Viele Motorräder in der Schweiz sind auf der Strasse lauter, als das Gesetz erlaubt. Im Prüfstand oder unter den reglementskonform-standardisierten Messbedingungen kommen sie dank findiger Tricks der Motorradbranche aber nicht über die erlaubten Höchstwerte hinaus. Der Nationalrat hat diese Woche dennoch beschlossen, dass diese Töffs nicht nach neuen EU-Vorgaben betreffend Lärm-Emissionen nachgerüstet werden müssen.
Eine Parlamentarier-Gruppe um den Obwaldner CSP-Nationalrat Karl Vogler wollte diese Regelung durchboxen und verwies dabei auf einen Lärmtest der Kantonspolizei Zürich aus dem Jahr 2012. Diese habe laut dem Bericht des Bundesamtes für Strassen (Astra) «fünf auf der Strasse als teilweise besonders laut aufgefallene» Motorradmodelle in einer Vorbeifahrmessung zwischen doppelt und 24 mal zu laute Lärmwerte ergaben. Erlaubt wären 80 Dezibel (dB).
Um welche Modelle es sich dabei gehandelt hatte, war bisher nicht bekannt. Auf Anfrage von watson hat das Astra die Namen der Lärmtöffs, die vergangenes Jahr auch noch einmal vom Astra getestet worden sind, genannt. Die Modelle sind in der Originalausführung typengeprüft und entsprechen den Vorschriften auch über das Jahr 2016 oder 2020 hinaus.
Für die Interpretation der angegebenen Dezibelwerte ist wichtig zu wissen, dass die dB-Skala eine logarithmische Funktion der effektiven Schalleistung ist. Ein um 3 Punkte höherer dB-Wert bedeutet also bereits eine Verdoppelung der Schallleistung.
Die Ducati 1199 Panigale erreichte in der Vorbeifahrmessung einen Dezibelwert von 93,8 dB. Das ist vier Mal lauter als die 80 dB, die der Töff bei der reglementskonformen Schallmessung im Prüfstand erreicht. Im offiziellen Testverfahren blieb die Ducati mit 79,1 dB unter dem Grenzwert.
Die MV Agusta F3 675 erreichte in der Vorbeifahrmessung der Kantonspolizei Zürich einen Dezibelwert von 91,4 dB. Die Dezibel-Skala ist eine algorithmische Funktion der effektiven Schalleistung. Das heisst, dass eine Erhöhung des Schallpegels um 3 dB bereits eine Verdoppelung der Schallleistung bedeutet.
Die BMW K1300S erreichte auf der Strasse 88,3 dB. Das ist eine mehr als dreimal so hohe Schallleistung, wie die 80 dB. Unter den offiziellen Messbedingungen erreichte die BMW nur 78 dB.
Die Ducati Diavel massen die Zürcher Kantonspolizisten bei der Vorbeifahrt mit 86,8 dB. Dies ist eine etwa dreimal so hohe Schallleistung, wie die Maschine im offiziellen Messzyklus erreicht. Dort blieb sie mit 79,9 dB knapp unter dem Grenzwert.
Die BMW R1200R gehört ebenfalls zu den lautesten Töffs, die auf den Strassen unterwegs sind. In der Vorbeifahrmessung erreichte die Maschine einen Wert von 83,5 dB. Das ist etwa doppelt so laut, wie die Schallleistung bei 80 dB.