Mitch McConnell gilt als schroff und spröde. In dieser Nacht aber dreht er den Charme auf. «Wir haben die Pflicht, zusammenzuarbeiten», säuselt der Republikaner an die Adresse der unterlegenen Demokraten. «Es gibt so viel, was wir für Amerika tun können und müssen.»
Er hat gut reden. Der Senator steht vor der Erfüllung eines Traums: Mit dem Durchmarsch seiner Partei bei den US-Kongresswahlen ist er bald nicht mehr Minderheitsführer, sondern Mehrheitsführer. Mindestens sieben Sitze gewannen die Republikaner im Senat dazu – genug, um die Demokraten endgültig zu entmachten. Beide Kammern in konservativer Hand: McConnells Traum ist US-Präsident Barack Obamas Alptraum.
Wie geht es jetzt weiter in Washington? Die wichtigsten Antworten:
George Washington, Amerikas erster Präsident, würde schaudern: Die USA sind für die nächsten zwei Jahre mal wieder quasi unregierbar. Im Weissen Haus herrscht (noch) Obama, im Kongress herrschen jetzt die Republikaner. Im Repräsentantenhaus bauten sie ihre Mehrheit aus, den Senat kippten sie auch – mit Kandidaten wie Joni Ernst in Iowa, die ihre Wahlspots im Schweinestall filmte.
Das Problem: Keine Seite kann ohne die andere. Deshalb kommt es darauf an, wie die Republikaner ihre Macht nutzen – zum Stillstand oder als Chance. Der einzige Machthebel, der den Demokraten im Kongress bleibt, ist der kontroverse «Filibuster»: das Kaputtreden von Initiativen durch Endlos-Schwafelei im Senatsplenum.
Dies war ein Referendum gegen Washington – und Obama. Dabei haben sich die meisten Wirtschaftsindikatoren unter ihm dramatisch verbessert, allen voran die Arbeitslosenquote. Doch diese Erfolge erstickten im Stillstand der Hauptstadt und den unvorhergesehenen Krisen anderswo auf der Welt. Dem Präsidenten sind nun für den Rest seiner Amtszeit die Hände gebunden – ein Schicksal, das auch seinen Vorgänger George W. Bush in dessen letzten zwei Jahren ereilte.
Lame duck heisst das, lahme Ente: Frustriert und irrelevant geworden, kann Obama allenfalls per «executive action» am Kongress vorbeiregieren. Was er auch schon angedroht hat, bei Reizthemen wie Einwanderung, Klimakrise und gleichgeschlechtlicher Ehe. Auf der Strecke bleiben die grossen Würfe für die Geschichtsbücher.
Mit Kosten von rund 3,7 Milliarden Dollar waren dies die teuersten Kongresswahlen aller Zeiten – und ein politisches Armutszeugnis. Denn dieser Wahlkampf drehte sich nicht um Sachthemen, sondern um reine Angstmache – vor der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS), vor der Ebola-Seuche, vor illegalen Einwanderern. Wie schon nach den 9/11-Anschlägen verstanden die Republikaner dieses abgebrüht-kalkulierte Spiel viel besser als die ewig mit sich hadernden Demokraten.
Und wie damals entpuppten sich die Wähler angesichts immer lachhafterer, plumperer TV-Spots als ziemlich leichtgläubig und manipulierbar. Hinzu kamen die inzwischen fast üblichen Probleme: defekte Computer, lange Wartezeiten, ausgesperrte Wähler. Einziger Trost für die Demokraten: 2016 werden die Karten neu gemischt.
«Dies ist ein gutes Zeichen für 2016», freut sich der konservative Kommentator Charles Krauthammer im ebenso konservativen TV-Kabelsender Fox News. In der Tat zeigen sich die lange zerstrittenen Republikaner nicht nur wieder weitgehend geeint – sie eroberten obendrein Swing States wie Florida und Colorado, die 2012 noch an Obama gegangen waren.
Doch auch die Demokraten haben 2016 im Visier: Während der unpopuläre Obama sich im Wahlkampf betont zurückhielt, spielte Hillary Clinton in 18 Staaten Wahlhelferin – und erntete oft mehr Jubel als die eigentlichen Kandidaten. Dabei testete die frühere Aussenministerin, First Lady und Obama-Rivalin auch schon einen ersten Wahlslogan : «Friede, Fortschritt, Wohlstand. »