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Obama will eine neue Seite aufschlagen: «Die Schatten der Krise sind hinter uns»

Bei der alljährlichen Rede zur Lage der Nation wendet sich der US-Präsident an den Kongress in Washington - sowie Millionen TV-Zuschauer.
Bei der alljährlichen Rede zur Lage der Nation wendet sich der US-Präsident an den Kongress in Washington - sowie Millionen TV-Zuschauer.Bild: GETTY IMAGES NORTH AMERICA
USA - State of the Union

Obama will eine neue Seite aufschlagen: «Die Schatten der Krise sind hinter uns»

21.01.2015, 04:1021.01.2015, 06:25
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US-Präsident Barack Obama hat in seiner Rede zur Lage der Nation einen Neuanfang Amerikas beschworen. «Die Schatten der Krise sind hinter uns», sagte er vor beiden Kongresskammern. Die Zeiten der Krise, des schleppenden Wachstums und der Kriege im Irak und in Afghanistan seien vorbei.

«Heute Nacht schlagen wir eine neue Seite auf», sagte Obama am Dienstagabend unter rauschenden Beifall. Die Arbeitslosigkeit sinke so schnell wie seit 1999 nicht mehr. Zum ersten Mal seit fast 30 Jahren sei das Land nicht mehr abhängig von ausländischem Öl. Und nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York und Washington sei nunmehr der US-Kampfeinsatz in Afghanistan beendet.

«Amerika ist heute bei Öl und Gas Nummer eins.»

Obama forderte vom Kongress freie Hand für «starke neue» Handelsabkommen mit Europa und Asien. 95 Prozent der Konsumenten lebten ausserhalb der US-Grenzen und man dürfe diese Märkte nicht Anderen überlassen. «China will die Regeln für die am schnellsten wachsende Region schreiben», sagte Obama. «Warum sollten wir das zulassen? Wir sollten diese Regeln schreiben.»

Vizepräsident Joe Biden (stehen) applaudiert, der Anführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, verzieht keine Miene.
Vizepräsident Joe Biden (stehen) applaudiert, der Anführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, verzieht keine Miene.Bild: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Während für Freihandelsabkommen eine Einigung zwischen Obamas Demokraten und den oppositionellen Republikanern denkbar ist, stehen die Zeichen bei vielen anderen Vorhaben auf Konfrontation. 

Vetowarnung an Kongress

Obama verlangte, seine sozialen Verbesserungen wie Gesundheitsreform und Schutz für illegale Einwanderer dürften nicht angetastet werden. Falls die Republikaner dies mit ihrer Mehrheit in beiden Parlamentskammern versuchen sollten, werde er dies notfalls per Veto stoppen. 

Auch die strengeren Regeln für die Wall Street dürften nicht aufgeweicht werden. «Wenn ein Gesetz meinen Schreibtisch erreicht, das eines dieser Dinge versucht, wird es mein Veto ernten.» 

Die Republikaner, die seit Anfang Jahr nicht nur das Repräsentantenhaus kontrollieren, sondern auch den Senat, drohten dem Präsidenten sogleich mit einer Blockade der Gesundheitsreform. Die Partei arbeite bereits daran, sein Reformwerk namens «Obamacare» aufzuheben und zu ersetzen, sagte die erzkonservative Senatorin Joni Ernst in ihrer Gegenrede.

Die Gegenrede wird traditionell direkt im Anschluss an die Ansprache des Präsidenten ausgestrahlt. Zugleich zeigte sich Ernst versöhnlich: «Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, ist es wichtig, andere Meinungen in diesem grossartigen Land zu hören.»

Für ein Ende des Embargos gegen Kuba

Unter dem Titel «Stärkung der Mittelschicht» strebt Obama zudem für seine beiden letzten Amtsjahre Steuererhöhungen für die Reichen an zugunsten von Programmen für Geringerverdienende.

Nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Kuba forderte Obama auch ein Ende des seit mehr als 50 Jahren bestehenden Embargos gegen den Inselstaat. «Dieses Jahr sollte der Kongress mit der Arbeit beginnen, das Embargo zu beenden», sagte Obama. «Unser Wechsel in der Kuba-Politik hat das Potenzial, ein Vermächtnis des Misstrauens in unserer Hemisphäre zu beenden, er beseitigt eine faule Entschuldigung für Einschränkungen in Kuba.»

Im Gedenken an die Opfer des Anschlags auf das Satire-Magazin «Charlie Hebdo» erhoben Abgeordnete Bleistifte, als Obama über das Recht auf freie Meinungsäusserung sprach.  
Im Gedenken an die Opfer des Anschlags auf das Satire-Magazin «Charlie Hebdo» erhoben Abgeordnete Bleistifte, als Obama über das Recht auf freie Meinungsäusserung sprach. Bild: POOL/REUTERS

Auch alleine gegen Terrornetzwerke

Die Aussenpolitik nahm in der Rede einen vergleichsweise kleinen Raum ein. Die USA hielten an ihrem globalen Führungsanspruch fest, sagte Obama. Die Frage sei nicht, ob Amerika führe, sondern wie. Dabei müsse militärische Macht mit starker Diplomatie verbunden werden. 

Sein Land nehme sich weiter das Recht heraus, auch im Alleingang gegen Terrornetzwerke vorzugehen, die eine direkte Bedrohung für die USA oder Alliierte seien. Aber die Möglichkeiten, internationale Koalitionen zu bilden, müssten genutzt werden. 

Obama hob den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat hervor. «Diese Anstrengungen werden Zeit brauchen. Das wird Zielstrebigkeit erfordern. Aber wir werden erfolgreich sein.» 

Verbesserte Umfragewerte

 Die USA würden Cyberangriffe genauso bekämpfen wie Terrorismus. «Keine fremde Nation, kein Hacker, sollte in der Lage sein, unsere Netzwerke stillzulegen», sagte er. «Wenn wir nicht handeln, machen wir unsere Nation und unsere Wirtschaft verwundbar.» Obama rief den Kongress auf, endlich entsprechende Gesetz zu verabschieden.

Das umstrittene Gefangenenlager Guantánamo müsse geschlossen werden, sagte Obama erneut. Seit seinem Amtsantritt habe er die Zahl der Inhaftierten halbiert. «Jetzt ist es Zeit, die Sache zu Ende zu bringen.»

Obama fühlt sich auch durch verbesserte Umfragewerte gestärkt. In einer jüngsten Erhebung von ABC und »Washington Post" bescheinigen ihm erstmals wieder 50 Prozent der Befragten, er mache einen guten Job. (trs/sda/dpa/afp)

Hier finden Sie einen Rückblick auf Obamas frühere State of the Union-Reden 

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