Die Tage sind gezählt. Haben die Studenten jetzt nicht alle Scheine, Seminararbeiten und die Lizentiatsarbeit zusammen, waren all die Jahre Studium umsonst: Die letzten Studenten, die noch im alten Studiensystem studieren, haben ab nächstem Montag eine Woche Zeit, um sich für die Prüfungen an der Universität Zürich voranzumelden. Dann ist das Lizentiat endgültig Geschichte.
Es sind nicht wenige, die in diesen Tagen zum wiederholten Male fieberhaft ihre Bestätigungen und Zulassungsreglemente durchgehen und an den letzten Sätzen ihrer Liz-Arbeit feilen: «Derzeit sind noch rund 800 Personen im Lizentitatsstudium», sagt Bettina Jakob, Mediensprecherin der Universität Zürich.
Sie sind die «Lizlümmel», eine aussterbende Gattung des alten Systems, das 2006 vom Bologna-System mit Bachelor und Master abgelöst wurde.
Einer der prominentesten Liz-Zitterkandidaten ist Nationalrat Cédric Wermuth. Er bastelte gerade an den letzten Tabellen seiner Abschlussarbeit zum Thema «Urban Governance», als watson anrief. Der SP-Nationalrat ist guten Mutes: «Der Druck ist da, die Zeit ist knapp, aber es sollte hinhauen. Ich habe alle Leistungsnachweise erbracht und werde meine Liz-Arbeit pünktlich zum 27. Oktober abgeben können», sagt er.
Wermuth hat seinen Brötchenjob unterbrochen, um Zeit für seinen Studienabschluss zu haben. «Für mich war es klar, dass ich dieses Studium jetzt abschliessen will. Sonst hätte ich Punkte im Bachelor nachholen und einen grossen Teil des Masters wiederholen müssen», sagt er.
Bei Balthasar Glättli dürfte es knapp werden. Schon im Frühling erklärte er, dass er sich nicht sicher sei, ob er seine Ämter mit den zeitlichen Erfordernissen des Studiums unter einen Hut bringen würde. Gegenüber watson wollte Glättli keine Stellung nehmen. Er sei in den Ferien, lässt er per SMS ausrichten. Hat er sich zurückgezogen, um seine Liz-Arbeit fertig zu schreiben? Oder hat der Grüne Nationalrat schon aufgegeben? Diese Fragen beantwortete Glättli seit Mittwoch nicht.
Glättli studiert Philosophie, Linguistik und Neuere deutsche Literatur. Daneben jongliert er eine eigene Firma, das Nationalratsmandat und die Zusatzbelastung als Fraktionspräsident. Sollte er sein Lizentiatsstudium jetzt nicht abschliessen, würde Glättli in ein Bachelorstudium zurückfallen.