Der Vergleich brachte Verteidigungsminister Ueli Maurer in Rage: Mit nur 15 Eurofightern bewacht unser östliches Nachbarland Österreich seinen Luftraum, der doppelt so gross ist wie jener der Schweiz. Ein TV-Bericht suggerierte, dass die Schweiz mit dem Kauf von 22 schwedischen Gripen-Jets eine Luxusluftwaffe anstrebt, die im internationalen Vergleich angesichts der bereits vorhandenen 32 amerikanischen F/A-18 viel zu gross sei.
Recherchen der «Nordwestschweiz» zeigen nun, dass die Verärgerung von Ueli Maurer zumindest teilweise berechtigt ist. Der Vergleich mit Österreich hinkt tatsächlich. Die Eurofighter, die unsere Nachbarn 2007 für 1,5 Milliarden Euro gekauft haben, sind technisch nicht auf dem neusten Stand. Sie entsprechen damit nicht den Anforderungen, welche die Schweizer Luftwaffe an ihre eigenen Flugzeuge stellt, die rund um die Uhr einsetzbar sein müssen.
Um Geld zu sparen, hat die damalige Regierung in Wien auf den Kauf der technisch aufgerüsteten zweiten Tranche verzichtet und stattdessen Flugzeuge der ersten Tranche bestellt. Zusätzlich verzichteten die Österreicher aus Kostengründen auf den Einbau der Systeme Praetorian, ein Selbstschutzprogramm, das Störsender, Radar und Laserwarnungen enthält, sowie auf die Infrarotsensoren Pirate.
Folge davon ist, dass die österreichischen Eurofighter in der Nacht nur auf Sichtdistanz etwas sehen, wie das Verteidigungsministerium in Wien auf Anfrage bestätigt. Flugobjekte, die mehrere Kilometer entfernt sind, können nicht identifiziert werden.
Diese beschränkten Nachtkapazitäten sind wohl der Grund, warum die österreichische Armee nur bei Tageslicht Luftpolizeieinsätze fliegt. «In der Nacht sind die Flugzeuge am Boden», sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Offiziell begründet wird der Verzicht zwar mit der geringen Anzahl ziviler Flugbewegungen in der Nacht. Doch für Militärexperten ist der Fall klar: Österreichs Kampfjets können nicht eingesetzt werden, weil sie fast blind sind.
Die Mängel der österreichischen Luftwaffe sind sogar dem Rechnungshof in Wien aufgefallen. In einem Bericht vom März 2013 heisst es: «Im Fähigkeitenkatalog für die Luftraumüberwachung und -sicherung vom April 2011 wurde weiterhin eine Nachtsichtfähigkeit der Einsatzmittel gefordert. Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport hatte den Bedarf an entsprechender Einsatzausrüstung noch nicht konkretisiert.»
Weiter bemängelt der Rechnungshof, dass die Piloten der Luftwaffe viel zu wenig Flugstunden auf dem Eurofighter absolvieren können. «Die für die durchgängig volle Einsatzbefähigung vorgesehenen 110 Flugstunden jährlich hatte in den Jahren 2010 und 2011 kein Pilot erreicht. Die durchschnittliche Flugstundenleistung je Pilot betrug im Jahr 2010 74 Stunden und ging im folgenden Jahr auf 70 Stunden zurück.»
Die mangelhafte Ausrüstung der Eurofighter hat Auswirkungen auf das Weltwirtschaftsforum in Davos. Da sich der Bündner Ort nahe an der Grenze befindet, muss auch der österreichische Luftraum gesichert werden. Schweizer Jets haben aber keine Erlaubnis, ennet der Grenze einzugreifen. Die Schweiz als Organisatorin des WEF ist deshalb auf die österreichische Luftwaffe angewiesen. Tagsüber funktioniert diese Zusammenarbeit tadellos. Doch in der Nacht sind die österreichischen Flugzeuge «nur im Notfall» in der Luft, wie das Ministerium in Wien bestätigt. Die Sicherheit sei aber jederzeit gewährleistet, weil mit Radaranlagen der Luftraum permanent überwacht werde und damit die Schweizer sofort alarmiert werden könnten.
Ueli Maurer vergleicht die Schweiz deshalb lieber mit Holland, das über 60 moderne Jets besitzt. Allein: Auch dieser Vergleich greift zu kurz. Im Unterschied zur Schweiz, die sich auf den Schutz ihres Luftraums beschränkt, beteiligt sich Holland aktiv an NATO-Operationen und stellt Teile seiner Luftwaffe in den Dienst des westlichen Militärbündnisses.