauptsponsorin kündigte nach elf Jahren ihren Rückzug an.
Trotz guter Auslastung, starken Filmen und einem erfolgreichen Jubiläumsprogramm – Festlaune wollte nicht so recht aufkommen. Zu hart hatte das letzte Jahr die Schweizer Filmbranche getroffen, einerseits mit schlechten Kinozahlen vieler Schweizer Filme, andererseits mit dem Ausschluss vom Media-Abkommen nach der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative.
Die 51. Solothurner Filmtage finden vom 21. bis am 28. Januar 2016 statt. (sda)