Im griechischen Schuldendrama lässt Athen die europäischen Geldgeber weiter im Unklaren. Der für Mittwoch angekündigte Antrag auf eine Verlängerung von Hilfen verschiebt sich auf heute Donnerstag. Offen bleibt zudem, ob Griechenland nun bereit ist, die Auflagen der Geldgeber zu akzeptieren.
«Der Antrag wird morgen gestellt», sagte der Chef der kleinen Oppositionspartei «To Potami», Stavros Theodorakis, am Mittwoch im Staatsfernsehen. Zuvor hatte er ein Treffen mit dem linken Regierungschef Alexis Tsipras.
Dessen Regierungssprecher Gavriil Sakellarides hatte noch am Morgen im griechischen Fernsehen gesagt: «Wir werden heute den Brief schicken.» In griechischen Regierungskreisen hiess es, das Sparprogramm gelte nicht. Was das genau bedeute, wollten die Quellen in Athen allerdings nicht erläutern.
Die Zeit wird knapp: Am 28. Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer aus. Die EU-Kommission äusserte sich beunruhigt über die Lage Griechenlands.
«Wir sehen, dass die finanzielle und wirtschaftliche Situation nicht besser wird, im Gegenteil, wir sehen besorgniserregende Tendenzen», sagte der für den Euro zuständige EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis in Brüssel. Die Richtung sei «nicht positiv».
Dombrovskis sagte Athen zu, eine Erweiterung des laufenden Programms sei ebenso möglich wie eine gewisse Flexibilisierung. Allerdings betonte er auch, dass Griechenland zu seinen Zusagen stehen müsse.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritisierte die internationale Gläubiger-Troika am Mittwoch ungewöhnlich deutlich. «Man hat wirklich gegen die Würde der Völker verstossen, gerade in Griechenland», sagte er vor dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, der ein Beratungsgremium der EU ist.
«Es hat Fehler gegeben, klar.» Da er zu der Zeit Chef der Eurogruppe gewesen sei, müsse er sehr selbstkritisch sein. Der Luxemburger deutete zudem an, für seine Behörde mehr Mitspracherechte einzufordern.
«Es müssen Gespräche auf Augenhöhe geführt werden. Minister reden mit Ministern und nicht mit hohen Beamten, sondern dann vielleicht mit EU-Kommissaren.» Zu den aktuellen Verhandlungen mit Griechenland wollte sich Juncker nicht äussern.
Nach Informationen der griechischen Finanzpresse sind vor allem säumige Steuerzahler dafür verantwortlich, dass die Staatskasse des hoch verschuldeten Landes ausblutet.
Wie die konservative Zeitung «Kathimerini» berichtet, soll Athen nur noch Geld bis spätestens Anfang März haben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die Steuereinnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück. Allein im Januar summierten sich die Ausfälle auf 1 Mrd. Euro, hiess es.
Am Vortag hatte die Notenbank (Bank of Greece) mitgeteilt, die Regierung habe im Januar ein Defizit von 217 Mio. Euro verbucht, nach einem Überschuss von 603 Mio. Euro ein Jahr zuvor. Zehntausende Bürger hätten ihre Steuern nicht gezahlt. Viele hätten auf Steuererleichterungen nach dem Sieg der Linkspartei Syriza gehofft, schreiben übereinstimmend griechische Wirtschaftsblätter.
Die USA riefen Griechenland dringend zu einer Einigung mit den anderen Euroländern im Schuldenstreit auf. US-Finanzminister Jacob Lew ermahnte seinen griechischen Kollegen Giannis Varoufakis in einem Telefonat am Mittwoch, «in Partnerschaft mit Europa und dem Internationalen Währungsfonds» einen «konstruktiven Weg» zu finden, um auf der «existierenden Grundlage» Wachstum und Reformen voranzubringen.
Nach Angaben des US-Finanzministeriums warnte Lew in dem Gespräch, dass Griechenland ohne eine Einigung «sofort» in eine wirtschaftliche Notlage abzurutschen drohe. Die «Unsicherheit» über die Zukunft des hochverschuldeten Landes sei nicht gut für Europa. «Die Zeit drängt», erklärte Lew.
Das derzeitige Hilfsprogramm für Griechenland läuft Ende Februar aus, ohne neue Unterstützung stünde Athen vor dem Bankrott. Streitpunkt in den Verhandlungen mit den Geldgebern sind vor allem die mit neuem Geld verbundenen Auflagen. Das in Athen regierende Linksbündnis Syriza hatte seinen Wählern versprochen, die mit der EU und dem IWF vereinbarten harten Sparmassnahmen zu beenden.
Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte den Geldhahn für griechische Banken vorerst offen lassen. Wie am Mittwochabend aus Notenbankkreisen verlautete, hat die EZB den Rahmen für Notkredite («Emergency Liquidity Assistance»/ELA) für griechische Banken erneut erhöht - von 65 auf 68.3 Milliarden Euro. Das aktuelle ELA-Hilfsprogramm laufe über zwei Wochen.
Hintergrund ist die angespannte Lage der griechischen Banken, die zunehmend unter Mittelabflüssen in Milliardenhöhe leiden, weil Bürger und Unternehmen wegen der ungewissen Zukunft ihre Konten leerräumen. (feb/sda/dpa)