Der Anblick im Haus auf der Murray Street in Cairns war so entsetzlich, dass die Schreie der Polizisten bis auf die Strasse zu hören waren, wie Anwohner berichten. Die Beamten fanden acht Kinder, erstochen und erstickt - das älteste gerade 15-jährig, das jüngste 18 Monate alt. Sieben waren Geschwister, das achte Kind mit der Familie verwandt. Die Mutter wurde mit Stichwunden in Hals und Oberkörper verletzt geborgen.
Was hat sich in dem Haus in Cairns an der australischen Nordostküste am Freitag zugetragen? Nachbarschaft und Polizei rätseln.
Die Mutter soll am Vorabend wirres Zeug geredet haben, berichtete ein 13-jähriges Mädchen der Nachrichtenagentur AAP. «Sie redete von Gott und so», sagte das Mädchen, das eine der Töchter nach einem Shopping-Ausflug nach Hause begleitet hatte. Die Frau habe sich als Krieger bezeichnet - Gott habe sie so mächtig gemacht, sie könne tun, was sie wolle.
Steht die Frau im Verdacht, ihre eigenen Kinder ermordet zu haben? Es gab solche Fälle - Andrea Yates etwa, die in Texas 2001 ihre fünf kleinen Kinder ertränkte. Sie hatte eine Wochenbett-Psychose und religiöse Wahnvorstellungen. Die Polizei in Cairns sagt zunächst nichts, sie benennt keine Verdächtigen, es gibt auch noch keine Anklage. Die Ermittler machen aber deutlich, dass sie nicht etwa nach einem herumstreunenden Massenmörder suchen, sondern von einer Familientragödie ausgehen.
Am Morgen war auf der Murray Street noch alles in Ordnung. Nichts unterscheidet sich dort von Siedlungen in unzähligen anderen australischen Vororten: breite Fahrbahn, Einfamilienhäuser mit Gärten zu beiden Seiten. Es ist keine reiche Gegend, ein paar Häuser sind ziemlich heruntergekommen. In dem Haus mit der Satellitenantenne auf dem weissen Dach lebt eine Frau, 34 Jahre alt, mit ihren sieben Kindern und ihrem Freund. Im Garten flattert frisch gewaschene Bettwäsche auf einem Ständer.
Eine Nachbarin sagt der Lokalzeitung «Cairns Post» später, sie habe um 10.00 Uhr Schreie aus dem Haus gehört. So ungewöhnlich war das wohl nicht - diese Frau hat die Polizei jedenfalls nicht alarmiert.
Lisa Thaiday, eine Cousine der 34-Jährigen, sagt Reportern später, ein älterer Sohn der Frau - 20 Jahre alt - habe die toten Kinder entdeckt. 20 Jahre alt, seine Mutter 34? Ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Die Familie stammt nach Angaben Thaidays wie viele hier von den zu Australien gehörenden Torres-Straits-Inseln nördlich von Queensland, dort sind junge Eltern und grosse Familien keine Seltenheit.
Isabel Carpenter lebt auch hier, sie ist in Tränen aufgelöst: «Kaum vorzustellen, ich habe selbst sieben Kinder», sagt sie im Fernsehen. Hier leben viele Kinder, sie sitzen an diesem sonnigen Tag auf den Trottoirs und schauen dem Kommen und Gehen der Polizei zu. Wie ihre Eltern. Nachbarn stehen unter Schock in Grüppchen auf der Strasse zusammen. Einige haben Campingstühle herausgeholt und sitzen auf dem Grünstreifen vor den Häusern.
The events in Cairns today are heartbreaking & all parents would feel a gut-wrenching sadness at what has happened.
— Tony Abbott (@TonyAbbottMHR) 19. Dezember 2014
Ngatu Tenu ist mit der Mutter befreundet, wie sie im Fernsehen berichtet. «Entsetzlich, wir kennen uns alle hier, das trifft uns alle wie ein Schlag.» Colette Pettersen organisiert für den Abend eine Mahnwache im Munroe-Martin-Park und startet eine Facebook-Seite: «In Erinnerung an die Kleinen, die wir verloren haben», schreibt sie. (whr/sda/dpa)